Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass die Bestimmtheitsanforderungen bei geringfügigen Grundrechtseingriffen niedriger seien. Bei negativem Ergebnis erschöpfe
sich der Eingriff in dem in Sekundenbruchteilen erfolgenden Abgleich, nach dem die
lediglich erfassten Kennzeichendaten unverzüglich gelöscht würden. Soweit der Abgleich zu einem Treffer führe, fänden die sich anschließenden polizeilichen Maßnahmen ihren rechtlichen Grund in den Umständen, die zur Aufnahme in den Fahndungsbestand geführt hätten.
Zweck der Erhebung sei der Abgleich mit dem Fahndungsbestand. Der Begriff des
Fahndungsbestands sei hinreichend bestimmt. Dazu hat die hessische Landesregierung zunächst vorgetragen, der Begriff bezeichne die Datenbestände, auf die die Polizeibehörden für die Zwecke der Suche nach Personen und Sachen im Rahmen ihrer
Befugnisse zuzugreifen berechtigt seien. Dies erlaube keinen Abgleich mit sämtlichen Dateien, in denen Kennzeichen gespeichert seien, sondern nur mit bestimmten,
nämlich mit Fahndungsdateien. Diese setzten voraus, dass der mit ihnen bezweckten
Suche nach Personen und Sachen eine Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vorausgegangen sei - etwa in Form einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit oder eine solche Gefahr weiterhin bestehe, etwa weil die Begehung weiterer Straftaten befürchtet werden müsse. Denn erst ein solcher schwerwiegender Anlass rechtfertige die Suche nach Personen und Sachen in der Form einer polizeilichen Fahndung. Später hat die hessische Landesregierung ausgeführt, als Fahndungsbestand
im Sinne von § 14 Abs. 5 HSOG seien ausschließlich die Verbunddateien „Sachfahndung“ und die Sachfahndung nach dem Nationalen Schengener Informationssystem
(„NSIS-Sachfahndung“) des polizeilichen Informationssystems (INPOL) gemäß § 2
Abs. 3, §§ 11 ff. BKAG anzusehen. In der Begründung zu § 10e MEPolG werde der
Begriff des Fahndungsbestands nach „Personenfahndung“ und „Sachfahndung“ unterschieden. Zu ergänzen sei die damals wie heute selbstverständliche Angabe „des
Bundeskriminalamts“. Relevant seien im hier zu beurteilenden Zusammenhang nur
die Dateien „Sachfahndung“ und „NSIS-Sachfahndung“, weil allein diese Dateien
amtliche Fahrzeugkennzeichen beinhalteten. In Hessen würden ausschließlich Abgleiche mit diesen beiden Dateien vorgenommen; der Abgleich mit anderen Dateien
sei unzulässig.
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cc) Auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei nicht verletzt. Die Maßnahme
sei insbesondere im engeren Sinne verhältnismäßig. Die Kennzeichenüberprüfung
ermögliche den Abgleich einer sehr großen Anzahl von Kennzeichen. Dabei habe
aber jeder einzelne Abgleich bei negativem Ergebnis die denkbar geringste Eingriffsintensität. Sofern ein Treffer vorliege, schlössen sich Maßnahmen an, die ihre
Rechtsgrundlage in den der Fahndung zugrundeliegenden Sachverhalten hätten,
nicht aber im Fahndungsabgleich selbst. Dem Grundrechtseingriff an der Grenze
zum Bagatellbereich stünden erhebliche Gemeinwohlinteressen gegenüber. Die
Kennzeichenerfassung sei danach auch als Vorfeldmaßnahme verhältnismäßig. Anlass- und verdachtsunabhängige Befugnisse seien an vielen Stellen der Rechtsordnung vorgesehen.
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