Drucksache 18/1200

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auf eigenes oder fremdes Urheberrecht der Informationsgewährung zu entziehen. Bei näherer Betrachtung stellt man allerdings fest, dass ein solcher Einwand nur in wenigen Fällen tatsächlich berechtigt ist.
Erste und notwendige, aber allein nicht hinreichende
Voraussetzung eines urheberrechtlichen Schutzes ist
die „Werkhöhe“ der fraglichen Unterlagen als „persönliche geistige Schöpfung“ (§ 2 Absatz 2 UrhG).
Diese kann einerseits in der Gedankenformung und
-führung liegen, andererseits aber auch in der Form
und Art der Sammlung, der Einteilung und Anordnung des dargebotenen Stoffs. In jedem Fall bedarf
es jedoch einer dem Schöpfer zuzurechnenden Individualität des Werkes. Viele amtliche Informationen
werden diesen Anforderungen nicht genügen. Wo
dies nach Auffassung der Behörde doch der Fall ist,
obliegt es ihr, Kriterien für das Vorliegen eines
Werks im Einzelnen darzulegen. Das VG Berlin hat
in seinem Urteil zum „UFO-Gutachten“ des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages
(vgl. Nr. 5.1.1 und 3. TB Nr. 5.1.1) den Einwand
entgegenstehenden Urheberrechts schon deshalb
zurückgewiesen, weil das Vorbringen des Deutschen
Bundestages sich darauf beschränkt habe, das Vorliegen eines Werkes zu behaupten, ohne diese Behauptung jedoch - für das Gericht überprüfbar durch Ausführungen zum konkreten Inhalt der Ausarbeitung mit Inhalt zu füllen (VG Berlin, Urteil vom
1. Dezember 2011 - 2 K 91.11 -).
Kann die erforderliche Werkhöhe der begehrten Informationen hinreichend belegt werden, stellt sich
mit Blick auf die unterschiedlichen Urheber innerhalb und außerhalb der Verwaltung anschließend die
Frage, in welchen Fallkonstellationen die Behörde
sich überhaupt auf Urheberrechte berufen kann. Zu
unterscheiden ist dabei zwischen sog. amtlichen
Werken, Werken Dritter, die im Auftrag der Behörde
erstellt wurden, und sonstigen Werken Dritter.
Amtliche Werke, d. h. von Behördenmitarbeitern in
Ausübung ihres Dienstes erstellte Werke, können
zwar grundsätzlich urheberrechtlichen Schutz genießen. § 5 UrhG nimmt hiervon jedoch Gesetze, Verordnungen, amtliche Erlasse, Bekanntmachungen
und Entscheidungen sowie andere amtliche Werke,
die im amtlichen Interesse zur allgemeinen Kenntnisnahme veröffentlicht worden sind, aus. Bei den
verbleibenden amtlichen Werken wird die Auffassung vertreten, der Mitarbeiter räume seiner Behörde
konkludent die Nutzungsrechte ein, die für die Gewährung eines Informationszugangs nach dem IFG
erforderlich sind. Da die Beschäftigten im öffentlichen Dienst im Auftrag und auf Weisung ihres
Dienstherren tätig sind und hierfür bezahlt werden,
können die Nutzungsrechte am Ergebnis ihrer Arbeit
nur beim Dienstherrn liegen. Dieser kann sich der
4. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

gesetzlichen Pflicht zur Informationsgewährung dann
aber nicht unter Hinweis auf diese eigenen Nutzungsrechte entziehen.
Auch bei Werken Dritter, die im Auftrag einer Behörde erstellt wurden, wird sich die Behörde in aller
Regel vertraglich die Nutzungsrechte einräumen
lassen, die sie benötigt, um das Werk im Rahmen
ihrer behördlichen Aufgaben zu nutzen. Hierzu gehören auch die Rechte, die notwendig sind, um Informationsansprüche nach dem IFG zu erfüllen. Soweit
die eingeräumten Nutzungsarten in der vertraglichen
Vereinbarung mit dem privaten Urheber nicht ausdrücklich einzeln bezeichnet sind, „bestimmt sich
nach dem von beiden Partnern zugrunde gelegten
Vertragszweck, auf welche Nutzungsarten es sich
erstreckt“ (§ 31 Absatz 5 Satz 1 UrhG). Primärer
Vertragszweck ist die Erfüllung einer bestimmten
Verwaltungsaufgabe mit Hilfe des „zugelieferten“
fremden Know How. Dies schließt aber nicht aus,
auch weitere, allgemeine, nicht spezifisch auf das
Vorhaben und die dahinter stehende Verwaltungsaufgabe bezogene gesetzliche Verpflichtungen als
sekundäre Zwecke anzusehen und auf diesem Wege
eine Übereinstimmung zwischen Informationszugangs- und Urheberrecht zu erzielen. Wer mit der
Verwaltung Geschäfte macht, muss wissen, dass die
Verwaltung an Recht und Gesetz und damit auch an
gesetzliche Transparenzpflichten gebunden ist, die
vertraglich nicht abbedungen werden können.
Als für den Ausnahmetatbestand des § 6 Satz 1 IFG
relevante Fallgruppe bleiben danach nur solche Werke Dritter, die sich zwar in den Unterlagen der Behörde befinden, aber nicht im Auftrag der Behörde
erstellt worden sind, sondern aus anderen Gründen
z. B. im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens
„unfreiwillig“ zu den amtlichen Unterlagen gelangt
sind. Hier ist durchaus denkbar, dass Rechte des
Urhebers einem Informationszugang entgegenstehen.
Welche konkreten Rechte dann in Betracht kommen,
hängt insbesondere von der Art des Informationszugangs ab.
Beim Zugang in Form der Akteneinsicht steht die
Frage eines Eingriffs in das Veröffentlichungsrecht
des Urhebers im Raum. Nach § 12 Absatz 1 UrhG
hat der Urheber das Recht, selbst zu bestimmen, ob
und wie sein Werk veröffentlicht werden darf. Veröffentlicht wird ein Werk, wenn die Allgemeinheit,
also ein individuell nicht bestimmbarer Personenkreis Kenntnis von einem Inhalt nehmen kann. Das
VG Berlin (Urteil vom 1. Dezember 2011
- 2 K 91.11 -) hat eine IFG-Akteneinsicht nicht als
Veröffentlichung gewertet, da dabei nur der Antragsteller, nicht aber die Allgemeinheit Zugang zu
der fraglichen Ausarbeitung erhalte. Auch die Überlegung, dass außer dem Antragsteller weitere Perso-

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