– 72 –

angestrebten Zweck, dem Schuldner zu ermöglichen, nach
Abschluss des Insolvenzverfahrens wieder unbelastet am Geschäftsverkehr teilzunehmen.
Bei der vom Gesetzgeber verabschiedeten Regelung wurden
– soweit möglich – Sicherungen zum Schutz des Persönlichkeitsrechts der in das Internet eingestellten Schuldner vorgesehen. Aufgrund einer ergänzend in die Insolvenzordnung
eingefügten Ermächtigung hat das BMJ in der Verordnung zu
öffentlichen Bekanntmachungen in Insolvenzverfahren im
Internet (BGBl. 2002 I S. 677) unter anderem festgelegt, dass
die Veröffentlichung nur die personenbezogenen Daten enthalten darf, die nach der Insolvenzordnung bekannt zu machen sind. Weiterhin ist nach dieser Verordnung sicherzustellen, dass die Daten während der Veröffentlichung unversehrt,
vollständig und aktuell bleiben und spätestens nach Ablauf
von zwei Wochen seit dem ersten Tag der Veröffentlichung
nur noch abgerufen werden können, wenn die Abfrage den
Sitz des Insolvenzgerichts und bestimmte weitere Daten des
jeweiligen Falles nennt. Auch ist nach dem Stand der Technik
dafür Sorge zu tragen, dass diese Daten nicht durch Dritte
elektronisch kopiert werden können. Nicht zuletzt schreibt
die Verordnung vor, dass die Veröffentlichung von Daten aus
einem Insolvenzverfahren spätestens einen Monat nach der
Aufhebung oder der Rechtskraft der Einstellung des Insolvenzverfahrens gelöscht wird.
Weiter nahm der Bundestag einen Entschließungsantrag an, in
dem er die Bundesregierung bittet zu prüfen, wie verhindert
werden kann, dass Daten, die nach § 9 InsO im Internet veröffentlicht wurden, nach Ablauf der gesetzlichen Löschungsfrist durch Dritte über das Internet verbreitet werden. In die
Prüfung soll die Frage einbezogen werden, ob insoweit eine
eigenständige Bußgeldvorschrift geschaffen werden soll. Die
Unterrichtung durch die Bundesregierung, an der ich beteiligt
worden bin, ist am 12. Dezember 2002 erfolgt (Bundestagsdrucksache 15/181).
Wenn auch nicht von der gesetzlichen Möglichkeit abgesehen wurde, Bekanntmachungen in Insolvenzverfahren im
Internet zu veröffentlichen, so begrüße ich doch sehr, dass
das federführende BMJ und der Deutsche Bundestag großes
Verständnis für die damit verbundenen Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht der jeweils betroffenen Schuldner gezeigt
und sich nachdrücklich bemüht haben, diese auf das Erforderliche zu begrenzen.
Zu meinem Bedauern wurde allerdings mein Vorschlag, gesetzlich festzulegen, dass Dritte Daten aus amtlichen Bekanntmachungen im Rahmen von Insolvenz- und gleichartigen Verfahren in Papierform nicht über die Fristen der
Verordnung zu § 9 InsO oder andere gleichartige Fristen hinaus im Internet verbreiten dürfen, im Bericht der Bundesregierung nicht aufgenommen. Die durch diesen Vorschlag
berührten wirtschaftlichen Interessen der entsprechenden
Verlage, Auskunfteien und Wirtschaftsinformationsdienste
sollten jedenfalls nicht Anlass dafür sein, Überlegungen
auch in dieser Richtung von vornherein auszuschließen.
Nach Auskunft von Landesbeauftragten für den Datenschutz wenden sich in letzter Zeit bereits jede Woche etwa
ein bis zwei Petenten wegen der Veröffentlichung ihrer Daten aus Insolvenz- oder Zwangsversteigerungsverfahren im
Internet an diese Stellen. Auch wenn es hierbei nicht jeweils
um die Veröffentlichung dieser Daten über bestimmte Fristen hinaus geht, zeigt dies doch auf, wie drängend und sen-

