Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

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gewünschten Form teils nicht vorhanden, teils bereits
veröffentlicht seien und daher selbst bei
- unterstellter - Anwendbarkeit des IFG nicht herausgegeben werden könnten bzw. müssten.
Den Ablehnungsgrund des § 9 Absatz 3 IFG bejahte
das VG Berlin auch mit Blick auf den dritten Antrag,
da die Behandlung öffentlicher Petitionen sich aus
den, auf der Grundlage des § 110 Absatz 1 GO-BT
beschlossenen und auf der Website des Deutschen
Bundestages veröffentlichten Verfahrensgrundsätzen
des Petitionsausschusses und einer ebenfalls im Internet veröffentlichten Richtlinie für die Behandlung
von öffentlichen Petitionen ergebe
(www.epetitionen.bundestag.de).
Das Gericht hat damit seine Abgrenzung des Anwendungsbereiches des IFG von der Wahrnehmung
parlamentarischer Kernaufgaben bestätigt. Ich sehe
keinen Grund, die ablehnende Entscheidung des
Deutschen Bundestages zu beanstanden.
5.2

Bundeskanzleramt

5.2.1

Informationszugang zu Kabinettsprotokollen?

Das Bundeskanzleramt möchte keinen Zugang zu den
Protokollen der Kabinettsitzungen gewähren. Es
beruft sich dabei u. a. auf den Schutz des Kernbereichs der exekutiven Eigenverantwortung.
Am 1. März 2013 wurde der Entwurf der Bundesregierung eines Achten Gesetzes zur Änderung des
Urheberrechtsgesetzes (Leistungsschutzrecht für
Presseerzeugnisse) im Bundestag verabschiedet. Das
Gesetz trat am 1. August 2013 in Kraft (BGBl. I
S. 1161).
Bereits 2012 hatte ein Antragsteller einen ersten
Versuch unternommen, noch während des Gesetzgebungsverfahrens vom Bundeskanzleramt Zugang zu
den entsprechenden Kabinettsprotokollen zu bekommen. Der Antrag wurde abgelehnt. Auch ein
zweiter Versuch nach Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens blieb erfolglos.
Begründet wurde die Ablehnung beider Anträge u. a.
mit § 3 Nummer 4 IFG. Ein Anspruch auf Informationszugang besteht nach dieser Vorschrift nicht,
„wenn die Information einer durch Rechtsvorschrift
oder durch eine allgemeine Verwaltungsvorschrift
zum materiellen und organisatorischen Schutz von
Verschlusssachen geregelten Geheimhaltungs- oder
Vertraulichkeitspflicht oder einem Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnis unterliegt“. Nach Auffassung des Bundeskanzleramts liegen diese gesetzlichen Voraussetzungen aufgrund der generellen Geheim-Einstufung aller Kabinettsprotokolle vor.

Drucksache 18/1200

Mit Blick auf die Systematik des IFG und die Rechtsprechung sehe ich hier Diskussionsbedarf:
Das Bundesverwaltungsgericht verlangt von der
auskunftspflichtigen Behörde des Bundes eine sachliche Prüfung der (fortbestehenden) Erforderlichkeit
der Einstufung (BVerwG - 7 C 21.08 - vom
29. Oktober 2009). Der pauschale Hinweis im Ablehnungsbescheid, eine Aufhebung der materiellen
Geheimhaltungsbedürftigkeit sei geprüft worden,
scheint mir vor diesem Hintergrund etwas knapp.
Eine weitere Einstufung als „Geheim“ ist nur dann
geboten, wenn die Kenntnisnahme durch Unbefugte
die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder
eines ihrer Länder gefährden oder ihren Interessen
schweren Schaden zufügen kann (§ 4 Absatz 2
Nummer 2 Sicherheitsüberprüfungsgesetz, § 3 Nummer 2 Verschlusssachenanweisung vom 31. März
2006 i. d. F. vom 26. April 2010). Niemand wird
bestreiten, dass das Bundeskabinett zahlreiche sicherheitssensible, geheimhaltungsbedürftige Themen
erörtert und der Informationszugang oftmals nicht
gewährt werden kann. Hier schien mir allerdings die
Nachfrage geboten, inwiefern im Falle des Informationszuganges nach Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens ein schwerer Schaden für die Interessen
der Bundesrepublik Deutschland drohen würde.
Bedenken habe ich auch gegen den in den Schreiben
des Bundeskanzleramts als Versagungsgrund angeführten „Schutz des Kernbereichs der exekutiven
Eigenverantwortung“ geltend gemacht. Dieser unmittelbar aus der Verfassung abgeleitete Ausschlusstatbestand sollte m. E. nicht immer dann verwendet
werden, wenn und soweit das Vertraulichkeitsinteresse von Bundesbehörden grundsätzlich und abstrakt bereits „bereichsspezifisch“ im IFG z. B. durch
§ 3 Nummer 3 Buchstabe b (Schutz von Beratungen), § 4 (Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses) oder § 3 Nummer 4 (Geheimschutz) geschützt wird, die tatbestandlichen Voraussetzungen
dieser gesetzlichen Ausnahmen aber nicht dargelegt
werden (können).
Der Schutz des Kernbereichs der exekutiven Eigenverantwortung kann m. E. nur in eng begrenzten
Ausnahmefällen Anwendung finden. Darauf hat auch
das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 3. November 2011 ausdrücklich hingewiesen (7 C 3.11).
5.2.2

Die SMS der Bundeskanzlerin und
das IFG

Die SMS der Bundeskanzlerin unterliegen als amtliche Informationen nur dem IFG, soweit sie Teil der
Akten werden.

4. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit

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