– 95 –
tion als Zentralstelle der Polizeien des Bundes und der Länder Informationen über bestimmte gesellschaftliche bzw.
gesellschaftspolitische Erscheinungen bzw. Entwicklungen
(z. B. Globalisierungsgegner, islamische Fundamentalisten,
rechte Kameradschaften) unter polizeifachlichen Gesichtspunkten auswertet. Dadurch sollen Erkenntnisse insbesondere für Maßnahmen der Verbrechensverhütung gewonnen
werden. Zu diesem Zweck werden in den jeweiligen Auswertedateien Personendaten anhand von Berichten, Meldungen und sonstigen Informationen, z. B. auch polizeiliche Erkenntnisanfragen, unabhängig davon gespeichert, ob zum
Zeitpunkt der Speicherung strafrechtlich oder polizeirechtlich relevante Erkenntnisse zu der betroffenen Person vorliegen.
Zu dieser Kategorie von Auswertedateien gehört auch die
Datei „Global“. Sie ist vor dem Hintergrund der zum Teil
gewalttätigen Auseinandersetzungen bei Demonstrationen
von Globalisierungsgegnern anlässlich des EU-Gipfels in
Göteborg und des Weltwirtschaftsgipfels der G8-Staaten in
Genua im Sommer 2001 eingerichtet worden. Die Datei
dient dem Erkennen von Zusammenhängen in Bezug auf
Ereignisse, Institutionen bzw. Gruppierungen sowie Personen im Zusammenhang mit gewalttätigen Aktionen und anderen Straftaten militanter Globalisierungsgegner. Gespeichert werden Meldungen sowie Erkenntnisse, die im
unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit einschlägigen Straftaten stehen. Datenschutzrechtlich problematisch ist hier vor allem der von der Speicherung betroffene
Personenkreis, der allein durch die genannte Zweckbeschreibung bestimmt wird. Die in der Errichtungsanordnung zu der Datei gewählte Formulierung halte ich vor dem
Hintergrund des § 34 Abs. 1 Nr. 3 BKA-Gesetz, wonach in
einer Errichtungsanordnung der Personenkreis, über den
Daten gespeichert werden sollen, konkret festzulegen ist,
für zu undifferenziert und zu unbestimmt. Ziel dieser Regelung ist es, den Betroffenen das Auffinden der für sie relevanten Daten zu ermöglichen. Im Rahmen des Anhörungsverfahrens zu der Errichtungsanordnung habe ich deshalb
darauf gedrungen, den Personenkreis, über den Daten gespeichert werden sollen, möglichst präzise zu beschreiben.
Dabei muss gewährleistet sein, dass nur polizeirelevante Informationen zur Speicherung in der Datei führen; wohingegen Informationen über sonstiges Verhalten, z. B. über die
bloße Teilnahme an einer derartigen Demonstration, hierfür
nicht ausreichen. Aus meiner Sicht ist es zudem geboten,
dass das BKA die ihm jeweils übermittelte personenbezogene Information zügig auf ihre polizeiliche Relevanz hin
überprüft und nicht die Aussonderungsprüffrist von drei
Jahren abwartet, um feststellen zu können, ob sich die Information in diesem Zeitraum entsprechend verdichtet hat. Das
Anhörungsverfahren zu der Errichtungsanordnung war bei
Redaktionsschluss zu diesem Tätigkeitsbericht noch nicht
abgeschlossen.
13.3
DNA-Analyse-Datei
Ein Schwerpunkt meiner Kontrolltätigkeit beim Bundeskriminalamt betraf die datenschutzrechtliche Kontrolle der
dort geführten DNA-Analyse-Datei, bezogen auf die DNAIdentifizierungsmuster, die von Bundesstellen erhoben bzw.
in die Datei eingestellt wurden. Von den über 100 000 Datensätzen, die zum Zeitpunkt der Kontrolle im Juni 2001 in
der DNA-Analyse-Datei gespeichert waren, stammten ledig-
lich 173 DNA-Identifizierungsmuster von Polizeistellen des
Bundes, die alle durch das BKA eingestellt worden waren.
