Zudem erkannte ein weiterer kurzzeitiger Angestellter
des Bauservice M., F.M., der im gleichen Zeitraum wie
der Zeuge P.Pl. im Herbst 2001 für den Bauservice M. gearbeitet hatte, im Oktober 2016 auf dem besagten Foto
des Uwe Mundlos den Kollegen wieder, mit dem er auf
einer Baustelle des Bauservice M. in München gearbeitet hatte. Dieser sei immer mit einem weiteren Arbeiter
zusammen gewesen, S.K. aus Auerbach. Der Zeuge F.M.
gab an, in München habe der Bauservice M. bei den
Sanierungsarbeiten an einem Haus des Bauunternehmers Kurt Fliegerbauer gearbeitet und dort hätten die
Arbeiter ihre richtigen Namen nicht nennen dürfen. Er
habe seine Kollegen nur mit Spitznamen kennengelernt,
die Firma sei insgesamt dubios gewesen. Auch diesem
Zeugen wurden in der Lichtbildervorlage u.a. ein Foto
desjenigen weiteren Arbeiters vorlegt, der nach Ansicht
von BKA und Bundesanwaltschaft eine gewisse Ähnlichkeit mit Uwe Mundlos aufweist, ohne dass der Zeuge
diesen als ehemaligen Arbeitskollegen wiedererkannte.
Dieser Zeuge hatte zuvor keinen Kontakt zu Journalisten.
Die Fraktion DIE LINKE hat sich zudem mit den Aussagen von 14 weiteren ehemaligen Angestellten und
Arbeitern des Bauservice M. befasst, die teilweise
schon im Mai 2013 als Zeugen zu der Frage vernommen
wurden, wer die Fahrzeuge des Bauservice M. gefahren
hatte und welche Fahrzeuge der Bauservice angemietet
hatte und denen dabei auch Lichtbilder von Mundlos
und Böhnhardt vorgelegt worden waren. Alle weiteren
Bauarbeiter, die bis auf wenige Ausnahmen einschlägig
polizei- und justizbekannt sind, und dann erneut im Juli
bis Oktober 2016 als Zeugen zu der Frage einer möglichen Beschäftigung des Uwe Mundlos im Bauservice
M. vernommen wurden, verneinten eine Wiedererkennung des Mundlos und Böhnhardt als Arbeiter beim
Bauservice M.
Die Fraktion DIE LINKE kritisiert in diesem Zusammenhang, dass bei der erneuten Vernehmung der Zeugen
kein Foto von Uwe Böhnhardt in der Lichtbildvorlage
vorhanden war, obwohl der Zeuge P.Pl. ja ausgesagt
hatte, dass dieser u.U. den T4 Transporter des Bauservice M.s bei einem Einsatz auf einer Baustelle in
München gefahren hatte.
Das BKA und Oberstaatsanwalt beim BGH Jochen
Weingarten hatten sich – ebenso wie der Ausschuss
- mit der Frage auseinander gesetzt, dass es sich bei
den Aussagen der Zeugen, die sich größtenteils seit
den 1990er Jahren aus der so genannten »Hoonara«Szene (Hooligans-Nazis-Rassisten), aus der Chemnitzer
Neonaziszene um die »Blood&Honour«-Sektion und
die so genannten »88er« um Jan Werner und Thomas
Starke, aus der Zwickauer Neonaziszene um M. und aus
der »Hammerskin Nation« kennen, um abgesprochene
Aussagen gehandelt haben könnte. Oberstaatsanwalt
Jochen Weingarten hatte diese Zeugen in seiner Vernehmung durch den Untersuchungsausschuss der 18.
Wahlperiode als »harte Rechtsextremisten« bezeichnet,
bei denen es ein »abstraktes Risiko« gäbe, »dass die
mich anlügen«.84
84

vgl. Protokoll der Befragung des Zeugen Jochen Weingarten vom 9.

30

Die Fraktion DIE LINKE stellt fest, dass zwei Zeugen die
Vernehmer der sächsischen Polizei offenkundig angelogen haben, ohne dass die vernehmenden Beamten und
das BKA dies vermerkt hätten: Dabei handelt es sich
u.a. um den Zeugen S.K., einen einschlägig vorbestraften Aktivisten der sächsischen »Hammerskins«, der
Uwe Mundlos nachweislich seit 1994 kennt und dessen
Handynummer in Telefonspeichern von M. ebenso wie
bei dem am OLG München als Unterstützer der Terrorgruppe NSU Angeklagten André Eminger eingetragen
war. Den Ausschüssen der 17. und 18. Wahlperiode
lagen die polizeiliche Kontrollliste und die nachfolgenden Ermittlungsakten aus einem Strafverfahren wegen
Verstoß gegen § 86a StGB aus dem August 1994 gegen
Uwe Mundlos, S. K., Enrico R. und elf weitere Neonazis
aus Chemnitz und Straubing bei einer Neonaziparty an
einem Baggersee bei Straubing vor. Während Enrico
R. in seinen BKA-Vernehmungen eingeräumt hat, auch
nach Januar 1998 noch Kontakt mit Uwe Böhnhardt und
Uwe Mundlos gehabt zu haben, bestritt S.K. in seiner
Vernehmung im Mai 2013 jegliches Kennverhältnis zu
Uwe Mundlos.
Die Fraktion DIE LINKE geht davon aus, dass S.K. - getreu dem von dem Angeklagten André Eminger anlässlich der Vernehmung des »Hammerskin«-Aktivisten
Thomas G. beim OLG Prozess in München ausgegebenen Motto »Brüder schweigen« - bewusst gelogen hat
und kritisiert, dass das BKA offenbar die vorliegenden
Informationen zu dessen Kennverhältnis mit Mundlos
nicht an die Vernehmer vor Ort weitergegeben hat. Dies
gilt auch für die Aussagen des Zeugen Jörg »Kicke« R.
aus Chemnitz, der ebenfalls für den Bauservice M. arbeitete und der engsten Kontakt zu den Chemnitzer Unterstützern des NSU-Kerntrios hatte. Das Motto »Brüder
schweigen« ist darüber hinaus auch eine Referenz an
die US-amerikanische »White Supremacy«-Terrorgruppe
»The Order«, deren Banküberfälle und rassistischen
Morde in der deutschen Neonazibewegung glorifiziert
werden und als eines der Vorbilder für den NSU gelten.
Insgesamt hat Oberstaatsanwalt Jochen Weingarten in
seiner Aussage vor dem Untersuchungsausschuss der
18. Wahlperiode deutlich gemacht, dass er es »angesichts des Gesamtverhaltens von Böhnhardt, Mundlos
und Zschäpe« eher für unwahrscheinlich halte, dass
Mundlos für den Bauservice M. gearbeitet habe, da
das Baugewerbe ein »Hochsicherheitsgewerbe« sei, wo
»eine Legendierung über falsche Papiere« aufgeflogen
wäre. Die Fraktion DIE LINKE weist darauf hin, dass
die Kontrollen Anfang der 2000er Jahre keineswegs mit
den aktuellen Kontrollen auf Baustellen vergleichbar
sind und herkunftsdeutsche Bauarbeiter in den 2000er
Jahren ohnehin weniger harte Kontrollen zu befürchten
hatten.
Die Fraktion DIE LINKE geht davon aus, dass M. durch
die Protektion des als »Paten von Zwickau« bekannten
Bauunternehmers und hochrangigem Mitglied der
Scientology Sekte, Kurt Fliegerbauer, der der zentrale
Auftraggeber für den Bauservice M. sowie der VermieJuni 2016, 23. Sitzung

Select target paragraph3