BfD 19. Tätigkeitsbericht 2001–2002

sibel das vorliegende Problem gesehen werden sollte. Gerade auch vor dem Hintergrund der erwähnten Eingaben
sehe ich es als bedenklich an, den Zeitpunkt für weitere Regelungen zum Schutz der Betroffenen, insbesondere für
Bußgeldvorschriften, von vornherein erst an die vorgesehene zweite Stufe der Novellierung des Bundesdatenschutzgesetzes anzubinden, da nach meiner Einschätzung nicht abzuschätzen ist, in welchem Zeitrahmen die zweite Stufe
abgewickelt werden kann.
10.8

Warndateien im Wohnungswesen

Es gibt immer stärkere Bestrebungen der Wohnungswirtschaft, sich durch die Errichtung von regionalen Warndateien vor Mietausfällen durch säumige Mieter zu schützen.
Neben der SCHUFA, die sich um den Anschluss der gewerblichen Wohnungswirtschaft an den Kreis ihrer Vertragspartner bemüht, schließen sich auch mehr und mehr
Wohnungsunternehmen und einzelne Vermieter zu Gläubigerschutzgemeinschaften zusammen und errichten Warndateien.
Hier werden zum Teil sensibelste Daten erhoben, gespeichert und übermittelt, deren Rechtmäßigkeit jedoch zweifelhaft ist. Bereits das Interesse an einer Wohnung kann
dazu führen, dass Betroffene in eine Datei aufgenommen
werden. Wohnungssuchende, die längere Zeit auf Wohnungssuche sind und in dieser Zeit an mehreren Wohnungen Interesse gezeigt haben, fallen Vermietern direkt als
unseriös ins Auge. Detaillierte Fragen nach den Vermögensverhältnissen wie bestehende Ratenzahlungen, Höhe
von Unterhaltszahlungen etc., über Fragen nach der Staatsangehörigkeit bis hin zur Frage nach Personalausweisoder Passnummer sind üblich. Vermieter melden in diese
Warndateien zum Teil verspätete oder unregelmäßige Mietzahlungen (die im Einzelfall z. B. durch Mietminderung
wegen Mangels etc. begründet sein können und nicht unbedingt auf eine generelle Zahlungsunfähigkeit oder -willigkeit hinweisen), vertragswidriges Verhalten oder Verstöße
gegen die Hausordnung.
Das Interesse der Wohnungswirtschaft, „schwarze Schafe“
unter den Mietinteressenten zu erkennen und dadurch das
betriebswirtschaftliche Risiko bei der Vermietung zu verringern, ist nachvollziehbar und verständlich. Doch müssen auf
der anderen Seite auch die Belange der Wohnungssuchenden beachtet werden. Die Wohnung zählt zum Mittelpunkt
des privaten Lebensbereiches. Wenn es möglich ist, dass
durch ungeprüfte Eingaben von Mieterdaten jedermann zum
„Negativmieter“ gestempelt werden kann, dann lässt sich
nicht ausschließen, dass Personen auch unverschuldet und
ohne berechtigten Anlass in diesen Ruf geraten. Auch die
Einwilligung der Betroffenen in dieses Verfahren steht der
datenschutzrechtlichen Bedenklichkeit nicht entgegen. Gerade bei der Mietsituation in Ballungsräumen bleibt Wohnungssuchenden in der Regel keine freie Wahl, ob sie in
diese Art der Datenerhebung und -nutzung einwilligen oder
nicht. Die Rechtmäßigkeit der Einwilligungserklärung nach
dem BDSG dürfte in den meisten Fällen zumindest bedenklich sein.
Die Aufsichtsbehörden befassen sich mit dieser Problematik. Wünschenswert wäre hier die Festlegung auf einen datenschutzrechtlichen Forderungskatalog, den Warndateien
im Wohnungswesen zu beachten hätten.

Select target paragraph3