IV.
Der Senat hat die Verfassungsbeschwerdeverfahren zur gemeinsamen Entscheidung verbunden. In der mündlichen Verhandlung am 20. November 2007 haben Stellung genommen: die Beschwerdeführer, der Landtag und die Landesregierung von
Schleswig-Holstein, die hessische Landesregierung, das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein und der hessische Datenschutzbeauftragte.
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B.
Die Verfassungsbeschwerden sind zulässig. Die Beschwerdeführer sind durch die
angegriffenen Vorschriften unmittelbar, selbst und gegenwärtig in ihren Grundrechten betroffen.
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I.
Eine Verfassungsbeschwerde kann sich ausnahmsweise unmittelbar gegen ein
vollziehungsbedürftiges Gesetz richten, wenn der Beschwerdeführer den Rechtsweg
nicht beschreiten kann, weil er keine Kenntnis von der Maßnahme erlangt (vgl.
BVerfGE 30, 1 <16 f.>; 67, 157 <169 f.>; 100, 313 <354>; 109, 279 <306 f.>; 113,
348 <362 f.>). Gleiches gilt, soweit eine nachträgliche Bekanntgabe zwar vorgesehen ist, von ihr aber aufgrund weitreichender Ausnahmetatbestände auch langfristig
abgesehen werden kann. Unter diesen Umständen ist effektiver fachgerichtlicher
Rechtsschutz ebenfalls nicht gewährleistet (vgl. BVerfGE 109, 279 <307>; 113, 348
<362 f.>).
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Die Informationserhebungen gemäß § 14 Abs. 5 HSOG und § 184 Abs. 5 LVwG
können heimlich erfolgen. § 14 Abs. 5 HSOG selbst trifft keine Regelung über die Zulässigkeit einer verdeckten Erhebung. Gemäß § 13 Abs. 7 Satz 1 HSOG sind personenbezogene Daten grundsätzlich offen zu erheben. Eine Datenerhebung, die nicht
als gefahrenabwehrbehördliche oder polizeiliche Maßnahme erkennbar sein soll
(verdeckte Datenerhebung), ist aber soweit zulässig, als auf andere Weise die Erfüllung gefahrenabwehrbehördlicher oder polizeilicher Aufgaben erheblich gefährdet
würde oder wenn anzunehmen ist, dass dies dem überwiegenden Interesse der betroffenen Person entspricht (§ 13 Abs. 7 Satz 2 HSOG). Vergleichbares gilt für die
verdeckte Datenerhebung gemäß § 184 Abs. 5 Satz 2 LVwG, die nach dieser Bestimmung zulässig ist, wenn durch die offene Datenerhebung der Zweck der Maßnahme gefährdet würde. Der Umstand, dass § 29 Abs. 6 HSOG bei verdeckten Datenerhebungen unter bestimmten Bedingungen eine Unterrichtung vorsieht, steht der
Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde im Verfahren 1 BvR 2074/05 nicht entgegen. Eine zeitnahe Kenntnis von der Maßnahme und eine daran anknüpfende Möglichkeit zur Überprüfung im gerichtlichen Verfahren sind nicht gewährleistet, weil diese Regelung umfangreiche Ausnahmetatbestände enthält. Nach dieser Vorschrift
unterbleibt die Benachrichtigung, soweit dies im überwiegenden Interesse der Person liegt, gegen die sich die Maßnahme gerichtet hat, oder wenn die Ermittlung der
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