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– Die unbeschränkte Auskunft aus dem Bundeszentralregister wird nach der Erweiterung des § 41 Abs. 1 Nr. 9
BZRG nunmehr auch Behörden eingeräumt, die über Erlaubnisse zum Halten gefährlicher Hunde entscheiden
müssen.
8.8
Zentrales Staatsanwaltschaftliches
Verfahrensregister
Der Betrieb des länderübergreifenden Zentralen Staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregisters (ZStV) wurde – wie
im 18. TB berichtet (Nr. 6.11.3) – im Frühjahr 1999 aufgenommen. Inzwischen ist die weit überwiegende Mehrheit
der Staatsanwaltschaften an das Register angeschlossen,
ebenso wie andere berechtigte Benutzer (Bundesamt für
Verfassungsschutz und einige Landesämter für Verfassungsschutz). Das Register umfasst derzeit ca. 7,65 Mio. Datensätze. Der endgültige Bestand soll sich auf rund 30 Mio. Datensätze belaufen.
Die Daten vom und zum Register werden im ISDN-Netz (in
einer geschlossenen Benutzergruppe) sowie im TESTAOverlaynetz der Deutschen Telekom AG übermittelt, bei
dem nicht zuletzt auf mein Drängen hin eine zusätzliche
Leitungsverschlüsselung eingerichtet wurde. Leider wurde
jedoch noch immer nicht die notwendige „Ende-zu-EndeVerschlüsselung“ realisiert. Ursprünglich war hierzu geplant, Produkte zu verwenden, die eine Verschlüsselung auf
Basis des MailTrusT-Standards ermöglichen. Nachdem sich
dies aus technischen Gründen nicht umsetzen ließ, wurde
seitens des Bundeszentralregisters der Vorschlag gemacht,
ein so genanntes Virtuelles Privates Netz (VPN) einzusetzen, das den gesamten Datenverkehr hinreichend sicher verschlüsselt. Dieser Vorschlag fand meine Zustimmung, harrt
jedoch noch immer der Umsetzung, die hoffentlich in
nächster Zukunft erfolgen wird.
In meinem 18. TB habe ich auf einen kontrovers geführten
Dialog mit dem BMJ zu Art und Inhalt der nach § 495 Strafprozessordnung (StPO) auf Antrag aus dem ZStV zu erteilenden Auskünfte hingewiesen. Umstritten war und ist nach
wie vor, ob aus dem Register Auskünfte auch dann erteilt
werden sollen, wenn dort keine Einträge vorhanden sind (so
genannte Negativauskünfte). Vonseiten des BMJ und des
ZStV wurde die Befürchtung geäußert, eine solcherart praktizierte Auskunftserteilung ermögliche eine Ausforschung
des Registers. Sie führe dazu, dass jemand aus der Art der
Auskunftserteilung auf das Vorhandensein von Eintragungen schließen könne. Werde dem Anfragenden nämlich,
etwa wegen Gefährdung des Untersuchungszwecks (§ 495
i. V. m. § 491 Abs. 2 S. 1 StPO), eine Auskunft verweigert,
könne er daraus jedenfalls schließen, dass derzeit gegen ihn
ermittelt werde, wodurch insbesondere im Bereich der Organisierten Kriminalität Ermittlungserfolge gefährdet werden könnten. Deshalb sei es nötig, Auskünfte generell nur
über abgeschlossene oder dem Beschuldigten bereits bekannt gewordene Ermittlungsverfahren zu erteilen. Auch
eine Negativauskunft müsse eine entsprechende Einschränkung enthalten.
Hiermit war ich nicht einverstanden, da das Gesetz ohne jede
Einschränkung eine Einzelfallprüfung vorsieht. Außerdem
könne von Ausforschungsgefahren schon aufgrund der jedenfalls bis dahin (Mitte des Jahres 2001) geringen Zahl der Anfragen nicht ausgegangen werden. Meinen Bedenken entspre-
BfD 19. Tätigkeitsbericht 2001–2002
chend hat das BMJ im Dezember 2001 das ZStV gebeten,
Negativauskünfte ohne die genannten Beschränkungen zu erteilen, was erfreulicherweise auch nach wie vor geschieht.
Eine vom BMJ zu der Problematik im Jahr 2002 durchgeführte Länderumfrage hat allerdings ergeben, dass die Landesjustizverwaltungen weiterhin die Gefahr einer Ausforschung des Registers sehen. Diese Befürchtung lässt sich
zwar nicht durch Fakten belegen und auch das ZStV, das
hierzu eigens eine Statistik führt, hat bisher keine konkrete
Ausforschungsgefahr festgestellt; eine Umfrage ergab aber
trotzdem, dass einige Staatsanwaltschaften wegen der genannten Bedenken dem zentralen Register keine Ermittlungsverfahren aus dem Bereich der Organisierten Kriminalität
melden. Das führt dazu, dass das ZStV seine Funktion nicht
ordnungsgemäß wahrnehmen kann. Bereits in der vergangenen Legislaturperiode wurde deshalb von Seiten der Länder
vorgeschlagen, die Vorschrift des § 491 Abs. 2 StPO zu ändern (s. z. B. Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des
strafrechtlichen Instrumentariums für die Bekämpfung des
Terrorismus und der Organisierten Kriminalität, Bundesratsdrucksache 1014/01), um den Auskunftsanspruch zu beschränken. Obwohl die Änderungsversuche scheiterten, ist
das Thema noch nicht „vom Tisch“, denn es sind weitere Gesetzesinitiativen in diese Richtung zu erwarten.
Ich kann mich den vorgebrachten Bedenken gegen die Erteilung von Negativauskünften nicht gänzlich verschließen.
Allerdings darf der Auskunftsanspruch im Falle des nicht
abgeschlossenen Verfahrens nicht komplett gestrichen werden. Bei einer Gesetzesänderung muss vielmehr eine ausgewogene Lösung gefunden werden, die sowohl dem Interesse
des Staates an einer wirksamen Strafverfolgung Rechnung
trägt als auch dem Recht des Einzelnen darauf, zu wissen,
ob und welche Daten über ihn gespeichert sind. Über den
weiteren Fortgang der Diskussion werde ich berichten.
8.9
Eurojust – europäische Zusammenarbeit
der Justiz
Auf der Grundlage einer Vereinbarung des Europäischen
Rates in Tampere im Herbst 1999 wurde mit dem Beschluss
des Rates der Europäischen Union vom 28. Februar 2002
über die „Errichtung von Eurojust zur Verstärkung der
Bekämpfung der schweren Kriminalität“ eine neue, mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattete Einrichtung der
Europäischen Union geschaffen. Diese Einrichtung soll insbesondere im Zusammenwirken mit dem Europäischen Justiziellen Netz und Europol dazu dienen, die justizielle Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedsstaaten zu verbessern,
vor allem bei der Bekämpfung der schweren bzw. Organisierten Kriminalität.
Eurojust soll u. a. die Koordinierung der nationalen Staatsanwaltschaften fördern und die Erledigung von internationalen Rechtshilfe- und Auslieferungsersuchen erleichtern,
wenn Ermittlungen und Strafverfolgungsmaßnahmen bei
bestimmten Delikten der schweren bzw. Organisierten Kriminalität (z. B. Delikte aus dem Bereich des Terrorismus,
des illegalen Drogenhandels, der Computerkriminalität)
zwei oder mehr Mitgliedsstaaten betreffen. Ermittlungskompetenzen besitzt Eurojust dagegen nicht. Es kann in diesem Bereich allenfalls unterstützend tätig werden.
Bei den Beratungen zur Einrichtung von Eurojust war ich von
Beginn an beteiligt. Ich habe frühzeitig darauf hingewiesen,