Der überwiegende Teil der Datensätze ist – wie auch bei den
anderen Dateien des polizeilichen Informationssystems des
Bundes und der Länder – von den Polizeidienststellen der
Länder erhoben und in der DNA-Analyse-Datei gespeichert
worden. Nach meinen Feststellungen hat das BKA bei der
Erhebung von DNA-Identifizierungsmustern und deren
Speicherung in der DNA-Analyse-Datei die in den §§ 81a ff.
Strafprozessordnung (StPO) normierten Vorraussetzungen
in der Regel beachtet. Abweichungen ergaben sich vor allem in zwei Punkten:
Unter den vom BKA in der Datei gespeicherten Datensätzen
befand sich auch eine größere Anzahl von DNA-Identifizierungsmustern, die von Dienststellen des Bundesgrenzschutzes und der Zollfahndung erhoben und vom BKA in Amtshilfe in die DNA-Analyse-Datei eingestellt worden waren.
Ich habe diese Praxis wegen Verstoßes gegen die einschlägigen Regelungen des BKA-Gesetzes gem. § 25 Abs. 1 BDSG
beanstandet. Der Kreis der Teilnehmer am polizeilichen Informationssystem mit dem Recht, Daten einzugeben und abzurufen, wird durch § 11 Abs. 2 BKA-Gesetz in Verbindung
mit der für jede automatisierte Datei des polizeilichen Informationssystems zu erstellenden Errichtungsanordnung
festgelegt. Bei der dabei unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit zu treffenden Entscheidung ist danach zu differenzieren, welche Behörde vor dem Hintergrund ihres Aufgabenbereichs und der Art der in der jeweiligen Datei
gespeicherten Informationen Zugriff auf diesen Bestand erhalten soll. Die entsprechende Regelung in der Errichtungsanordnung ergeht gem. § 34 BKA-Gesetz mit Zustimmung
der Länder und nach meiner vorherigen Anhörung. Als Ergebnis dieses Verfahrens, über das ich mehrfach berichtet
habe (zuletzt 18. TB Nr. 11.6), ist in der Errichtungsanordnung zur DNA-Analyse-Datei festgelegt worden, dass nur
das BKA und die Landeskriminalämter im Rahmen ihrer
jeweiligen Zuständigkeit gewonnene Daten in die Datei eingeben dürfen. Die Teilnahme von Dienststellen des Bundesgrenzschutzes und der Zollfahndung an dieser Verbundanwendung ist bei Festlegung des Teilnehmerkreises – offenbar
wegen des spezifischen Zuständigkeitsbereichs dieser Bundespolizeien – als nicht erforderlich im Sinne von § 11
Abs. 2 Satz 1 BKA-Gesetz beurteilt worden. Jedenfalls habe
ich während des Anhörungsverfahrens zu der Errichtungsanordnung, das sich über mehr als ein Jahr hingezogen hat, von
derartigen Überlegungen keine Kenntnis erhalten.
Die genannten Regelungen des BKA-Gesetzes beruhen auf
dem Prinzip, dass die eingabe- bzw. abrufberechtigte Behörde gem. § 12 Abs. 2 BKA-Gesetz die datenschutzrechtliche Verantwortung u. a. für die Rechtmäßigkeit der Erhebung und die Zulässigkeit der Eingabe zu tragen hat.
Insbesondere der erste Aspekt setzt notwendig voraus, dass
die betreffende Behörde die Daten selbst erhoben hat, die
Umstände der Informationsgewinnung also kennt und beeinflussen konnte. Nach meinen Feststellungen lagen dem
BKA zu den von ihm eingegebenen Datensätzen des Bundesgrenzschutzes und der Zollverwaltung nur selten Informationen vor, aus denen sich die Umstände der Datenerhebung hinreichend beurteilen ließen. In den meisten Fällen
musste das BKA darauf vertrauen, dass die DNA-Identifizierungsmuster entsprechend den gesetzlichen Vorgaben der
§§ 81a ff. StPO erhoben worden waren. Sinn und Zweck der
BfD 19. Tätigkeitsbericht 2001–2002