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sich nur auf § 93 AO beziehen, d. h. keinen Bezug zu einer
Steuerstraftat oder Ordnungswidrigkeit erkennen lassen.
Dies ergibt sich aus § 89 Abs. 6 Telekommunikationsgesetz – TKG, wonach Kundendaten nur unter den dort genannten Voraussetzungen an bestimmte andere in der Vorschrift genannte öffentliche Stellen übermittelt werden
dürfen. Das BMF lehnt jedoch ein Auskunftsverweigerungsrecht der Telekommunikationsdiensteanbieter unter
Hinweis auf die §§ 101 ff. AO, die nach seiner Ansicht die
Anwendung des § 89 Abs. 6 TKG ausschließen, ab. In seinem Schreiben an die obersten Finanzbehörden der Länder
vom 7. Januar 1997 hatte das BMF bereits seine von den genannten Bundesressorts und mir abweichende Auffassung
dargelegt. Dieses Schreiben bildet eine wesentliche Ursache
für eine Vielzahl unrechtmäßiger Auskunftserteilungen
durch Netzbetreiber, die vermeiden wollen, von Finanzämtern wegen Auskunftsverweigerung mit Zwangsmaßnahmen belegt zu werden.
Das BMF hat mir weiterhin mitgeteilt, dass es erst dann zu
einer Überprüfung seiner Rechtsauffassung bereit sei, wenn
eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs im Sinne der von
BMWi, BMJ und mir vertretenen Rechtsauffassung vorläge.
Ich habe daher das vorgenannte BMF-Schreiben wegen Verstoßes gegen § 89 Abs. 6 TKG beanstandet.
Der Deutsche Bundestag hat in seiner Entschließung zum
18. TB erklärt, er erwarte, dass die Bundesregierung in
der dargestellten Frage zu einer einheitlichen Auffassung
gelange (Empfehlungen des Innenausschusses, Bundestagsdrucksache 14/9490 vom 18. Juni 2002, Plenarprotokoll 14/248 der 248. Sitzung am 4. Juli 2002, S. 25174).
Ich bin mit dem BMF übereingekommen, die Problematik im Rahmen der Gespräche über die datenschutzrechtlichen Belange in der AO (s. o. Nr. 9.1) zu erörtern.
9.9
Task Force Leuna/Minol darf
personenbezogene Daten erheben
Vor dem Hintergrund von Presseberichten über die so genannte task force Leuna/Minol hat mich das BMI im Auftrag
einer Gesprächsrunde unter Leitung des BMF gebeten, die
Tätigkeit der Arbeitsgruppe Koordinierte Ermittlungen
(AKE) und insbesondere die der Mitarbeiter der task forces
datenschutzrechtlich zu bewerten. Die AKE wurde im Jahre
1996 in Weiterentwicklung von Besprechungen der verschiedenen für das Vermögen der ehemaligen DDR zuständigen Behörden wie BMF, Treuhandanstalt (THA)/Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS),
BMI und Unabhängige Kommission zur Überprüfung des
Vermögens der Parteien und Massenorganisationen der DDR
beim BMI im Bundeskanzleramt durch das BMF eingerichtet.
Neben den bereits genannten Stellen sind dort unter Vorsitz
des BMF regelmäßig auch das BKA, die Zentrale Ermittlungsstelle der Kriminalpolizei für Regierungs- und Vereinigungskriminalität beim Polizeipräsidenten in Berlin und weitere Stellen vertreten (s. Bundestagsdrucksache 13/10900
S. 347). Die AKE tritt etwa zweimal im Jahr zusammen. Ihre
Aufgabe ist es, Erkenntnisse der verschiedenen Stellen zu
Ansprüchen der Bundesrepublik Deutschland im Zusammenhang mit der Veruntreuung von DDR-Vermögen und Betrugsfällen zum Nachteil des Bundes bzw. der THA/BvS zusammenzuführen und durch darauf aufbauende eigene
Nachforschungen die zivilrechtliche Durchsetzung von
Rechtsansprüchen des Bundes zu optimieren.
Zur Umsetzung der Beschlüsse der AKE wurde die Geschäftsstelle der AKE (G-AKE), bestehend aus deren Leiter
und in der Regel vier task forces, bei der im Geschäftsbereich des BMF angesiedelten BvS eingerichtet. Der Leiter
der G-AKE leitet gleichzeitig die task forces, denen im Juni
2002 elf Berater (z. B. beurlaubte Steuerfahnder, Zollfahnder, Beamte des Bundesrechnungshofs mit privatrechtlichen
Beraterverträgen) angehörten.
Um den Komplex Leuna/Minol daraufhin zu untersuchen,
ob der Bundesrepublik Deutschland bzw. ihren Einrichtungen aufgrund eines vorwerfbaren Verhaltens ein Schaden
entstanden ist und dementsprechend zivilrechtliche Schritte
einzuleiten sind, wurde auf Weisung des BMF im September 2000 bei der BvS die task force Leuna/Minol geschaffen. Alle task forces haben bei einer Reihe von Behörden
wie etwa dem BMWi oder bei verschiedenen Staatsanwaltschaften personenbezogene Daten erhoben und hierüber an
die AKE, die task force Leuna/Minol auf Weisung des BMF
auch unmittelbar an diese berichtet. Die task force Leuna/
Minol hat inzwischen ihre Tätigkeit beendet.
Voraussetzung für meine datenschutzrechtliche Bewertung
war zunächst, die organisatorischen Strukturen der beteiligten Stellen festzustellen und zu bewerten. Verbindliche Regelungen über das dargestellte Organisationsgefüge waren
nicht vorhanden. Auch gab es bisweilen widersprüchliche
Äußerungen in den mir überlassenen Unterlagen, sodass
eine Reihe von Zweifeln insbesondere hinsichtlich der Einbindung der task force Leuna/Minol in die G-AKE zu klären
war. Für die AKE und deren Geschäftsstelle gab es jeweils
Entwürfe für eine Geschäftsordnung, die von der AKE nur
im Grundsatz gebilligt bzw. nur als weitere Arbeitsgrundlage bestimmt worden waren. Weitere Hinweise auf die
Strukturen der Organisation ergaben sich aus den Sitzungsprotokollen der AKE, Weisungen in Erlassen, einzelnen
Schreiben beteiligter Stellen und Erläuterungen von Beteiligten.
Insgesamt ließ sich hiernach feststellen, dass die AKE selbst
als öffentliche Stelle des Bundes i. S. d. § 2 BDSG mit der
Aufgabe anzusehen ist, auf der Grundlage des § 34 Abs. 1
Bundeshaushaltsordnung möglichen Schadensersatzansprüchen der öffentlichen Hand nachzugehen. Die für sie tätige
G-AKE ist zwar ein Teil der BvS und damit gegenüber der
AKE organisatorisch selbstständig. Sie ist dieser jedoch zur
Aufgabenerfüllung im Wege der Organleihe (s. BVerfGE 63,
1, 31f.) zugeordnet. Als Teil der BvS, d. h. einer Anstalt des
öffentlichen Rechts, ist sie befugt, im Rahmen der Zuständigkeit der AKE aufgrund des BDSG durch die Mitarbeiter ihrer
task forces, insbesondere auch der task force Leuna/Minol,
die zur Erfüllung ihrer Aufgabe erforderlichen personenbezogenen Daten zu erheben, zu verarbeiten und zu nutzen.
Im vorliegenden Fall bestanden zunächst mangels organisatorischer Klarheit Zweifel an der datenschutzrechtlichen
Zulässigkeit des Handelns der Mitarbeiter der task forces.
Dies sollte Anlass sein, auch im Hinblick auf die Anforderungen des Datenschutzes künftig stets für Klarheit und
Übersichtlichkeit der Organisation zu sorgen.
9.10
Software für EG-Zollinformationssystem
– EG-ZIS – korrigiert
In meinem 18. TB (Nr. 7.9) habe ich dargelegt, dass die EGAmtshilfeverordnung Nr. 515/97 vom 13. März 1997 nach
BfD 19. Tätigkeitsbericht 2001–2002