Drucksache 18/1200
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Behandlung deutlich gemacht habe und die Bundesrepublik auch künftig auf vertrauliche Hinweise auf
mögliches Fehlverhalten deutscher Missionsteilnehmer angewiesen sei. Schließlich sei die Identität des
Hinweisgebers auch als personenbezogenes Datum
nach § 5 Absatz 1 i. V. m. Absatz 2 IFG geschützt,
das direkt mit einem aktuellen Dienstverhältnis des
Hinweisgebers in Zusammenhang stehe.
Die im Juni 2011 erhobene Klage auf Verpflichtung
des AA zur vollständigen Gewährung des Informationszuganges war erfolgreich. Die Berufung des AA
wurde mit Urteil des OVG Berlin-Brandenburg vom
28. Juni 2013 (OVG 12 B 9.12) zurückgewiesen.
Da der Kläger mich leider erst kurz vor der zweitinstanzlichen Entscheidung über seinen Fall informiert hatte, war es hier allein dem Verwaltungsgericht und dem OVG überlassen, das AA vom Anspruch auf vollständigen Informationszugang zu
überzeugen.
Zu dem hier vom AA in Anspruch genommenen
Ausschlusstatbestand des Schutzes der internationalen Beziehungen (§ 3 Nummer 1 Buchstabe a IFG)
folgte das OVG der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes, das die Ausnahmetatbestände des § 3
Nummer 1 IFG nicht als „pauschale“, im Einzelfall
nicht begründungspflichtige Bereichsausnahmen
ansieht. „Die Feststellung der konkreten Möglichkeit
nachteiliger Auswirkungen setzt seitens der informationspflichtigen Stelle die Darlegung von Tatsachen
voraus, aus denen sich im jeweiligen Fall eine Beeinträchtigung des Schutzgutes ergeben kann“ (so das
vom OVG zitierte Bundesverwaltungsgericht im
Urteil vom 15. November 2012, - 7 C 1/12 - unter
Hinweis auf den Beschluss vom 30. April 2009
- BVerwG 7 C 17.08). Dabei genügt „die durch Fakten gestützte Möglichkeit einer Nachteilswirkung“.
Zwar dürfe im Rahmen der gebotenen (Gefährdungs-)Prognose auf allgemeine, in der Vergangenheit auf Grund einer Vielzahl von Einzeleindrücken
erworbene Erfahrungswerte zurückgegriffen werden.
Bloße Mutmaßungen über eventuell zu erwartende
Belastungen der internationalen Beziehungen reichten dagegen nicht aus.
Der Umstand, dass Partnerstaaten oder internationale
Organisationen mit der Bekanntgabe bestimmter
Informationen nicht einverstanden seien, kann zwar
(auch) nach Auffassung des OVG ein deutliches
Indiz dafür sein, dass bei Gewährung des Informationszuganges nachteilige Auswirkungen auf die internationalen Beziehungen drohen. Dies sei aber
allein mit dem Hinweis auf den Wunsch des ausländischen Hinweisgebers nicht hinreichend dargelegt.
Auf welche konkreten Umstände das AA seine Einschätzung stütze, sei auch in der mündlichen Verhandlung nicht dargelegt worden.
4. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Auch der Schutz zugesicherter Vertraulichkeit stehe
vorliegend dem (vollständigen) Informationszugang
nicht entgegen. Nach § 3 Nummer 7 IFG besteht der
Anspruch auf Informationszugang nicht bei vertraulich erhobener oder übermittelter Information, soweit
das Interesse des Dritten, hier also des Hinweisgebers, an einer vertraulichen Behandlung im Zeitpunkt
des IFG-Antrages noch fortbesteht. Dieses Interesse
muss indes nicht nur subjektiv, also aus Sicht des
Hinweisgebers, bestehen, sondern auch objektiv
begründet sein. Ließe man bereits (allein) die subjektive „Vertraulichkeitserwartung“ des Hinweisgebers
ohne Darlegung eines objektiv schutzwürdigen Vertraulichkeitsinteresses genügen, werde der Anspruch
auf Informationszugang letztlich zur Disposition der
Kommunikationspartner gestellt. Ein hinreichend
begründetes objektives Vertraulichkeitsinteresse des
AA konnte das OVG nicht erkennen.
Schließlich konnte der Informationszugang auch
nicht zum Schutz personenbezogener Daten Dritter
verweigert werden. Allein der Hinweis auf den Zusammenhang mit einem Dienstverhältnis oder einem
(früheren) „Mandat“ des Hinweisgebers genüge hierfür nicht. Ein solcher, von § 5 Absatz 2 IFG vorausgesetzter „Zusammenhang“ werde für den Hinweisgeber lediglich behauptet, aber nicht belegt.
Da somit das Abwägungsverbot des § 5 Absatz 2
IFG vorliegend nicht eingreife, sah das OVG die
Abwägung nach § 5 Absatz 1 Satz 1 IFG zwischen
dem Informationszugangsinteresse des Klägers und
dem vom beklagten AA geltend gemachten „Diskretionsinteresse“ als eröffnet an.
Für die Annahme einer tatsächlich drohenden Beeinträchtigung der Persönlichkeit des Hinweisgebers
durch den von ihm als „potenziell gefährliche Person“ beschriebenen Kläger sah das OVG keine hinreichend tragfähigen, abwägungserheblichen Anhaltspunkte, zumal das AA hier nur die Einschätzung
des Hinweisgebers ohne eigene, verifizierende Angaben wiederhole und ein erneutes Zusammentreffen
des Klägers mit dem Hinweisgeber im Rahmen einer
Wahlbeobachtungsmission mangels erneuter Aufnahme in den Expertenpool nicht zu erwarten sei.
Der Kläger übe hier nicht nur sein „Jedermann-Recht“ auf Informationszugang aus, seinem
Informationsinteresse als Betroffenem und ehemaligem Missionsangehörigen komme im Ergebnis
überwiegendes Gewicht zu.
Diese gerichtliche Klarstellung ist uneingeschränkt
zu begrüßen.