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Auffassung der Bundesregierung und auch nach meiner
Auffassung keine ausreichende Rechtsgrundlage darstellt,
um einen spontanen Informationsaustausch zwischen den
EU-Mitgliedsstaaten zu ermöglichen. Nach der Definition
in Artikel 27 Abs. 1 dieser Verordnung ist das EG-ZIS lediglich als eine Ausschreibungsdatei angelegt. Das seinerzeit von der Kommission vorgestellte Software-Programm,
das es ermöglichte, komplexe Sachverhalte bildlich darzustellen und Querverbindungen zu anderen Sachverhalten
aufzuzeigen, ging hierüber weit hinaus.
Inzwischen hat sich die Kommission den deutschen Bedenken, die auch von anderen Mitgliedsstaaten geteilt werden,
angeschlossen und die Software entsprechend überarbeitet.
Diese hat nunmehr nur noch den Charakter einer Ausschreibungsdatei, die den Zollbeamten bei der Erledigung seiner
Aufgaben mit konkreten Informationen für den Einzelfall
unterstützt. Gegen eine Einführung dieser überarbeiteten
Software habe ich keine datenschutzrechtlichen Bedenken.
Die Inbetriebnahme des EG-ZIS ist für das Jahr 2004 vorgesehen.
Mittelfristig wird von der Kommission und den Mitgliedsstaaten weiterhin eine erweiterte Software angestrebt, die es
den Mitgliedsstaaten ermöglichen soll, zusätzliche Informationen auszutauschen. Dies ist datenschutzrechtlich vertretbar, wenn im erforderlichen Umfang eine Ergänzung des
Artikel 27 der genannten Verordnung erfolgt.
10
Wirtschaft
10.1
Bundeseinheitliche Wirtschaftsnummer in
der Erprobung
In meinem 18. TB (Nr. 30.2) habe ich über meine Beteiligung an den Vorbereitungen eines Erprobungsgesetzes für
eine einheitliche Unternehmensnummer berichtet. Aus datenschutzrechtlicher Sicht war dabei entscheidend, die zu
erhebenden Daten und deren Verwendungszwecke abschließend festzuschreiben. Die vorgesehene eingeschränkte Verwendung musste gewährleisten, dass die Nummer sich nicht
zu einem allgemeinen Personenkennzeichen entwickeln
kann, obwohl auch natürliche Personen einbezogen werden.
Am 22. Mai 2002 wurde das Gesetz zur Vorbereitung einer
bundeseinheitlichen Wirtschaftsnummer verkündet (BGBl. I
S. 1644), das meinen Empfehlungen weitestgehend entspricht. Die Erprobung wird in den Jahren 2002 und 2003 in
Bayern durchgeführt und von einem Beirat, dem ich angehöre, begleitet. Zu den Datenschutzaspekten, die im Rahmen der Erprobung zu beobachten und bei einem späteren
Gesetzentwurf zu diskutieren sein werden, gehören insbesondere Fragen zur so genannten Abschneidegrenze und zur
Erfassung von Privatpersonen, die eine Haushaltshilfe beschäftigen. Weiterhin zählen dazu die Forderung, dass es
sich um eine „nicht sprechende Nummer“ (also ohne erkennbaren Personenbezug) handeln muss sowie die Fragen,
ob der Stammdatensatz erweitert werden darf und inwieweit
Rückmeldungen von den statistischen Ämtern zugelassen
werden sollen.
Mit der derzeitigen Abschneidegrenze wird festgelegt, dass
Kleinstgewerbetreibende und Freiberufler ohne Fremdbeschäftigte mit einem jeweiligen Umsatz unter 16 620 Euro
pro Jahr von dem Anwendungsbereich der Wirtschaftsnummer ausgenommen sind. Dagegen bestehen jedoch Tenden-
BfD 19. Tätigkeitsbericht 2001–2002
zen, unter Hinweis auf möglichst vollzählige Erfassung von
wirtschaftlichen Bereichen, z. B. auch angestellte Freiberufler (wie Ärzte oder Rechtsanwälte) einzubeziehen.
Bezüglich der Erforderlichkeit der Erfassung privater Haushalte mit einer Haushaltshilfe konnte ich mich nicht durchsetzen. Das Argument, diese Personen hätten bereits in der
Vergangenheit eine eigene Betriebsnummer erhalten, überzeugt mich ebenso wenig wie der Hinweis auf das Ziel,
möglichst viele Nummernsysteme zu ersetzen. Für mich ist
nicht erkennbar, welche Verwaltungsabläufe in welchem
Umfang vereinfacht würden. Der infrage kommende Personenkreis beträgt ca. 2 % der Bevölkerung; käme hier außerdem die Abschneidegrenze von 16 620 Euro zur Anwendung, so wäre die Zahl der betroffenen Personen
verschwindend gering. Ich bin darüber hinaus der Auffassung, dass es sich hier eher um einen Bereich der privaten
Lebensführung handelt als um wirtschaftliche Betätigung
im eigentlichen Sinne.
Die jetzt erprobte Wirtschaftsnummer ist neunstellig und
lässt keine Rückschlüsse auf die wirtschaftlich Tätigen zu.
Sie setzt sich zusammen aus einer „führenden“ Null und der
achtstelligen Betriebsnummer der Bundesanstalt für Arbeit.
Es bestehen aber auch hier Wünsche der Verwaltung, die
Nummer sortierfähig und auswertbar zu machen und in andere bestehende Nummernsysteme zu integrieren. Dabei
kommt es aus Datenschutzsicht entscheidend darauf an,
dass sie „nicht sprechend“ bleibt.
Bezüglich des Stammdatensatzes weisen die künftigen Anwender darauf hin, dass die Synergieeffekte mit der Menge
der Daten pro Wirtschaftseinheit zunähmen und daher die
Grenzen der zu erfassenden Daten nicht zu eng gesetzt werden sollten. Dem ist jedoch die Zweckbestimmung der einheitlichen Wirtschaftsnummer entgegenzuhalten, d. h. die
Vielfalt bestehender Nummernsysteme zu ersetzen und
nicht Wirtschaftsprofile und – durch die Einbeziehung von
Privatpersonen und Freiberuflern – auch Personenprofile zu
ermöglichen.
Auf dem datenschutzrechtlichen Prüfstand steht auch noch
der Wunsch der Statistik nach Rückmeldungen, wenn bei
der Plausibilisierung eines gemeldeten Datensatzes festgestellt wird, dass z. B. die bei der Statistik gespeicherte Zuordnung eines Betriebes zu einem Wirtschaftszweig mit der
gemeldeten Zuordnung nicht übereinstimmt. Die Geheimhaltung der statistischen Einzelangaben ist aber seit jeher
das Fundament der amtlichen Statistik (§16 Bundesstatistikgesetz). Die statistische Geheimhaltungspflicht wird als Gegenstück zur Auskunftspflicht und damit für die Erhaltung
der Auskunftsbereitschaft und der Gewinnung zuverlässiger
Angaben als notwendig angesehen; Ausnahmen bedürfen
einer gesetzlichen Regelung und sind nur unter bestimmten
Bedingungen zulässig. Ich werde die Auswertung der Erprobung kritisch begleiten und darauf achten, ob eine solche
Ausnahmesituation tatsächlich gegeben ist.
Die Bundesanstalt für Arbeit hat zum 31. Oktober 2003 einen Schlussbericht über die durch die Erprobung gewonnenen Erkenntnisse mit konkreten Empfehlungen für die Einführung einer bundeseinheitlichen Wirtschaftsnummer
vorzulegen. Auf der Grundlage dieses Berichts und der in
Bayern gemachten Erfahrungen werde ich mich dann bei
der Gesetzgebungsarbeit für die datenschutzrechtlichen Belange einsetzen.