2. Der Landtag und die Landesregierung von Schleswig-Holstein halten die Verfassungsbeschwerde im Verfahren 1 BvR 1254/07 für unbegründet.

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a) aa) Die Kennzeichenerfassung werde in Schleswig-Holstein derzeit in zwei Varianten genutzt. Ein Gerät sei mobil im Einsatz, ein weiteres werde an verschiedenen
Standorten stationär eingesetzt. Je nach Entfernung des Fahrzeugs zur Kamera könne das gesamte Fahrzeug abgebildet sein. Insassen seien nicht zu erkennen. Die
Landesregierung hat Ausdrucke von fünf Beispielfotos von Trefferfällen übersandt.
Auf dem bei Tageslicht aus der Vorderansicht erstellten Bild sind im Fahrzeuginnenraum Fahrer und Beifahrer mit ihren Gesichtern, wenn auch nur teilweise und vergleichsweise unscharf, auszumachen. Der Abgleich dauere grundsätzlich weniger
als eine Sekunde. Bei einer Fahrzeugkolonne, die mit 100 km/h und jeweils 10 m Sicherheitsabstand am Gerät vorbei fahre, werde alle 36/100 Sekunden ein Kennzeichen detektiert und mit dem Datenbestand abgeglichen. Auch die Kennzeichen einer
weiteren versetzt oder in der gegenläufigen Richtung fahrenden Kolonne (Zwei-,
Dreispurigkeit) könnten erkannt und abgeglichen werden, ohne dass es zu einem Bearbeitungsstau komme. Für die Dauer des Abgleichs würden Kennzeichen und Bild
im flüchtigen Arbeitsspeicher gehalten. Werde kein identischer Eintrag gefunden,
würden die Daten gar nicht erst gespeichert. In Abhängigkeit von der Anzahl der
nachfolgend gelesenen Kennzeichen verschwinde die Anzeige vom Bildschirm und
sei dann auch nicht mehr im Speicher des Geräts vorhanden. Bei einem Treffer erscheine im Gerät das Kennzeichen mit dem Bild des Fahrzeugs. Die Meldung werde
optisch überprüft und anschließend durch eine Abfrage in der aktuellen INPOL-Datei
verifiziert. Im Trefferfall werde auch das Bild des Fahrzeugs gespeichert.

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bb) Nach aktueller Erlasslage kämen im Rahmen der Erprobung lediglich gefilterte
Datenbestände aus INPOL zur Verwendung. Konkret beinhalte dieser Datenbestand
Fahndungsdaten zu Kennzeichen wegen Verstößen gegen das Pflichtversicherungsgesetz sowie zur Eigentumssicherung bei entwendeten Kraftfahrzeugen unter Befristung auf einen Zeitraum von zwei Wochen nach Einstellung in INPOL. Darüber hinaus
werde
die
Möglichkeit
eingeräumt,
„manuell
anlassbezogene
gefahrenabwehrende Fahndungsdaten“ einzugeben. Im Falle einer Treffermeldung
wegen einer Diebstahlsanzeige oder Verstoßes gegen das Pflichtversicherungsgesetz werde das Fahrzeug entweder angehalten oder es erfolge eine Fahndungsintensivierung über die Einsatzleitung. Bei Treffern wegen Versicherungsverstößen würden die Daten zur weiteren Ahndung in das Vorgangsbearbeitungssystem Artus
„eingepflegt“, unter anderem durch Einstellen der Bilddatei als Beweisfoto.

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cc) Die Nutzung der Spezialbefugnis des § 184 Abs. 5 LVwG sei nur zu Gefahrenabwehrzwecken erlaubt. Dies ergebe sich aus der Kompetenzordnung des Grundgesetzes und der diese beachtenden Aufgabennorm des § 162 LVwG. Der Begriff des
Fahndungsbestands meine Dateien, die die Polizei rechtmäßigerweise angelegt habe. Einschlägige Ermächtigungsgrundlage sei die Generalklausel zur Datenverarbeitung gemäß § 188 Abs. 1 LVwG, die die Polizei ermächtige, personenbezogene Daten in Akten und Dateien zu speichern, zu verändern und zu nutzen, soweit dies zur

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