Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Drucksache 18/1200

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In der mündlichen Verhandlung am 30. November
2012 beschränkte der Kläger nun seinen Klageantrag
und beantragte nur noch Verurteilung des Statistischen Bundesamtes zur Gewährung des Informationszuganges zu allen Daten der Einpersonenhaushalte mit Ausnahme der Datenfelder „Land“, „Haushaltsnummer“ und einiger weiterer Datenfelder. Ergänzend hierzu beantragte er (erstmals) Mitteilung
des von der Beklagten ermittelten (centgenauen)
Nettoeinkommens pro Einpersonenhaushalt. Extremwerte jedes einzelnen Datenfeldes sollten ausgeblendet werden. Ferner gestand der Kläger der Beklagten im Interesse wirksamer Anonymisierung zu,
einzelne Datensätze vollständig auszulassen, sofern
die Daten so signifikant seien, dass sie mit geringem
Aufwand an Zeit, Kosten und Arbeitsaufwand einer
Person zugerechnet werden könnten. Der Kläger
machte deutlich, dass er Zugang zu Namen, Geburtsdaten
oder
„sonstigen
personenbezogenen/-beziehbaren Daten“ nicht begehre.

Das Verwaltungsgericht Wiesbaden hat die Klage
(6 K 1374/11.WI) mit Urteil vom 15. März 2013
trotzdem abgewiesen und damit meine Rechtsauffassung im Ergebnis bestätigt.
In seiner Begründung legt das Gericht zunächst dar,
weshalb die beantragten Einzelangaben den befragten Teilnehmern der Haushaltstichprobe und ihren
betroffenen (Haushalts-)Angehörigen trotz der vom
Kläger angeregten Maßnahmen zur Anonymisierung
zugeordnet werden können, so dass eine Durchbrechung des Statistikgeheimnisses nach § 16 Absatz 1
Satz 2 Nummer 4 BStatG nicht möglich ist, und
befasst sich anschließend mit dem „Restrisiko“ einer
Deanonymisierung und der überragenden Bedeutung
des Statistikgeheimnisses (vgl. Kasten zu Nr. 5.3.2).
Das Urteil des VG Wiesbaden ist inzwischen rechtskräftig geworden.

K a sten z u N r . 5.3.2
Auszüge aus der Entscheidung des VG Wiesbaden vom 15. März 2013
- 6 K 1374/11.WI „(...) Nur soweit die Daten so zusammengefasst und so gehäuft sind, dass es sich um statistische und damit aggregierte Daten handelt, sind Einzelangaben einer natürlichen Person sicher nicht mehr zuordenbar. Dabei ist zu
beachten, dass § 3 Absatz 1 BDSG bestimmt, dass personenbezogene Daten Einzelangaben über persönliche
oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person sind. Soweit die Daten
nicht statistisch zusammengefasst sind, wofür es mindestens der Daten von fünf Betroffenen zur Aggregierung
bedarf, sind die Daten allenfalls als anonymisierte Daten nur mit einem unverhältnismäßig großem Aufwand an
Zeit, Kosten und Arbeitskraft einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person zuordenbar. Dabei ist
anonymisieren definiert als das Verändern personenbezogener Daten derart, dass die Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse nicht oder nur mit einem unverhältnismäßig großen Aufwand an Zeit, Kosten und Arbeitskraft einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person zugeordnet werden können. Es
handelt sich hierbei jedoch weiterhin um personenbezogene Daten, solange eine Wiederzusammenführung der
zur Identifikation geeigneten Daten mit anderen anonymisierten Daten möglich ist. Soweit eine Reidentifizierung nicht völlig ausgeschlossen werden kann, ist daher immer von einem personenbezogenen Datum auszugehen.
Zur Anonymisierung ist es zwar auch unerlässlich, dass die direkten oder indirekten Identifikationsmerkmale,
wie Name, Anschrift, Personenkennzeichen usw. gelöscht werden. Dieser Vorgang, wie ihn der Kläger begehrt,
führt jedoch letztendlich nicht dazu, dass eine Personenbeziehbarkeit auszuschließen ist. Die Einzelangaben
können im Zweifel einem Betroffenen zugeordnet werden, auch wenn dazu vielleicht ein Zusatzwissen erforderlich ist. Erst wenn aus den Daten „Einzelangaben“ ein neuer Datenbestand geschaffen wird, der personenbeziehbare Daten nicht mehr enthält, handelt es sich um Einzelangaben, die einer natürlichen Person nicht mehr
zugeordnet werden können.
(...)
Bezüglich anonymisierter Daten enthält § 16 BStatG jedoch eine Sonderregelung. Hier regelt § 16 Absatz 6
BStatG, dass Einzelangaben, die nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand an Zeit, Kosten und Arbeitskraft
zugeordnet werden können, zur Durchführung wissenschaftlicher Vorhaben an Hochschulen oder sonstige Einrichtungen mit der Aufgabe unabhängiger wissenschaftlicher Forschung übermittelt werden dürfen, wenn die
Empfänger Amtsträger sind oder für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichtete oder verpflichtet nach § 16
Absatz 7 BStatG sind, sie also auf das Statistikgeheimnis verpflichtet wurden.

4. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit

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