Die Heimlichkeit einer in Grundrechte eingreifenden staatlichen Ermittlungsmaßnahme führt zur Erhöhung des Gewichts der gesetzgeberischen Freiheitsbeeinträchtigung (vgl. BVerfGE 107, 299 <321>; 115, 166 <194>; 115, 320 <353>). Dem Betroffenen wird durch die Heimlichkeit des Eingriffs vorheriger Rechtsschutz faktisch
verwehrt und nachträglicher Rechtsschutz kann zumindest erschwert werden (vgl.
BVerfGE 113, 348 <383 f.>; BVerfG, NJW 2007, S. 2464 <2470 f.>). Er kann also
nicht selbst darauf hinwirken, die Eingriffsintensität durch erfolgreichen Rechtsschutz
zu verringern, etwa für die Zukunft zu beseitigen. Die Heimlichkeit staatlicher Informationseingriffe betrifft darüber hinaus die Gesellschaft insgesamt (vgl. BVerfGE 93,
181 <188>; 100, 313 <381>; 107, 299 <328>; 109, 279 <354 f.>).
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Die Intensität des Eingriffs für den Grundrechtsträger wird davon beeinflusst, welche über die Informationserhebung hinausgehenden Nachteile ihm aufgrund der
Maßnahme drohen oder von ihm nicht ohne Grund befürchtet werden (vgl. BVerfGE
100, 313 <376>; 113, 348 <382>; 115, 320 <347 f.>; BVerfG, NJW 2007, S. 2464
<2469>). Die Schwere des Eingriffs nimmt mit der Möglichkeit der Nutzung der Daten
für Folgeeingriffe in Grundrechte der Betroffenen zu sowie mit der Möglichkeit der
Verknüpfung mit anderen Daten, die wiederum andere Folgemaßnahmen auslösen
können.
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b) Die vorliegend zu beurteilende automatisierte Kennzeichenerfassung kann insbesondere je nach Verwendungskontext zu Grundrechtsbeschränkungen von unterschiedlichem Gewicht führen.
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aa) Dient die Kennzeichenerfassung allein dem Zweck, gestohlene Fahrzeuge ausfindig zu machen und deren Fahrer - die mutmaßlichen Diebe - zu „stellen“, insbesondere auch um Anschlusstaten zu verhindern, oder die Weiterfahrt von Fahrzeugen ohne ausreichenden Versicherungsschutz auszuschließen, weist die
Informationserhebung für den konkret Betroffenen eine vergleichsweise geringe Persönlichkeitsrelevanz auf. Zwar erlangt der Eingriff auch in diesen Fällen dadurch ein
gewisses Gewicht, dass er die Wahrscheinlichkeit für anschließende Eingriffe anderer Art erhöht, wie etwa das Anhalten des Fahrzeugs, eine nachfolgende Identitätsfeststellung, gegebenenfalls auch eine Durchsuchung des Fahrzeugs oder eine Ingewahrsamnahme des Fahrers oder der Fahrzeuginsassen. Sollen jedoch durch die
Informationserhebung selbst weder weitere Schlüsse über das Verhalten des Betroffenen gezogen noch die gewonnenen Informationen gesammelt oder mit weiteren Informationen verknüpft werden, ist der Informationseingriff für sich genommen nicht
besonders intensiv.
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Für das Gewicht ist auch von Bedeutung, dass die Erfassung „auf öffentlichen Straßen und Plätzen“ (§ 14 Abs. 5 Satz 1 HSOG) oder „im öffentlichen Verkehrsraum“
(§ 184 Abs. 5 Satz 1 LVwG) stattfindet. Sowohl das Kennzeichen als auch das erfasste Bewegungsverhalten sind daher für jedermann ohne weiteres erkennbar. Das
Kennzeichen dient seiner Zweckbestimmung nach gerade der Identifizierung. Der öffentliche Charakter des durch die automatisierte Kennzeichenerfassung erfassten
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