Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
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Entwicklung der Informationsfreiheit
im Überblick
2.1
Die Entwicklung in Deutschland
2.1.1
Evaluation des IFG
Der vom Innenausschuss des Deutschen Bundestages
in Auftrag gegebene Evaluationsbericht zeigt zahlreiche Optimierungsmöglichkeiten für das IFG auf.
Die legislative Umsetzung steht noch aus.
Nachdem die Evaluation des IFG bereits im Vorberichtszeitraum angelaufen war (vgl. 3. TB Nr. 2.3),
hat das Institut für Gesetzesfolgenabschätzung und
Evaluation der Verwaltungshochschule Speyer dem
Innenausschuss des Deutschen Bundestages am
22. Mai 2012 seinen 565 Seiten starken Evaluationsbericht vorgelegt
(http://www.informationsfreiheit.bund.de).
Dieser kommt zu dem auch aus meiner Sicht erfreulichen Ergebnis, dass das Recht auf Informationszugang aktiv in Anspruch genommen wird (Zusammenfassung und Empfehlungen zur Weiterentwicklung des IFG vgl. S. 434 bis 453).
Ein Zusammenhang zwischen proaktiver Informationspolitik und individuellem Informationszugang auf
Antrag werde (allerdings) von den Behörden häufig
nicht hergestellt. Dies deute darauf hin, „dass das
subjektive Recht auf Informationszugang nicht immer in den Kontext einer auf Verbesserung der Information der Bürgerinnen und Bürger gerichteten
systematischen policy der Behörden“ gestellt werde.
Der Bericht behandelt nacheinander mehrere Konflikt- und Untersuchungsfelder.
Erstes Konflikt- und Untersuchungsfeld
- Anwendungsbereich
Hinsichtlich des Anwendungsbereiches ergaben die
Behördeninterviews, dass die IFG-Antragsteller als
Rechtsanwälte, Journalisten, Interessenverbände häufig von einem speziellen wirtschaftlichen Interesse
geleitet würden oder eine persönliche Betroffenheit
aufwiesen. Im Verhältnis zu den steigenden Anfragen von Rechtsanwälten verlören Bürgeranfragen
zunehmend an Gewicht. Von Behördenseite werde
daher bezweifelt, dass die vom Gesetzgeber gewollte
Transparenz und Beteiligung des „Normalbürgers“
tatsächlich gefördert werde. Aus meiner Sicht ist
hierzu anzumerken, dass der im Frühjahr 2012 abgeschlossene Evaluationsbericht die erneute Verdoppelung der Antragszahlen (auch) im Jahr 2012 noch
nicht berücksichtigen konnte und auch im Berichtszeitraum zahlreiche Bürgerinnen und Bürger ihr
Informationsrecht in Anspruch genommen haben,
Drucksache 18/1200
ohne dass dabei ein „professionelles“ oder spezifisch
„wirtschaftliches“ Transparenzinteresse ausschlaggebend gewesen sein dürfte.
Im Übrigen gewährt das Informationsfreiheitsgesetz
den Informationszugang unabhängig von der
- wirtschaftlichen oder ideellen - Motivation der Antragsteller.
Zweites Konflikt- und Untersuchungsfeld
- Interesse des Bürgers am Informationszugang
versus effektives Verwaltungshandeln
Das zweite Untersuchungs- und Konfliktfeld wird
durch das Interesse des Bürgers am Informationszugang einerseits und das Interesse der Behörden an
effizientem Verwaltungshandeln andererseits definiert. Dieses Konfliktfeld umfasst die Bereiche Bearbeitungsfrist, Verwaltungsaufwand und die Auswirkungen auf die Aufbau- und Ablauforganisation
der Dienststellen. Hier kommt der Bericht zu dem
Ergebnis, die Behörden akzeptierten zwar die Monatsfrist des § 7 Absatz 5 IFG für die Bearbeitung
von Anträgen, sähen aber Probleme bei der fristgerechten Bearbeitung von umfangreichen und komplexen Anfragen sowie bei Drittbeteiligungsverfahren. Hiermit sei ein Verwaltungsaufwand verbunden,
der kaum zu bewältigen sei. Vor dem Hintergrund
knapper Personalressourcen könne die Erledigung
aus Sicht der befragten Behörden nur über Prioritätensetzung erfolgen. Bei der Behördenbefragung
wurde die fehlende Regelung eines gesetzlichen
Ausschlusstatbestandes für Fälle (extrem) hohen
Verwaltungsaufwandes gerügt, der allerdings - jedenfalls nach meinen Erfahrungen - eine eher seltene
Ausnahme darstellt.
Die Soll-Bearbeitungszeit wird nach den Feststellungen des Evaluationsteams „in der Praxis in nahezu
jedem dritten Fall überschritten“. Die Antragsteller
kritisierten deshalb die schleppende Behandlung und
die geringen Möglichkeiten, sich dagegen zur Wehr
zu setzen.
Drittes Konflikt- und Untersuchungsfeld
- Gebühren und Auslagen
Beim dritten Konfliktfeld, nämlich der Erhebung von
Gebühren und Auslagen für den Informationszugang,
ergab die Behördenbefragung, dass seit 2007 „ganz
überwiegend keine Gebühren erhoben“ worden seien, bei sehr umfangreichen Anfragen mit hohem
Verwaltungsaufwand sowie bei „Vielantragstellern“
die Gebührenerhebung allerdings „zuweilen als
Steuerungsmittel“ eingesetzt werde (S. 436).
Diese Feststellungen kann ich im Wesentlichen bestätigen. Sofern in einzelnen Fällen erforderlich, habe
4. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit