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dass im Hinblick auf die sensiblen personenbezogenen Daten, die von Eurojust erhoben, verarbeitet und genutzt werden, und angesichts der eigenen Rechtspersönlichkeit dieser
Einrichtung die Notwendigkeit von umfassenden Datenschutzvorschriften besteht. Im Laufe der Beratungen konnte
ich die Anforderungen im Detail formulieren. Diese wurden
durch eine Entschließung der Datenschutzbeauftragten des
Bundes und der Länder anlässlich ihrer 62. Konferenz im Oktober 2001 nochmals bekräftigt (s. Anlage 20).
Einigen Forderungen wurde im Beschluss über die Errichtung von Eurojust erfreulicher Weise entsprochen. So sind
beispielsweise Regelungen zur Sperrung von Daten und zur
Datensicherheit in den Beschluss aufgenommen worden. Als
Erfolg ist weiterhin zu werten, dass Betroffene grundsätzlich
einen Auskunftsanspruch über die sie betreffenden personenbezogenen Daten haben. Die geforderte Abwägung der gegenläufigen Interessen bei der Entscheidung, ob Auskunft
erteilt wird, entfällt allerdings, wenn ��ber den Auskunftsuchenden keinerlei Daten bei Eurojust vorhanden sind. Hier
wird nur pauschal mitgeteilt, dass eine Überprüfung stattgefunden habe, ohne dass der Antragsteller hieraus entnehmen
kann, ob zu seiner Person Daten vorliegen. Aus meiner Sicht
ist diese Regelung im Hinblick auf die Zuständigkeit von Eurojust für Delikte der schweren bzw. Organisierten Kriminalität und mit Rücksicht auf die dem Antragsteller eingeräumte
Beschwerdemöglichkeit noch akzeptabel. Besonders hervorzuheben ist ferner, dass eine gemeinsame Kontrollinstanz geschaffen wurde, deren Entscheidungen bindenden Charakter
haben. Diese Instanz wird sich, anders als etwa die entsprechende Einrichtung bei Europol, aus Richtern oder Personen,
die aufgrund des ihnen verliehenen Amtes eine vergleichbare
Unabhängigkeit besitzen, zusammensetzen. Diese Regelung
wurde – vor allem auf französische Initiative – zur Wahrung
der Unabhängigkeit von Eurojust als einer justiziellen Stelle
getroffen (sie besteht aus Richtern, Staatsanwälten oder Polizeibeamten mit gleichwertigen Befugnissen).
Negativ zu vermerken ist demgegenüber u. a., dass der Katalog der personenbezogenen Daten, die verarbeitet werden
dürfen, relativ weit gefasst ist und die Aufnahme einer Öffnungsklausel – wenn auch stark eingeschränkt – nicht vermieden werden konnte. Auch richtet sich die jeweilige Speicherungsfrist bedauerlicher Weise nicht nach der Frist des
Mitgliedstaates, in dem sie am kürzesten ist (eine Umgehung der nationaler Löschungsfristen wäre so vermieden
worden), sondern nach derjenigen, die am längsten ist.
Insgesamt bin ich jedoch mit den in den Beschluss aufgenommenen datenschutzrechtlichen Regelungen zufrieden.
Ich möchte allerdings daran erinnern, dass innerstaatlich
noch Rechtsetzungsbedarf besteht, insbesondere im Hinblick auf Auskünfte an Eurojust über strafrechtliche Ermittlungsverfahren sowie Auskünfte aus dem länderübergreifenden Zentralen Staatsanwaltlichen Verfahrensregister
(vgl. auch Nr. 8.8). Hier müssen entsprechende Ermächtigungsgrundlagen geschaffen werden.
8.10

Elektronischer Rechtsverkehr

8.10.1

Elektronischer Rechtsverkehr – Eine neue
Herausforderung für die Justiz

Auch die Justiz will sich für elektronische Kommunikationsformen öffnen. Die Justizministerien des Bundes und der
Länder versprechen sich von der Möglichkeit, elektronisch

mit den Gerichten zu kommunizieren, nicht zuletzt einen erheblichen Kostenvorteil für die Zukunft.
Elektronische Klageerhebungen sind im Bereich der Finanzgerichtsbarkeit bereits seit August 1999 möglich, als das
Finanzgericht Hamburg einen Feldversuch zum elektronischen Rechtsverkehr begann. Ein weiterer Feldversuch wird
beim Finanzgericht Brandenburg durchgeführt. Die 70. Konferenz der Justizministerinnen und -minister (Justizministerkonferenz) hatte am 7./9. Juni 1999 die Bund-Länder-Kommission für Datenverarbeitung und Rationalisierung in der
Justiz (Bund-Länder-Kommission) beauftragt zu prüfen, unter welchen rechtlichen Voraussetzungen die Justiz für den
elektronischen Geschäftsverkehr geöffnet werden kann und
welche gesetzgeberischen Schritte hierfür erforderlich sind.
Dabei sollte der Eröffnung des elektronischen Geschäftsverkehrs mit den Registergerichten Priorität eingeräumt werden. Die Bund-Länder-Kommission ihrerseits setzte eine
Arbeitsgruppe Elektronischer Rechtsverkehr und eine weitere Arbeitsgruppe ein, die sich mit dem elektronischen
Rechtsverkehr in den Fachgerichtsbarkeiten des öffentlichen Rechts befasste. Im Berichtszeitraum hat die BundLänder-Kommission der Justizministerkonferenz ihren Abschlussbericht vorgelegt. Auf dessen Grundlage hat die Justizministerkonferenz auf ihrer 72. Konferenz im Juni 2001
die Bundesministerin der Justiz gebeten, in Zusammenarbeit
mit den Ländern die Erforderlichkeit von Rechtsgrundlagen
zur Einführung einer elektronischen Kommunikation und
Aktenführung zu prüfen und ggf. zu schaffen. Auf ihrer
73. Konferenz im Juni 2002 beschloss sie ergänzend, die
ebenfalls erarbeiteten organisatorisch-technischen Leitlinien
für den elektronischen Rechtsverkehr mit den Gerichten und
Staatsanwaltschaften dem Bund und den Ländern als
Grundlage für den Erlass von Rechtsverordnungen zur Einführung und zur Anwendung des elektronischen Rechtsverkehrs zu empfehlen.
Besonders erfreulich war in diesem Zusammenhang, dass
der Abschlussbericht der Bund-Länder-Kommission auch
dem Arbeitskreis Justiz (AK Justiz) der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder (Datenschutzkonferenz) vorgestellt und fachkundig erläutert
wurde. Dieser hat unter meiner Federführung daraufhin eine
eigene Arbeitsgruppe Elektronischer Rechtsverkehr eingesetzt, die die Entwicklung in diesem Bereich in den nächsten Jahren aus datenschutzrechtlicher Sicht konstruktiv begleiten wird.
Der Begriff Elektronischer Rechtsverkehr ist weit zu fassen.
Er reicht von der Einreichung von Schriftsätzen bei Gericht
durch die Verfahrensbeteiligten mithilfe elektronischer Medien, über die Führung elektronischer Verfahrensakten, den
Einsatz von Videotechnik in der mündlichen Verhandlung
(zur Einführung der Videotechnik im Strafprozess siehe
meinen 17. TB Nr. 6.5 und im finanzgerichtlichen Verfahren
meinen 18. TB Nr. 6.14) bis hin zum Abruf und zur Versendung gerichtlicher Entscheidungen (prozessleitender Verfügungen und Beschlüsse, Urteile etc.) auf elektronischem
Wege, einschließlich des Zugangs zu den Datenbanken der
Registergerichte.
Gesetzliche Grundlage für die Möglichkeit, Schriftsätze auf
elektronischem Wege an ein Gericht zu übermitteln, ist die
mit dem Gesetz zur Anpassung der Formvorschriften des
Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen

BfD 19. Tätigkeitsbericht 2001–2002

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