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Das BMF hat sich bei diesem Vorhaben sehr darum bemüht,
die datenschutzrechtlichen Erfordernisse zu berücksichtigen. Dies schließt nicht aus, dass im Hinblick auf den außerordentlich großen Umfang notwendiger Datenverarbeitung
in der Praxis noch Verbesserungsbedarf sichtbar werden
könnte. Ich werde das Vorhaben aufmerksam beobachten.
9.5

Unzulässige Offenbarung
von Steuerdaten

Eine Petentin war bei einem öffentlich-rechtlichen Kreditinstitut als technische Angestellte beschäftigt und erhielt
von diesem als Arbeitgeber Kindergeld. Aufgrund eines Erfassungsfehlers erhielt sie mehrere Jahre lang gleichzeitig
auch von der Familienkasse des zuständigen Arbeitsamtes
Kindergeld. Nachdem dieser Sachverhalt zwischen den beiden beteiligten Familienkassen bereits abschließend geklärt
war, bat die Personalabteilung des Kreditinstitutes die Familienkasse des Arbeitsamtes im Hinblick auf eine beabsichtigte Kündigung des Arbeitsverhältnisses um Auskunft, für
welchen Zeitraum Kindergeld von dort an die Petentin gezahlt worden war. Die Auskunft über diese dem Steuergeheimnis unterliegenden Angaben wurde erteilt.
Nach § 30 Abs. 4 Nr. 5 Abgabenordnung – AO ist die Offenbarung von Daten, die dem Steuergeheimnis unterliegen,
gestattet, wenn hierfür ein zwingendes öffentliches Interesse
besteht. Ein solches hätte bejaht werden können, wenn es
um die Klärung des Sachverhaltes hinsichtlich der zu Unrecht doppelt verausgabten öffentlichen Mittel gegangen
wäre. Dies war aber gerade nicht der Fall, denn die Datenübermittlung diente ausschließlich dazu, arbeitsrechtliche
Maßnahmen gegen die Petentin zu ergreifen.
Das BMF sieht die Rechtfertigung für die Datenübermittlung
in dem Interesse des Staates an dem Erhalt der Funktionsfähigkeit und der Integrität des öffentlichen Dienstes.
Ich bezweifele nicht, dass dieses Interesse ein erhebliches
Gewicht hat und hierbei auch das Verhalten der Mitarbeiter
innerhalb und außerhalb des öffentlichen Dienstes zu berücksichtigen ist. Angesichts der Tätigkeit der Petentin als technische Angestellte war nicht erkennbar, inwiefern ihr Verhalten
die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes infrage gestellt hätte. Auch unter dem Aspekt der Integrität des Kreditinstitutes war im Hinblick auf die Stellung der Petentin innerhalb des Kreditinstitutes ein schwerer Nachteil im Sinne
einer Schädigung des Ansehens des Kreditinstitutes nicht ersichtlich. Die Voraussetzung eines zwingenden öffentlichen
Interesses im Sinne des § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO war somit nicht
gegeben. Ich habe die unzulässige Datenübermittlung der Familienkasse an das Kreditinstitut daher als Verstoß gegen
§ 30 Abs. 1 und 2 Nr. 1 Buchstabe a) AO beanstandet.
9.6

Daten sind grundsätzlich beim
Betroffenen zu erheben

Ein Petent wandte sich an mich, da die für die Zahlung des
Kindergeldes zuständige Familienkasse des Arbeitsamtes
bei dem Arbeitgeber seiner Tochter Daten erhoben hatte.
Circa drei Monate vor Beendigung der Ausbildung seiner
Tochter hatte der Petent der Familienkasse das voraussichtliche Ende der Ausbildung mitgeteilt. Unverzüglich nach
dem erfolgreichen Bestehen der Abschlussprüfung seiner
Tochter übersandte er der Familienkasse eine noch vor dem
Prüfungstag ausgestellte Arbeitgeberbescheinigung. Hier-

BfD 19. Tätigkeitsbericht 2001–2002

aus ging noch nicht das Arbeitsentgelt der Tochter des Petenten für die Zeit ab Prüfungstag bis Ende des letzten Ausbildungsmonats hervor. Wegen dieser noch fehlenden
Angabe wandte sich die Familienkasse unmittelbar an den
Arbeitgeber der Tochter des Petenten.
Eine Notwendigkeit für die Anfrage der Familienkasse bei
dem Arbeitgeber der Tochter bestand nicht. Nach § 93
Abs. 1 Satz 3 Abgabenordnung – AO sollen andere Personen als die Beteiligten erst dann zur Auskunft angehalten
werden, wenn die Sachverhaltsaufklärung durch die Beteiligten nicht zum Ziel führt oder keinen Erfolg verspricht.
Diese Voraussetzungen waren jedoch hier nicht gegeben.
Der Petent ließ der Familienkasse alle erforderlichen Informationen zukommen, über die er bei Übersendung der Arbeitgeberbescheinigung verfügte. Die Familienkasse hatte
keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Petent die noch fehlende Information nicht beibringen würde. Die Familienkasse hätte sich daher zunächst an den Petenten wenden
müssen. Ich habe die unzulässige Datenabfrage wegen Verstoßes gegen § 93 Abs. 1 Satz 3 AO beanstandet.
9.7

Angaben der Bundeswertpapierverwaltung in der Bescheinigung
für das Finanzamt

Ein Petent hat mich gebeten, darauf hin zu wirken, dass ihm
von der Bundeswertpapierverwaltung (BWpV) eine Zinsund Steuerbescheinigung ausgestellt wird, die nur die nach
§ 45a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 5 Einkommensteuergesetz –
EStG vorgeschriebenen Angaben enthält. In der dem Petenten ausgestellten Bescheinigung waren zusätzlich Informationen zum Wertpapier und Nennwert der Anlage sowie die
Wertpapier-Kenn-Nummer angegeben. Die Bescheinigung
war im Original dem Finanzamt vorzulegen und es bestand
keine Möglichkeit, den Teil mit den amtlich vorgeschriebenen Angaben von den zusätzlichen Informationen abzutrennen. Zuvor hatte sich der Petent bereits vergeblich an die
BWpV gewandt. Diese hatte sein Anliegen unter Hinweis
auf ein im Bundessteuerblatt veröffentlichtes Muster für
maschinell erstellte Steuerbescheinigungen abgelehnt.
Nachdem ich den Sachverhalt mit dem BMF erörtert habe,
wurde auch von diesem die Notwendigkeit einer Änderung
beim Aufbau der Zins- und Steuerbescheinigung nach § 45a
EStG anerkannt. Aufgrund eines ergänzenden BMF-Erlasses dürfen nunmehr in der Steuerbescheinigung ausschließlich die in § 45a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 5 EStG amtlich vorgeschriebenen Angaben aufgeführt werden. Dem Petenten
wurde daraufhin von der BWpV eine Steuerbescheinigung
übersandt, die nur die gesetzlich vorgeschriebenen Angaben
enthält. Die notwendigen Programmänderungen bei den automatisiert erstellten Steuerbescheinigungen wurden von
der BWpV in die Wege geleitet.
9.8

Auskunftsersuchen von Finanzämtern an
Telekommunikationsdiensteanbieter

In meinem 18. TB (Nr. 7.4) habe ich berichtet, dass Finanzämter bei Telekommunikationsdiensteanbietern Namen und
Bankverbindungen von Vollstreckungsschuldnern – das
sind Personen, gegen die sich ein Vollstreckungsverfahren
nach § 249 Abgabenordnung (AO) richtet – erfragen. Derartige Auskunftsersuchen sind nach übereinstimmender Auffassung des BMWi, BMJ und mir nicht zulässig, wenn sie

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