Drucksache 17/8638
–6–
gen oder daran mitwirken, zu Verkehrsdaten nach § 96
Absatz 1 Nummer 1 bis 4 des Telekommunikationsgesetzes und sonstigen zum Aufbau und zur Aufrechterhaltung
der Telekommunikation notwendigen Verkehrsdaten verlangen können. Verkehrsdaten in diesem Sinne sind beispielsweise die Nummer oder Kennung der an einer Telekommunikation beteiligten Anschlüsse, das Ende und der
Beginn der jeweiligen Verbindung sowie bei mobilen
Anschlüssen die Standortdaten. Nach § 8a Absatz 2 Nummer 5 BVerfSchG, § 3a Satz 1 BNDG, § 4a MADG kann
darüber hinaus bei denjenigen, die geschäftsmäßig Teledienste erbringen oder daran mitwirken, zu Merkmalen
der Identifikation des Nutzers eines Teledienstes, zu Angaben über Beginn und Ende sowie über den Umfang der
jeweiligen Nutzung und zu Angaben über die vom Nutzer
in Anspruch genommenen Teledienste Auskunft verlangt
werden.
Auskunftsverlangen gegenüber Telekommunikationsund Teledienstleistern nach § 8a Absatz 2 Nummer 4 und 5
BVerfSchG müssen vom Leiter des jeweiligen Dienstes
oder seinem Stellvertreter beantragt, vom Bundesministerium des Innern bzw. (im Falle des BND) vom Bundeskanzleramt angeordnet werden und bedürfen der Bestätigung durch die G-10-Kommission, die außer bei Gefahr
im Verzug grundsätzlich vor Vollzug der Maßnahme einzuholen ist (vgl. § 8a Absatz 4 Satz 2 und 4, Absatz 5
Satz 1 bis 5 BVerfSchG, § 2a Satz 4 BNDG, § 4a Satz 1
MADG).
Die Anordnung einer Auskunft über künftig anfallende
Daten ist auf höchstens drei Monate zu befristen. Die Verlängerung um jeweils nicht mehr als drei Monate ist auf
Antrag zulässig, soweit die Voraussetzungen der Anordnung
fortbestehen (§ 8a Absatz 4 Satz 5 und 6 BVerfSchG).
Auskünfte über Begleitumstände der Telekommunikation
und der Nutzung von Telediensten können wichtige Aufschlüsse über das Umfeld von Personen geben, bei denen
tatsächliche Anhaltspunkte für terroristische oder anderweitig sicherheitsrelevante Bestrebungen vorliegen. Verkehrs- und Nutzungsdaten ermöglichen es beispielsweise,
weitere Beteiligte terroristischer Netzwerke zu erkennen
und damit zusätzliche Ermittlungen zielgerichtet vorzubereiten. Die Auskunft über Verbindungsdaten von Mobilfunkgeräten ermöglicht es, über die Lokalisierung der
Funkzelle den Aufenthaltsort ohne Observation nachzuvollziehen und weitere Ermittlungsmaßnahmen vorzubereiten. Auch die Bestimmung des Standortes eines genutzten Gerätes bei der Telekommunikation im Festnetz
und die auf der Grundlage der Verbindungsdaten erstellten Kommunikationsprofile können wichtige Aufschlüsse
über die Kommunikationsbeziehungen der Personen oder
Organisationen geben, die der Beobachtung unterliegen.
Häufig werden Auskunftsverlangen im Sinne des § 8a
Absatz 2 Nummer 4 und 5 BVerfSchG daher im Vorfeld
oder parallel zu Maßnahmen der Telekommunikationsüberwachung nach dem G 10 durchgeführt.
Im Jahr 2010 wurden insgesamt 43 Auskunftsverlangen
bei Telekommunikations- und Teledienstleistern bezüg-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
lich Verkehrs- und Nutzungsdaten durchgeführt. Im Jahre
2009 waren es 55.
Die 43 Auskunftsverlangen betrafen insgesamt 114 Personen. Dabei bestand bei 65 Personen der Verdacht, dass
sie selbst die Gefahr, um deren Aufklärung es ging, fördern (sog. Hauptbetroffene nach § 8a Absatz 3 Nummer 1
BVerfSchG). Bei den übrigen 49 Personen war anzunehmen, dass sie für einen der Hauptbetroffenen bestimmte
von ihm herrührende Mitteilungen entgegennehmen oder
weitergeben, oder dass ihr Anschluss von einem der
Hauptbetroffenen genutzt wird (sog. Nebenbetroffene
nach § 8a Absatz 3 Nummer 2 BVerfSchG).
Fast alle Auskunftsverlangen (42) wurden – wie in den
vergangenen Jahren – vom BfV durchgeführt. Der MAD
führte ein Auskunftsverlangen durch. Der BND machte
von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch.
Der weitaus überwiegende Teil der Auskunftsverlangen
diente der Aufklärung von Bestrebungen im ausländischen extremistischen Bereich (§ 3 Absatz 1 Nummer 3
und 4 i.V.m. § 8a Absatz 2 Satz 1 BVerfSchG). In vielen
Fällen ergaben oder bestätigten sich dabei – wie bereits
im Jahr zuvor – tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht der Planung oder Begehung von Straftaten nach
§ 129b des Strafgesetzbuches (terroristische Vereinigungen im Ausland), so dass parallel oder anschließend Maßnahmen der Überwachung des Telekommunikationsverkehrs nach § 3 Absatz 1 Nummer 6a G 10 eingeleitet
wurden. Andere Auskunftsverlangen dienten der Aufklärung geheimdienstlicher Tätigkeiten für eine fremde
Macht (§ 3 Absatz 1 Nummer 2 i.V.m. § 8a Absatz 2
Satz 1 BVerfSchG).
Ta b e l l e 6
Auskunftsverlangen bei Telekommunikations- und
Teledienstleistern von 2002 bis 2010
BfV
BND
MAD
Summe
2002
21
2
3
26
2003
9
3
2
14
2004
22
1
1
24
2005
20
0
1
21
2006
14
0
0
14
2007
34
2
2
38
2008
48
2
2
52
2009
54
0
1
55
2010
42
0
1
43
Summe
264
10
13
287