Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
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Gebühren lässt sich jedenfalls nicht mit dem Schutz
der journalistischen Arbeit rechtfertigen.
Ich habe den Antragsteller auf einen Beschluss der
Konferenz der Informationsfreiheitsbeauftragten in
Deutschland hingewiesen. Diese hat vor dem Hintergrund der unbefriedigenden Rechtslage bereits in
ihrer Entschließung vom 24. Juni 2010 gefordert, das
Recht auf Informationszugang auch gegenüber den
öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gelten zu
lassen, sofern nicht deren grundrechtlich geschützte
journalistisch-redaktionelle Tätigkeit berührt ist (die
Entschließung ist abrufbar unter www.bfdi.bund.de).
5.15.4
Die SOKA-BAU darf schweigen
Die „Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft/Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes AG“ (SOKA-BAU) ist als Einrichtung der Tarifparteien keine Behörde und deshalb nicht verpflichtet, nach dem IFG Auskunft zu geben.
Als Sozialkasse der Bauwirtschaft gleicht die
SOKA-BAU branchentypische Nachteile aus, wie sie
insbesondere saisonal und witterungsabhängig bestehen. Arbeitsausfälle und entsprechend niedrigere
Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung hätten
ansonsten spürbare Einbußen bei der gesetzlichen
Rente zur Folge. Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt ist
die Förderung und Finanzierung der Berufsausbildung in der Bauwirtschaft.
Im Zusammenhang mit einem Insolvenzverfahren
stellte eine Rechtsanwältin bei der SOKA-BAU Antrag auf Informationszugang nach dem IFG. Sie bat
um Auskunft über etwaige Vollstreckungsaufträge,
Mahnschreiben und Zahlungsaufforderungen zu den
Beitragskonten des Insolvenzschuldners bei der SOKA-BAU. In dem IFG-Antrag wurde die SOKA-BAU auf einen Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. November 2010 - 7 B 43.10 hingewiesen, nach dem die Bestimmungen der Insolvenzordnung über die Erteilung von Auskünften
nach §§ 97, 101 Insolvenzordnung und § 242 BGB
dem Informationsfreiheitsgesetz nicht als spezielle
Regelungen vorgehen (3. TB Nr. 5.10.3).
Die SOKA-BAU lehnte den Antrag auf Informationszugang mit der Begründung ab, sie sei keine Behörde und auch kein sonstiges Bundesorgan im Sinne
des IFG und deshalb nicht zur Auskunft verpflichtet.
Die
Petentin
bat
mich
daraufhin,
die
SOKA-BAU zur Auskunftserteilung zu veranlassen.
Ich musste ihr allerdings mitteilen, dass die
Rechtsauffassung der SOKA-BAU dem Gesetz entspricht. Das IFG verpflichtet nur die Behörden des
Bundes zur Auskunft (§ 1 Absatz 1 Satz. 1). Unter
„Behörde“ versteht es dabei jede Stelle des Bundes,
die Aufgaben öffentlicher Verwaltung wahrnimmt.
Drucksache 18/1200
Die SOKA-BAU ist danach jedoch keine Behörde
des Bundes, sondern eine gemeinsame Einrichtung
der Tarifvertragsparteien der Bauwirtschaft. Sie wird
getragen vom Zentralverband des Deutschen Baugewerbes e. V. (ZDB), dem Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e. V. (HDB) und der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU). Ihre
Gründung ist nicht durch öffentlich-rechtlichen Errichtungsakt, sondern freiwillig durch Zusammenschluss der beteiligten juristischen Personen des
Zivilrechts erfolgt. Die SOKA-BAU erfüllt keinen
gesetzlichen Auftrag. Ihre Finanzierung erfolgt durch
Mitgliedsbeiträge, nicht durch Haushaltsmittel des
Bundes. Im Vorstand, Aufsichts- und Verwaltungsrat
arbeiten keine Vertreter aus Bundesministerien mit.
Sie übt damit weder Verwaltung im funktionalen
Sinne aus, ist also keine dem IFG nach § 1 Absatz 1
Satz 1 unterworfene Bundesbehörde, noch ist sie
„sonstiges“, mit der Wahrnehmung staatlicher Aufgaben auf Bundesebene betrautes Organ i. S. d. § 1
Absatz 1 Satz 2 IFG.
Die SOKA-Bau ist auch keine juristische Person des
Privatrechts, derer sich eine Bundesbehörde zur Erfüllung ihrer Aufgaben bedient (§ 1 Absatz 1 Satz 3
IFG).
Sie unterliegt daher nicht der Informationspflicht
nach dem IFG.
5.15.5
Zugang zu Informationen bei der
Wirtschaftsprüferkammer
Auf die Wirtschaftsprüferkammer ist das IFG grundsätzlich anwendbar.
Ein Petent hatte mich um Prüfung gebeten, ob die
Wirtschaftsprüferkammer und die Abschlussprüferaufsichtskommission Behörden i. S. d. IFG und damit im Rahmen dieses Gesetzes auskunftspflichtig
sind.
Grundsätzlich gilt: Organe der berufständischen
Körperschaften (z. B. Handelskammern, Handwerkskammern, Rechtsanwaltskammern) sind zumeist keine Körperschaften des Bundes, so dass für
einen Informationszugang das entsprechende Landesgesetz zur Informationsfreiheit einschlägig wäre,
soweit ein solches existiert. Aber es gibt Ausnahmen:
Die Wirtschaftsprüferkammer ist eine Körperschaft
des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht des Wirtschaftsministeriums untersteht. (§§ 4, 66 des Gesetzes über eine Berufsordnung der Wirtschaftsprüfer
(Wirtschaftprüferordnung)). Sie wird u. a. beim Erlass von Berufsausübungsregeln „in mittelbarer
Staatsverwaltung tätig“ (§ 4 WPO).
Die Abschlussprüferaufsichtskommission ist eine
unter der Rechtsaufsicht des Ministeriums stehende,
4. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit