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10.2

Finanzplatz Deutschland – „Förderung“
durch Überwachung?

Die Bundesregierung hat sich in der vergangenen Legislaturperiode das Ziel gesetzt, den Finanzplatz Deutschland
zu fördern. Dabei sollte insbesondere das Vertrauen der inund ausländischen Teilnehmer an Finanztransaktionen in
Deutschland gestärkt werden. Es spielte aber auch – nicht
zuletzt nach dem 11. September 2001 – die Schaffung von
Regelungen zur besseren Bekämpfung krimineller Machenschaften im Finanzsektor eine nicht zu übersehende Rolle.
Hauptsächlich die Vorschriften, die eine leichtere Kontrolle
von Geldflüssen und eine Überprüfung von Konten ermöglichen sollten, stießen auf vielfältigen Widerstand. Dabei
wurde insbesondere die daraus resultierende deutliche Beeinträchtigung von Bürgerrechten kritisiert.
In diesem Rahmen stellte das BMF Überlegungen an, eine so
genannte Konten-Evidenzzentrale beim Bundesaufsichtsamt
für das Kreditwesen (inzwischen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, im folgenden Bundesanstalt genannt) einzurichten. Dadurch sollte ein umfassendes Nachweisregister für alle Giro-, Spar- und Depotkonten, also für
alle in Deutschland geführten Bankkonten, geschaffen werden. Nach kurzer, aber heftiger Diskussion setzte sich jedoch unter meiner entscheidenden Mithilfe die Erkenntnis
durch, dass ein solches bundesweites Register mit einer pauschalen Erfassung von allen, also auch von unbescholtenen
Konteninhabern, nicht praktikabel ist, um Konten terroristischer Organisationen und Einzeltäter aufzudecken. Um der
Geldwäsche, dem illegalen Schattenbankwesen und dem
unerlaubten Betreiben von Bank- und Finanzdienstleistungsgeschäften auf die Spur zu kommen, bedarf es nicht eines bundesweiten Registers über alle Konteninhaber, sondern eines effektiveren Systems, wie die Bundesanstalt die
erforderlichen Informationen erhalten kann, ohne eine Vielzahl von Auskunftsersuchen versenden zu müssen. Um
diesen Zweck zu erreichen, müssen aber weder neue Befugnisse geschaffen noch weitere Eingriffe in das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen vorgenommen
werden.
Nachdem die Idee, eine Konten-Evidenzzentrale einzurichten, nicht mehr weiterverfolgt wurde, ist durch das Vierte
Finanzmarktförderungsgesetz vom 21. Juni 2002 (BGBl. I
S. 2010) eine Rechtsgrundlage für einen automatisierten
Abruf von Kontoinformationen in § 24c des Gesetzes über
das Kreditwesen (KWG) geschaffen worden. Dadurch werden alle Kreditinstitute verpflichtet, ab 1. April 2003 eine
besondere Datei zu führen, aus der die Bundesanstalt in einem von ihr bestimmten Verfahren die Daten automatisiert
abrufen kann. Dabei handelt es sich um Daten, die nicht neu
erhoben werden müssen, sondern bei der kontoführenden
Bank ohnehin vorhanden sind. Diese Daten sind allerdings
bislang nicht in einer Datei zusammengefasst. Im Einzelnen
geht es um die Nummer eines Kontos oder eines Depots sowie den Tag der Errichtung und den Tag der Auflösung.
Darüber hinaus werden der Name (bei natürlichen Personen
auch der Tag der Geburt) des Inhabers und eines Verfügungsberechtigten sowie der Name und die Anschrift eines
abweichend wirtschaftlich Berechtigten erfasst. Diese Daten
sind nach Ablauf von drei Jahren nach der Auflösung des
Kontos oder Depots zu löschen. Jedes Kreditinstitut hat zu
gewährleisten, dass die Bundesanstalt jederzeit Daten aus

dieser Datei automatisiert abrufen kann. Besonders zu betonen ist aus datenschutzrechtlicher Sicht, dass die Kreditinstitute durch technische und organisatorische Maßnahmen
sicherstellen müssen, dass ihnen noch nicht einmal die Tatsache eines Abrufes, geschweige denn die dazu verwendeten Daten zur Kenntnis gelangen. Dieses Verfahren ermöglicht der Bundesanstalt, auf einen Blick festzustellen, mit
welchen Instituten eine bestimmte Person oder ein bestimmtes Unternehmen Kontobeziehungen unterhält. Deutlich
hervorzuheben ist, dass durch diesen automatisierten Abruf
keine Angaben über Kontostand und Kontenbewegungen
übermittelt werden. Vielmehr muss sich die Bundesanstalt
aufgrund der durch diesen Abruf erhaltenen Informationen
gezielt bei dem Institut, bei dem das Konto der betreffenden
Person geführt wird, nach den einzelnen Umsätzen erkundigen.
Die 63. Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes
und der Länder hat im Hinblick auf diese Regelung eine
Entschließung gefasst, in der gefordert wird, dass im Rahmen der praktischen Umsetzung dieser Eingriff zumindest
durch eine aussagekräftige Information gegenüber dem
Kunden transparent gemacht wird (s. Anlage 22). Dies
sollte durch eine Verpflichtung der Geldinstitute zur generellen Information der Kunden erfolgen, die die Kenntnisnahme schriftlich zu bestätigen haben.
Eine weitere beachtenswerte Regelung betrifft das so genannte Kontoscreening. Danach haben die Geldinstitute besondere organisatorische Pflichten bei der Bekämpfung und
Verhinderung der Geldwäsche. Nach dem neu eingefügten
§ 25a Abs. 1 Nr. 4 KWG sind deshalb angemessene Sicherungssysteme zu schaffen, die die Analyse und Kontrolle
von risikoreichen Konten oder Finanztransaktionen unter
dem Gesichtspunkt der Geldwäsche gewährleisten können.
Diese Sicherungssysteme sollen weitgehend automatisiert
durch IT-Lösungen realisiert werden, um die Analyse der
enormen Anzahl von Transaktionen in angemessener Zeit
durchführen zu können. Durch meine Empfehlungen wurde
die Formulierung dieser Regelung noch während der Arbeiten am Gesetzentwurf präzisiert. Die doch erheblich in die
Privatsphäre des Betroffenen eingreifende Vorschrift ist
nunmehr so gefasst, dass die Kontrolle und Analyse auf den
oben beschriebenen Zweck beschränkt ist.
Die beschlossenen Regelungen sind damit im Hinblick auf
die möglichen Auswirkungen einer kriminellen Nutzung
des Finanzsektors aus meiner Sicht akzeptabel. Die Umsetzung der Regelungen in die Praxis werde ich aufmerksam
begleiten.
10.3

Korruptionsregister – wer kommt rein?

Bereits in meinen letzten Tätigkeitsberichten (18. TB
Nr. 8.12, 17. TB Nr. 8.15) habe ich über den Beschluss der
Bundesregierung berichtet, Maßnahmen gegen unzuverlässige Unternehmer einzuleiten. In der letzten Legislaturperiode hatten die Koalitionsfraktionen einen Gesetzentwurf vorgelegt, der die Einrichtung und Nutzung eines
Registers über unzuverlässige Unternehmen regeln sollte.
Der Entwurf enthielt Regelungen, die den öffentlichen Auftraggebern ermöglichen sollten, unzuverlässige Unternehmen zu erkennen, um sie dann möglicherweise von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausschließen zu können. In dem
Gesetzentwurf blieb der konkrete Zweck der Registerabfrage

BfD 19. Tätigkeitsbericht 2001–2002

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