Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
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Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG;
vgl. Kasten zu Nr. 5.6.2)). Nun begehrte der Antragsteller nach den Vorschriften des IFG Auskunft
zum Sachstand seiner Beschwerde.
Die Bundesnetzagentur lehnte diesen Antrag ab, weil
das IFG hinsichtlich der begehrten Auskünfte keine
Anwendung finde. Zur Begründung führte sie aus,
dass sich „der gestellte Antrag auf die Erteilung von
Sachstandsinformationen zu einer [vom Antragsteller
eingereichten] Beschwerde richtet. Beschwerden
über unerlaubte Telefonwerbung sind regelmäßig
Bestandteil von Ordnungswidrigkeitenverfahren und
den hiermit zusammenhängenden Ermittlungen. Für
solche Informationen aus Bußgeldverfahren ist das
IFG nicht einschlägig.“
K a sten z u N r . 5.6.2
§ 7 Absatz 2 Nummer 2 UWG
Eine unzumutbare Belästigung ist stets anzunehmen
bei Werbung mit einem Telefonanruf gegenüber einem Verbraucher ohne dessen vorherige ausdrückliche Einwilligung oder gegenüber einem sonstigen
Marktteilnehmer ohne dessen zumindest mutmaßliche Einwilligung.
§ 20 UWG
(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder
fahrlässig entgegen § 7 Absatz 1
1. in Verbindung mit § 7 Absatz 2 Nummer 2 mit
einem Telefonanruf oder
2. in Verbindung mit § 7 Absatz 2 Nummer 3 unter
Verwendung einer automatischen Anrufmaschine gegenüber einem Verbraucher ohne dessen
vorherige ausdrückliche Einwilligung wirbt.
(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu dreihunderttausend Euro geahndet werden.
(3) Verwaltungsbehörde im Sinne des § 36 Absatz 1 Nummer 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ist die Bundesnetzagentur für Elektrizität,
Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen.
Im Ergebnis war die Ablehnung des Antrages auf
Informationszugang nach dem IFG durch die Bundesnetzagentur nicht zu beanstanden.
Spezialgesetzliche Zugangsregelungen gehen dem
Gesetz grundsätzlich vor (§ 1 Absatz 3 IFG), und
zwar unabhängig davon, ob sie ein engeres oder ein
weiteres Zugangsrecht als das IFG gewähren. Dies
gilt jedoch nur, soweit der Anwendungsbereich der
Spezialnorm reicht und sie als abschließende Regelung anzusehen ist; im Übrigen bleibt das IFG anwendbar.
Drucksache 18/1200
Ob eine bereichsspezifische Zugangsregelung gegeben ist, die dem allgemeinen Informationszugang
nach dem IFG als verdrängende Spezialregelung
vorgeht, bestimmt sich also danach, ob der Gesetzgeber mit ihr erkennbar eine insoweit abschließende
Regelung treffen wollte.
Zu diesen fachgesetzlichen, vorrangigen Regelungen
gehören auch die speziellen Akteneinsichts- und
Auskunftsrechte nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) und der Strafprozessordnung (StPO).
Für den Betroffenen gewährt § 49 Absatz 1 OWiG
ein spezielles Akteneinsichtsrecht. Im Übrigen verweist das OWiG für die Erteilung von Auskünften
und Gewährung von Akteneinsicht - teils mit gewissen Maßgaben - auf die StPO (§ 46 Absatz 1, § 49b
OWiG). Für Privatpersonen, die nicht Verfahrensbeteiligte sind, lässt die StPO Auskünfte aus den Verfahrensakten nur zu, soweit hierfür ein berechtigtes
Interesse dargelegt wird und kein schutzwürdiges
Interesse des Betroffenen entgegensteht (§ 475 Absatz 4 StPO). Diese spezielle, restriktive Regelung
eines Informationszugangs für jedermann schließt
die Anwendbarkeit des IFG auf Informationen aus
Verfahrensakten in OWiG-Verfahren aus.
5.6.3
Mehr Transparenz im europäischen
Gerichtsverfahren zur Vorratsdatenspeicherung
Die Herausgabe der Stellungnahme der Bundesregierung in dem von der Europäischen Kommission
angestrengten Vertragsverletzungsverfahren wurde
vom zuständigen Bundesministerium für Wirtschaft
abgelehnt.
Die Umsetzung der „Richtlinie 2006/24/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 15. März
2006 über die Vorratsdatenspeicherung von Daten,
die bei der Bereitstellung öffentlich zugänglicher
elektronischer Kommunikationsdienste oder öffentlicher Kommunikationsnetze erzeugt oder verarbeitet
werden, und zur Änderung der Richtlinie
2002/58/EG“ (Amtsblatt der EU L 105/54 vom
13. April 2006) hatte bereits das Bundesverfassungsgericht beschäftigt (vgl. Urteil vom 2. März 2010,
- 1 BvR 256/08 -, vgl. 23. TB zum Datenschutz,
Nr. 6.1). Nachdem das Bundesverfassungsgericht die
zur Umsetzung in das deutsche Recht erlassenen
Regelungen teilweise für verfassungswidrig erklärt
hatte, mahnte die Europäische Kommission eine
richtlinienkonforme Umsetzung an und leitete am
31. Mai 2012 schließlich ein Vertragsverletzungsverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof ein (European Commission - IP/12/530 31/05 -).
Ein Bürger beantragte beim Bundesministerium für
Wirtschaft (BMWi) die Zusendung der Stellungnah4. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit