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durchgeführten Rasterfahndungsmaßnahmen datenschutzrechtlich zu kontrollieren.
Dabei habe ich festgestellt, dass sich das BKA bei der
Durchführung der o. g. Unterstützungsmaßnahmen im Rahmen der ihm durch das BKA-Gesetz eingeräumten Befugnisse zur Erfüllung seiner Zentralstellenaufgabe gemäß § 2
i. V. m. § 7 BKA-Gesetz gehalten hat. Das gilt sowohl für
das Führen der o. g. Verbunddatei, in welcher der von den
Ländern vorgerasterte Grunddatenbestand gespeichert wird,
als auch für die Durchführung des Datenabgleichs auf der
Grundlage des § 28 BKA-Gesetz. Auch das Ersuchen des
BKA gegenüber diversen nicht öffentlichen Stellen um
Übermittlung von Personaldaten war formell rechtmäßig.
Nach der zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung des § 7
Abs. 2 Satz 2 BKA-Gesetz konnte das BKA Daten erheben,
wenn die Polizeien des Bundes und der Länder nicht über die
erforderlichen Daten verfügt haben. Da die vom BKA erhobenen Abgleichsdaten zum damaligen Zeitpunkt weder beim
Bund noch bei den Ländern existierten und die Landeskriminalämter diese absprachegemäß nicht erheben wollten, lagen
die Voraussetzungen der subsidiären Erhebungsbefugnis des
BKA nach dem Wortlaut des Gesetzes vor. Personenbezogene Daten können auf der Grundlage des § 7 Abs. 2 Satz 2
BKA-Gesetz nicht zwangsweise erhoben werden. Ich habe
das BKA deshalb darauf hingewiesen, im Rahmen seiner Ersuchen an diverse nicht öffentliche Stellen die Freiwilligkeit
der Datenübermittlung ausdrücklich hervorzuheben.
Es ist gleichwohl fraglich, ob es der Intention des Gesetzgebers entsprach, dem BKA mit § 7 Abs. 2 Satz 2 BKA-Gesetz eine Befugnis zur massenhaften Erhebung personenbezogener Daten von Unverdächtigen nach dem Muster von
Rasterfahndungen in den Ländern einzuräumen. Während
der jeweilige Landesgesetzgeber Voraussetzungen und
Schranken für Rasterfahndungsmaßnahmen detailliert und
normenklar geregelt hat – in einigen Ländern unterliegt deren Anordnung dem Richtervorbehalt und der jeweilige
Landesdatenschutzbeauftragte ist von der Durchführung der
Maßnahme zu unterrichten – besteht das einzige Korrektiv
einer Datenerhebung durch das BKA gemäß § 7 Abs. 2
Satz 2 BKA-Gesetz in der Erforderlichkeit für die Erfüllung
seiner jeweiligen Zentralstellenaufgabe. Zwar liegt der wesentliche qualitative Unterschied zu den Rasterfahndungen
in den Ländern zum Zwecke der Gefahrenabwehr darin,
dass personenbezogene Daten auf der Grundlage des § 7
Abs. 2 Satz 2 BKA-Gesetz vom BKA nicht zwangsweise erhoben werden können. In den Fällen, in denen nicht öffentliche Stellen auf das Ersuchen des BKA hin personenbezogene Daten über ihr Personal übermittelt haben, konnte auf
die Anordnung einer Rasterfahndung auf landesgesetzlicher
Rechtsgrundlage und auf die erforderliche Prüfung, inwieweit deren Voraussetzungen vorliegen, aber verzichtet werden. Im Hinblick darauf, dass infolge der Terroranschläge in
den USA nach Angaben des BKA unverzüglich konkrete
Maßnahmen zur Identifizierung ggf. weiterhin in Deutschland aufhältiger potenzieller islamischer Terroristen getroffen werden mussten, habe ich meine Bedenken gegen die
vom BKA durchgeführten Datenerhebungsmaßnahmen zurückgestellt. Der Versuch des BKA, auf der Grundlage des
§ 7 Abs. 2 Satz 2 BKA-Gesetz über die Bundesverbände bestimmter sicherheitsempfindlicher Wirtschaftbereiche rasch
an die für die Durchführung des Abgleichs erforderlichen
Datenbestände zu kommen, schien eine geeignete Maß-

nahme zu sein, zumal sie vom Wortlaut des BKA-Gesetzes
gedeckt war. Der Umstand, dass nur wenige Unternehmen
dem BKA Personaldaten übermittelt haben, der Großteil der
in den Datenabgleich einzubeziehenden Datenbestände damit von den Landeskriminalämtern im Wege der Rasterfahndung nach dem jeweiligen Landespolizeirecht erhoben
werden musste, stellt die Geeignetheit dieser zwischen
Bund und Land abgestimmten Vorgehensweise im Ergebnis
jedoch infrage. Vor diesem Hintergrund sollte künftig auf
eine massenhafte Erhebung personenbezogener Daten durch
das BKA, deren rechtsstaatliche Problematik – vergleichbar
der Rasterfahndung – in der Einbeziehung einer Vielzahl von
Unverdächtigen liegt, verzichtet werden. Für die Durchführung derartiger Maßnahmen stellen die hierfür jeweils geschaffenen landesgesetzlichen Regelungen zur Rasterfahndung eine rechtsstaatlich solidere Grundlage dar als die
derzeit geltenden Normen des BKA-Gesetzes.
Bedauerlich ist, dass die Rasterfahndungen nach mehr als
einem Jahr seit dem Beginn dieser Maßnahme noch nicht
abgeschlossen werden konnten, mit der Folge, dass weder
die Grunddatenbestände noch die erhobenen Abgleichsdatensätze bisher gelöscht werden können. Ich halte es im
Hinblick auf die rechtsstaatliche Problematik der Rasterfahndung für geboten, künftig derartige Maßnahmen zügiger durchzuführen.
13.2

Auswertedateien – neue Wege
der Datenverarbeitung im BKA

Das BKA hat im Berichtszeitraum mit der Errichtung so genannter Auswertedateien neue Wege in der polizeilichen
Datenverarbeitung beschritten. Auswertedateien stellen eine
Art „Vordatei“ dar, in der sämtliche Informationen zu bestimmten, vom BKA durchgeführten Projekten vorläufig
gespeichert und anschließend auf ihre Relevanz für polizeioder ermittlungstaktisches Vorgehen bewertet werden. Der
neue Dateityp ist insbesondere dadurch gekennzeichnet,
dass der Personenkreis, über den Daten gespeichert werden,
allein durch den jeweiligen Zweck der Datei begrenzt wird,
eine Qualifizierung der personenbezogenen Merkmale nach
den Kriterien des § 8 Abs. 1 bis 5 BKA-Gesetz (u. a. Beschuldigte, Verdächtige, Zeugen) hingegen nicht erfolgt.
Die Zulässigkeit der Datenverarbeitung wird dabei allein
auf die Rechtsgrundlage des § 7 Abs. 1 BKA-Gesetz gestützt, wonach das BKA personenbezogene Daten speichern, verändern und nutzen kann, soweit dies zur Erfüllung
seiner jeweiligen Aufgabe als Zentralstelle erforderlich ist.
Die vom BKA betriebenen Auswertedateien können gemäß
ihrer Zweckbestimmung grob in drei Gruppen unterteilt
werden: Auswertedateien zu eigenen Ermittlungsverfahren
des BKA, projektbezogene Auswertedateien sowie Auswertedateien, mit deren Hilfe das BKA in seiner Funktion als
Zentralstelle bestimmte gesellschaftliche bzw. gesellschaftspolitische Entwicklungen unter polizeifachlichen Gesichtspunkten untersucht. Bei den Auswertedateien zu eigenen Ermittlungsverfahren des BKA handelt es sich im Ergebnis
nicht um eine Datei dieses neuen Typs. Vielmehr sind sie,
ebenso wie die Spudok-Dateien, eine Erscheinungsform des
Dateityps „Amtsdatei des BKA“. Ich bin mit dem BKA deshalb darin einig, dass sich die Regelungen der jeweiligen Errichtungsanordnung an den Bestimmungen der §§ 483 ff.
Strafprozessordnung auszurichten haben, da diese Art von
„Auswertedatei“ der Unterstützung des BKA bei dessen

BfD 19. Tätigkeitsbericht 2001–2002

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