Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

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Dokumentationen der Wissenschaftlichen Dienste zu
europa- und verfassungsrechtlichen Fragen sowie
Überlassung einer Kopie der vom Sprachendienst des
Deutschen Bundestages für denselben Abgeordneten
erstellten Übersetzung eines Aufsatzes.
Der Deutsche Bundestag lehnte beide Anträge ab, da
insoweit das IFG nicht anzuwenden sei. Die Widersprüche der Antragsteller blieben erfolglos, aber
nicht ihre Klagen in erster Instanz (VG Berlin, Urteile vom 1. Dezember 2011 - 2 K 91.11 - (UFO) und
vom 14. September 2012 - 2 K 185.11 - (Gutachten,
Dokumentationen und Übersetzung)). Das VG Berlin
betonte den unterstützenden Charakter der Assistenzdienste und hielt das IFG daher für anwendbar.
Während des Berufungsverfahrens wandte sich der
erste Antragsteller an mich und bat um Unterstützung durch ein „Gegengutachten“ zur Vorlage beim
Oberverwaltungsgericht. Dieser Bitte konnte ich
aufgrund meiner unabhängigen und neutralen Stellung als unparteiischer Mittler zwischen Verwaltung
und Bürger nicht entsprechen.
In zweiter Instanz erhielt der Deutsche Bundestag
Recht. Anders als das VG Berlin hielt das OVG Berlin-Brandenburg das IFG für nicht anwendbar und
wies die Klagen ab (Urteile vom 13. November
2013, OVG 12 B 3.12 (UFO) und OVG 12 B 21.12
(Gutachten, Dokumentationen und Übersetzung)
- vgl. Kasten a zu Nr. 5.1.1).
K a sten a z u N r . 5.1.1
OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13. November 2013 - 12 B 21.12 (Leitsatz)
„Die Wissenschaftlichen Dienste und der Sprachendienst des Deutschen Bundestages nehmen bei der
Erstellung von Dokumentationen und Ausarbeitungen oder der Anfertigung von Übersetzungen für
Abgeordnete keine Verwaltungsaufgabe im materiellen Sinne wahr. Unabhängig von der formellen Einordnung der Dienste in die Verwaltung des Bundestages ist ihre mandatsbezogene Tätigkeit der Wahrnehmung parlamentarischer Angelegenheiten zuzuordnen, die vom Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes ausgenommen ist.“
Das OVG Berlin-Brandenburg vertritt die Auffassung, die Erstellung von Dokumentationen, Ausarbeitungen und Übersetzungen durch die Wissenschaftlichen Dienste und den Sprachendienst des
Bundestages sei nicht als Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben im materiellen Sinne anzusehen;
die fraglichen Unterlagen unterlägen deshalb nicht
dem Informationszugang nach § 1 Absatz 1 IFG.
Auch das OVG geht hier zwar grundsätzlich von
dem in Rechtsprechung und rechtswissenschaftlicher

Drucksache 18/1200

Literatur herrschenden (weiten) funktionalen Behörden- und Verwaltungsbegriff des § 1 Absatz 1 IFG
aus, sieht die Arbeit der wissenschaftlichen Dienste
jedoch mit Blick auf die Entstehungsgeschichte des
IFG und den engen Zusammenhang dieser unterstützenden Tätigkeiten mit der verfassungsrechtlich
geprägten Mandatsausübung der Abgeordneten nicht
mehr als behördliche Verwaltungstätigkeit i. S. d.
IFG an (vgl. Kasten b zu Nr. 5.1.1).
K a sten b z u N r . 5.1.1
Bundestagsdrucksache 15/4493, S. 8
„Nach § 1 Absatz 1 soll nur der spezifische Bereich
der Wahrnehmung parlamentarischer Angelegenheiten (insbesondere Gesetzgebung, Kontrolle der Bundesregierung, Wahlprüfung, Wahrung der Rechte des
Bundestages und seiner Mitglieder - z. B. in Immunitätsangelegenheiten, bei Petitionen und bei Eingaben
an den Wehrbeauftragten -, parlamentarische Kontakte zu in- und ausländischen sowie supranationalen
Stellen) (...) vom Informationszugang ausgenommen
bleiben.“
Aus der nicht abschließenden, regelbeispielartigen
Aufzählung in der Gesetzesbegründung schließt das
OVG auf einen umfassend beabsichtigten Ausschluss
des IFG auch bei vorbereitenden Hilfstätigkeiten, die
nicht durch die Abgeordneten „höchstpersönlich“
vorgenommen werden, für eine effektive Wahrnehmung ihrer Pflichten und Rechte aber auch aus meiner Sicht unverzichtbar sind.
Beide Kläger haben Revision beim Bundesverwaltungsgericht eingelegt. Über den Fortgang der Verfahren werde ich berichten.
5.1.2

Wer nutzt welche Schreibgeräte?

Der Rechtsstreit um Auskünfte über die Beschaffung
von Schreibgeräten und Digitalkameras für Abgeordnete des Deutschen Bundestages ist noch nicht
endgültig abgeschlossen.
Im 3. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit hatte
ich über den erfolglosen IFG-Antrag eines Journalisten berichtet, der die Verwaltung des Deutschen
Bundestages anschließend auf „Herausgabe von
Ablichtungen aller Unterlagen zum Sachleistungskonsum der Abgeordneten des 16. Deutschen Bundestages im Jahre 2009 bezüglich der Montblanc-Schreibgeräte und Digitalkameras“ verklagt
hatte (3. TB Nr. 5.1.5).
Das VG Berlin hielt hier wegen des starken Schutzes
mandatsbezogener Informationen (§ 5 Absatz 2 IFG)
den Zugang nur nach vorheriger Einwilligung für
eröffnet; deshalb sei eine (Dritt-)Beteiligung der
betroffenen Abgeordneten geboten und der Kläger
4. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit

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