Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
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ternehmens zu erlangen. Ferner begehrt er Informationszugang zu Unterlagen des früher auf der Gewerbefläche tätigen, nach der Wende liquidierten Unternehmens, da er sich damit sachdienliche Informationen für ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verspricht.
Nach Ablehnung des IFG-Antrages hat er Klage
beim Verwaltungsgericht Berlin erhoben, über die
bei Redaktionsschluss noch nicht entschieden war.
Meine Prüfung konzentriert sich auf die Frage, ob
hier die BVS den Informationszugang ganz oder
teilweise zu Unrecht abgelehnt hat.
Die Position der BVS vermag ich nicht zu teilen.
Anders als diese sehe ich in den während des Insolvenzverfahrens entstandenen Schriftsätzen der Anwälte des Unternehmens im Aktenbestand der BVS
kein berufsrechtliches Geheimnis, das gemäß § 3
Nummer 4 IFG dem Informationszugang entgegenstehen würde. Die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht nach § 43a Bundesrechtsanwaltsordnung
(BRAO) schützt das Vertrauensverhältnis zwischen
Mandant und Anwalt und verpflichtet letzteren zur
vertraulichen Behandlung sensibler Informationen im
Zusammenhang mit dem Mandat. Adressat dieser
Pflicht zur Verschwiegenheit ist der Anwalt und kein
Dritter. Aus dieser anwaltlichen Pflicht kann keine
für das IFG relevante „abgeleitete Schweigepflicht“
einer Verwaltungsbehörde des Bundes entstehen.
Auch der Hinweis auf nach § 6 Satz 2 IFG geschützte Geschäftsgeheimnisse des Konkursverwalters
greift m. E. nicht. Als Geschäftsgeheimnisse schutzbedürftig sein könnten zwar Überlegungen für oder
konkret beabsichtigte Verwertungsmaßnahmen des
Konkursverwalters, deren vorzeitige Offenlegung
negative Auswirkungen auf die Preisbildung und
damit die optimale Verwertung haben könnte. Um
einen derartigen „Echtzeiteinblick“ in die Verwertungsstrategie des Konkursverwalters geht es dem
Petenten jedoch ersichtlich nicht, sondern um eine
- mit Blick auf eine wirtschaftlich effektive Durchführung des Insolvenzverfahrens - unschädliche Retrospektive.
Ferner greift auch der Hinweis auf die Beschränkung
des Informationszuganges Dritter auf Gerichtsakten
beim Gericht (§ 299 Zivilprozessordnung (ZPO))
nicht, da die BVS als Anstalt eine Behörde und kein
Gericht ist und damit nicht den speziellen prozessrechtlichen Regelungen für den Informationszugang
unterliegt, sondern dem IFG. Schon die von der BVS
stillschweigend vorausgesetzte, für eine Analogie
zwingend vorauszusetzende Regelungslücke ist damit nicht gegeben.
Hinsichtlich des ergänzenden zweiten Antrages auf
Zugang zu den Unterlagen zu dem früher auf der
Drucksache 18/1200
fraglichen Liegenschaft ansässigen Vorgängerunternehmen sieht die BVS ebenfalls keine Verpflichtung
zur Gewährung des Informationszuganges.
Die gesetzliche Aufgabe der BVS als Nachfolgeorganisation der Treuhandanstalt und der Besitz der
- möglicherweise noch nicht ordnungsgemäß registrierten - Unterlagen sprechen für die gemäß § 7 Absatz 1 Satz 1 IFG erforderliche Verfügungsbefugnis
der BVS. Jedenfalls hat die BVS bisher noch nicht
auf eine spezielle, z. B. im Kontext des Einigungsvertrages oder später gesondert geschaffene registerrechtliche Aufbewahrungspflicht und (ausschließliche) Verfügungsbefugnis einer anderen Stelle hingewiesen. Mit Blick auf den gesetzlichen Auftrag der
BVS sehe ich auch keinen Grund, die Qualität dieser
Informationen als amtliche Informationen i. S. d. § 2
Nummer 1 IFG in Frage zu stellen und damit dem
Informationszugang zu entziehen.
Über den Fortgang des Verfahrens werde ich berichten.
5.6
Bundesministerium für Wirtschaft
und Technologie
5.6.1
Exportförderung und Transparenz
Informationen zu Projekten im Ausland, die mit
staatlichen Exportkreditgarantien gefördert werden,
können sowohl nach IFG als auch nach UIG am
Schutz der internationalen Beziehungen scheitern.
Staatliche Exportkreditgarantien sichern Risiken
weltweiter Ausfuhrgeschäfte der deutschen Industrie
gerade auch in wirtschaftlich turbulenten Zeiten ab.
Dabei stellen sich aber auch die Fragen, welche sozialen und umweltrelevanten Auswirkungen der Export deutscher Großanlagen z. B. der Papierindustrie
oder zur Gewinnung fossiler Energieträger haben
und ob hier das IFG Transparenz schaffen kann.
Drei NGOs hatten deshalb im Juli 2012 unter Berufung auf das Informationsfreiheits- und das Umweltinformationsgesetz Übermittlung von Prüfberichten
zur Gewährung von Exportsicherungen für Ausfuhrgeschäfte aus den Jahren 2009 bis 2011 in mehr als
20 Länder beantragt. Informationszugang wurde
insbesondere zu allen Unterlagen gewünscht, die sich
gezielt mit Menschenrechtsfragen dieser Projekte
z. B. in Indien, Kolumbien, Südafrika, Indonesien,
Russland und Dubai auseinandersetzen. Nach ersten
Gesprächen mit dem zuständigen Bundesministerium
für Wirtschaft und Technologie begrenzten die Antragstellerinnen den Antrag auf Informationszugang
auf die in den Prüfberichten enthaltenen „Prüfungen
der Umwelt- und der Sozialverträglichkeit“ der Projekte. Nachdem das BMWi den so spezifizierten
Antrag abgelehnt hatte, wandten sich die Antragstellerinnen im Frühjahr 2013 an mich und baten um
4. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit