– 73 –
10.9

Keine Hilfe gegen unerwünschte
Werbeflut?

Die Werbung ist ein wirtschaftlich bedeutender Teil der
Marktwirtschaft. Viele Menschen wollen aber gar keine
Werbung und manche nur bestimmte Werbung. Während
man sich gegenüber Briefwerbung und Wurfsendungen und
dem damit verbundenen überquellenden Briefkasten inzwischen ganz gut wehren kann, ist die Situation bei unverlangter elektronischer Werbung, die in den letzten Jahren einen
enormen Umfang angenommen hat, bis heute sehr unerfreulich, wie man den nachfolgenden beiden Beiträgen entnehmen kann (vgl. darüber hinaus Nr. 11.4). Hier gibt es aber
vielleicht ein Lichtlein am Ende des Tunnels, und zwar Artikel 13 der Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates der Europäischen Union, dem bis zum
31. Oktober 2003 das nationale Recht der Mitgliedsstaaten
entsprechen muss.
Danach ergreifen die Mitgliedsstaaten geeignete Maßnahmen, um (gebührenfrei für die Teilnehmer) sicherzustellen,
dass unerbetene Nachrichten zum Zweck der Direktwerbung grundsätzlich nicht gestattet sind.
Auf jeden Fall verboten ist die Versendung elektronischer
Nachrichten ohne Angabe des Absenders bzw. Auftraggebers oder gültiger Adresse, an die der Empfänger eine Aufforderung zur Einstellung solcher Nachrichten richten kann.
Es bleibt abzuwarten, ob durch diese europäische Richtlinie
die elektronische Werbeflut tatsächlich eingedämmt wird.
Einer Verlagerung der Werbung ins weitere Ausland kann
möglicherweise durch entsprechende Filter in einer Reihe
von Fällen begegnet werden.
10.9.1

Jetzt habe ich aber die Faxen dick!!!

Unerwünschte Werbung ist bei Faxgeräten ein besonders
großes Problem. Hier fallen beim Empfänger nicht nur erhebliche zusätzliche Kosten (Strom, Papier, Toner) an. Zudem wird die bestimmungsgemäße Funktion der Faxanlage
stark beeinträchtigt, weil das Faxgerät in dieser Zeit besetzt
ist und andere wichtige Schreiben weder empfangen noch
gesendet werden können. Besonders ärgerlich ist ein durch
Werbefaxe ausgelöster nächtlicher Papierstau, weil ihn der
Empfänger oft nicht bemerkt (das gilt natürlich auch, wenn
Papier und Toner durch Werbefaxe aufgebraucht werden).
Bei Faxgeräten im Privatbereich ist darüber hinaus besonders störend, dass die Geräte immer noch recht laut sind und
durch nächtliche Werbefaxe die Nachtruhe erheblich beeinträchtigt werden kann.
Nach höchstrichterlicher Rechtssprechung ist unverlangte
Faxwerbung unzulässig und verstößt gegen § 1 des Gesetzes
gegen den Unlauteren Wettbewerb, wenn zwischen Absender und Empfänger keine Geschäftsbeziehung besteht und
auch sonst der Absender nicht annehmen darf, die Zusendung durch Telefax erfolge mit dem mutmaßlichen Einverständnis des Empfängers. Abmahnungen oder Klagen erscheinen allerdings wenig vielversprechend; abgesehen von
dem Aufwand und den Kosten ist häufig der Absender der
Faxwerbung nicht erkennbar. Um Faxpapier, Toner und
Nerven zu sparen, gibt es folgende andere Möglichkeiten:
– Auch für die Faxwerbung gibt es eine so genannte
Robinson-Liste, die im Auftrag des BITKOM (Bundes-

verband Informationswirtschaft, Kommunikation und
neue Medien e. V.) geführt wird.
– Ein Formular zur Eintragung in die Liste ist unter der
Fax-Nr.: 01805/000761 abrufbar. Die Liste gilt allerdings nur für Mitglieder im Bundesverband, die sich zur
Beachtung verpflichtet haben.
– Bei Bestellung von Waren kann man schriftlich widersprechen, dass die Daten für Zwecke der Werbung und
Marktforschung benutzt werden.
– ISDN-Anlagen können Faxe ohne erkennbare Anrufnummer abweisen.
– Bei schwerwiegenden Belästigungen oder bei Bedrohungen kann man bei seinem Telekommunikationsunternehmen eine so genannte Fangschaltung beantragen.
– Wenn man auf eine Bekanntgabe (z. B. aus beruflichen
Gründen) der Faxnummer nicht angewiesen ist, kann
man auf die Veröffentlichung im Telefonverzeichnis verzichten.
– Wenn gar nichts hilft und man die Faxen dick hat, bleibt
nur noch eins: Beantragung einer neuen Faxnummer.
10.9.2

Unerwünschte E-Mails oder
Das kleinere Übel

E-Mails, die Inhaber einer E-Mail-Adresse ungefragt erhalten, werden euphemistisch unerwünscht genannt. Diese Bezeichnung lässt leider nicht den tagtäglichen Kampf und die
Wut der Betroffenen erkennen, die diese wohlgemeinten
Werbebotschaften hervorrufen. Der englischen Bezeichnung „spam“ kann das aufgrund seiner ursprünglichen Verwendung in einer Satiresendung schon eher gelingen. Denn
diese E-Mails haben sich inzwischen zu einer wahren Plage
ausgewachsen. Hinzu kommt das Problem der so genannten
Dialer, die – ebenso unerwünscht installiert – den Internetnutzer nicht nur Zeit und Nerven, sondern auch Geld kosten
(s. u. Nr. 11.4).
Den ratsuchenden Bürgern kann ich kaum Erfreuliches oder
Hilfreiches mitteilen:
Dass nach überwiegend einheitlicher deutscher Rechtsprechung das Versenden unerwünschter E-Mails nicht erlaubt
ist, was aber leider vielfach nicht beachtet wird. Dass die
Versender von spams in vielen Fällen nicht ermittelt werden
können, weil die Absenderadresse und die Identifikationsangaben beim Provider gefälscht sind – da hilft dann auch
der in § 13a Unterlassungsklagengesetz verankerte Auskunftsanspruch des Betroffenen nicht weiter. Dass ein großer Teil dieser E-Mails aus außereuropäischen Staaten
kommt und somit die deutschen oder europäischen Datenschutzgesetze nicht gelten. Dass die spammer inzwischen
nicht nur die im Internet gesammelten und in Verzeichnissen verfügbaren E-Mail-Adressen verwenden, sondern automatisch und systematisch Adressen generieren, sodass es
über kurz oder lang jeden trifft. Dass ein Widerspruch beim
Versender meistens nicht nur wirkungslos ist, sondern diesem lediglich bestätigt, dass es sich um eine aktive E-MailAdresse handelt.
Was nützt da noch ein Eintrag in die Robinson-Liste oder
ein vorsichtiges und zurückhaltendes Umgehen mit der eigenen E-Mail-Adresse, muss sich angesichts dieser Situation jeder Betroffene fragen. Und was tun die Provider? Die

BfD 19. Tätigkeitsbericht 2001–2002

Select target paragraph3