Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
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Sozialversicherungsträger wie die Postbeamtenkrankenkasse, deren Zuständigkeitsbereich sich über das
Gebiet eines Landes hinaus erstreckt, werden gemäß
Artikel 87 Absatz 2 Satz 1 GG „als bundesunmittelbare Körperschaften des öffentlichen Rechtes (...)
geführt“. § 26 Absatz 2 des Gesetzes über die Errichtung einer Bundesanstalt für Post und Telekommunikation
Deutsche
Bundespost
(Bundesanstalt
Post-Gesetz - BAPostG) sieht dementsprechend vor,
dass die Kasse als betriebliche Sozialeinrichtung in
der Rechtsform einer rechtsfähigen Körperschaft des
öffentlichen Rechts nach Maßgabe des BAPostG und
näherer Ausgestaltung durch ihre Satzung durch die
Bundesanstalt mit dem Ziel der Abwicklung weitergeführt wird.
Als rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen
Rechts nimmt die Kasse Aufgaben wahr, die sich aus
der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht des Dienstherrn ergeben. Als betriebliche Sozialeinrichtung hat
sie sich „an den organisatorischen Gegebenheiten der
Aktiengesellschaften zu orientieren und deren Interesse an einer möglichst wirtschaftlichen Leistungserstellung zu befolgen“ (§ 26 Absatz 3 BAPostG).
Die öffentlich-rechtlich begründete (Verwaltungs-)Aufgabe und die öffentlich-rechtliche Organisation als rechtsfähige Körperschaft werden mit dieser gesetzlichen Verpflichtung zu einer betriebswirtschaftlich effektiven Geschäftsführung nicht hinfällig.
Die Postbeamtenkrankenkasse ist damit als Behörde
im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 IFG anzusehen.
Soweit die PBeaKK sich darauf berufen hat, sie sei
(lediglich) im „Außenverhältnis“ zu ihren Mitgliedern „Behörde“ i. S. d. IFG, im - hier hinsichtlich der
Tätigkeit der Widerspruchsausschüsse betroffenen „Innenverhältnis“ dagegen eine Selbstverwaltungskörperschaft des öffentlichen Rechtes ohne Behördeneigenschaft, konnte mich dies nicht überzeugen:
Eine funktionale oder sektorale Beschränkung der
Behördeneigenschaft ein und desselben Verwaltungsträgers mit der Folge einer partiellen „Ausklammerung“ von Informationen aus dem Anwendungsbereich des IFG sieht das Gesetz nicht vor. Für
die Anwendbarkeit des IFG ist es unerheblich, ob
sich eine Behörde bei der Erfüllung öffentlicher
Verwaltungsaufgaben öffentlich-rechtlicher oder
privatrechtlicher Handlungsformen bedient (vgl.
OVG Münster, Beschluss vom 19. Juni 2002
- 21 B 589/2 -; VG Schleswig, Urteil vom 31. August
2004 - 6 A 245/02 -). Behördliche Informationen
unterliegen dem IFG, wenn eine im öffentlichen
Recht wurzelnde Verwaltungsaufgabe wahrgenommen wird. Dabei ist es unerheblich, in welcher
Rechtsform dies geschieht. Unerheblich ist auch, ob
es sich um „interne“ Vorgänge, Maßnahmen im
Drucksache 18/1200
Rahmen der Selbstverwaltung oder um Vorgänge mit
Außenwirkung handelt.
Die Geschäftsordnung der Widerspruchsausschüsse
ist auch zweifelsfrei eine „amtliche Information“
i. S. d. § 2 Nummer 1 IFG, da sie das Verfahren
eines Organs dieses Verwaltungsträgers regelt, das
dem öffentlich-rechtlich geprägten Zweck der Körperschaft dient.
Im Ergebnis war hier der Informationszugang auf
Antrag zu gewähren, da amtliche Informationen
einer Behörde betroffen waren und auch kein Ausnahmetatbestand des IFG eingriff.
Die Postbeamtenkrankenkasse hat dem Antrag deshalb letztlich entsprochen und dem Petenten die Geschäftsordnung der Widerspruchsausschüsse zur
Verfügung gestellt.
5.11
Bundesministerium der Justiz
5.11.1
Zugang zu Informationen aus Gesetzgebungsverfahren
Das BMJ macht den Gesetzentwurf zur Reform der
Sicherungsverwahrung erst nach Abschluss der regierungsinternen Einigung zugänglich.
Ein Petent begehrte im Sommer 2011 mit zwei
IFG-Anträgen beim BMJ Zugang zu Informationen
zur Reform der Sicherungsverwahrung. Sein erster
Antrag richtete sich auf die im BMJ entwickelten
Eckpunkte für einen Gesetzentwurf, mit dem die
Vorgaben des Urteils des Bundesverfassungsgerichts
zur Sicherungsverwahrung umgesetzt werden sollten.
Der zweite Antrag hatte Unterlagen zu einem Treffen
der Justizstaatssekretäre aus Bund und Ländern zu
diesem Thema zum Gegenstand. Der Informationswunsch zielte auf die inhaltlichen Vorschläge des
BMJ, das Protokoll der Sitzung sowie die vorbereitenden und nachbereitenden Berichte und Vermerke
des Ministeriums.
Das BMJ lehnte beide Anträge unter Berufung auf
§ 3 Nummer 3 Buchstabe b IFG (Schutz behördlicher
Beratungen) und § 4 Absatz 1 Satz 1 IFG (Schutz des
behördlichen Entscheidungsprozesses) ab. Die erbetenen Unterlagen dienten - so das Ministerium - der
Vorbereitung gesetzgeberischer Maßnahmen. Es
handele sich um einen noch nicht abgeschlossenen
Vorgang, zu dem derzeit kein Anspruch auf Informationszugang bestehe. In seinem Bescheid zur Ablehnung des zweiten Antrags wies das BMJ im November 2011 konkretisierend darauf hin, der Referentenentwurf sei erst kürzlich den Ressorts übersandt
worden, der Abstimmungsprozess zwischen dem
Bund und den Ländern dauere deswegen noch an.
Der abgestimmte Referentenentwurf solle dem Kabinett im Verlauf des Februars 2012 zur Entscheidung
vorgelegt werden.
4. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit