Drucksache 18/1200

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Aus Sicht der Antragsteller handelte es sich dagegen
um einen einheitlichen, wenn auch umfangreichen
Antrag. Diese Sicht teile ich. Die vom Bundesministerium des Innern zur Begründung der Kostenforderung vorgebrachten Argumente haben mich nicht
überzeugt. Mir wurde zwar glaubhaft versichert, das
BMI habe sich im Vorfeld der Antragsbearbeitung
um eine Begrenzung des Verwaltungsaufwandes und
der Kosten bemüht. So seien die Antragsteller
mehrmals darauf hingewiesen worden, dass ihr Antrag auf Akteneinsicht eine Vielzahl von Vorgängen
und Themengebieten umfasse und es sich deshalb bei
der Bearbeitung des Antrages nicht um eine einzige
Amtshandlung handele.
Antragsteller haben jedoch das Recht, auch umfängliche Anträge zu stellen. Sie müssen dann damit
rechnen, in solchen Fällen eine maximale Gebühr
von 500 Euro zu zahlen, nicht jedoch 15 000 Euro.
Das IFG sieht eine Erhebung von Gebühren und
Auslagen für individuell zurechenbare Leistungen
vor (§ 10 Absatz 1 IFG). Damit wird anerkannt, dass
Verwaltungen durch die Bearbeitung des Informationsantrags Kosten entstehen, die zumindest teilweise
abgegolten werden sollen. Auf der anderen Seite soll
durch die Erhebung einer Gebühr ausdrücklich keine
prohibitive Wirkung erzielt werden (�� 10 Absatz 2
IFG). § 10 IFG möchte mit seiner abgewogenen
Regelung das Spannungsverhältnis zwischen der
Freiheit des Informationszugangs und dem Aufwand
der Verwaltung auflösen.
Die Berechnung der Kosten richtet sich nach der
Verordnung über die Gebühren und Auslagen nach
dem Informationsfreiheitsgesetz (Informationsgebührenverordnung – IFGGebV). Mündliche und einfache
schriftliche Auskünfte auch bei Herausgabe von
wenigen Abschriften sind kostenfrei (Teil A Nr. 1.1
IFGGebV). Nur für eine schriftliche Auskunft mit
Herausgabe von Abschriften bei im Einzelfall deutlich höherem Verwaltungsaufwand aufgrund der
Zusammenstellung der Unterlagen können Gebühren
von höchstens 500 Euro verlangt werden (Teil A
Nr. 1.3 IFGGebV). Diese maximale Gebühr ist als
absolute Obergrenze gedacht; nach meiner Auffassung auch dann, wenn in einer schriftlichen Auskunft
Antworten auf mehrere zusammenhängende Einzelfragen erteilt werden, die in einem einheitlichen Antrag enthalten waren.
Wie ich bereits in meinem 3. Tätigkeitsbericht zur
Informationsfreiheit dargestellt hatte, kann die Teilung eines IFG-Antrags im Interesse der Beschleunigung des Verfahrens zulässig sein (Nr. 5.11.1). Im
vorliegenden Fall war aber die Aufsplittung nicht
von dem Wunsch bestimmt, das Verfahren zu beschleunigen. Die Aufteilung in Einzelanfragen mit
jeweils einzelner Berechnung der Kosten entfaltet
4. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

eine prohibitive Wirkung auch gegenüber anderen
Antragstellern. Sie schreckt davon ab, das Recht auf
Informationszugang in Anspruch zu nehmen, und
sollte dies wohl auch. Insofern steht das vom BMI
gewählte Verfahren nicht im Einklang mit dem
Normzweck des § 10 Absatz 2 IFG.
Ich habe daher dem BMI dringend nahe gelegt, diese
„Zerlegungspraxis“ zugunsten eines Verfahrens zu
ändern, die dem Gedanken des § 10 Absatz 2 IFG
Rechnung trägt. Dem ist das BMI aber nicht gefolgt.
Die Antragsteller haben inzwischen nach erfolglosem Widerspruch gegen den Gebührenbescheid Klage beim Verwaltungsgericht Berlin eingelegt.
Über den Fortgang des Falles werde ich im nächsten
Tätigkeitsbericht berichten.
5.3.2

Informationsfreiheit und Statistikgeheimnis - kein einfaches, aber letztlich doch klares Verhältnis (?)

Das Statistische Bundesamt hat den Zugang zur Datenbasis der Einkommens- und Verbraucherstichprobe zu Recht verweigert.
Der Petent hatte beim Statistischen Bundesamt Kopien aller im Rahmen der Einkommens- und
Verbraucherstichprobe 2008 (EVS)
ausgewerteten
60 000 Haushaltsbücher in anonymisierter Form
beantragt. Diese erfassen drei Monate lang sämtliche
laufende Einnahmen und Ausgaben der teilnehmenden Verbraucherhaushalte und enthalten „Basisinformationen“ der Einkommens- und Verbraucherstichprobe.
Das Statistische Bundesamt verweigerte die Herausgabe von Kopien der Haushaltsbücher und begründete dies damit, dass das Statistikgeheimnis des § 16
Absatz 1 Satz 1 Bundesstatistikgesetz (BStatG) dem
Informationszugang entgegenstehe, da die Übermittlung der fraglichen Daten weder nach § 16 Absatz 1
Satz 2 Nummer 4 noch durch § 16 Absatz 6 BStatG
erlaubt sei.
Anonymisierte Mikrodaten (Einzeldaten aus den
Haushaltsbüchern) könnten gemäß § 16 Absatz 6
BStatG nur für die Durchführung wissenschaftlicher
Vorhaben an Hochschulen übermittelt werden und
dies auch nur dann, wenn Einzelangaben nur mit
unverhältnismäßig großem Aufwand einzelnen Personen zugeordnet werden können. § 16 Absatz 1
Satz 2 Nummer 4 BStatG erlaubt eine Durchbrechung des Statistikgeheimnisses, wenn die fraglichen
„Einzelangaben dem Befragten oder Betroffenen
nicht zuzuordnen sind“.
Über das entsprechende Gerichtsverfahren hatte ich
in meinem 3. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit (Nr. 5.4.4) berichtet.

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