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Hilfeersuchens auch dann möglich sein sollte, wenn in dem
ersuchenden Staat kein angemessenes Datenschutzniveau
gewährleistet ist (s. zu dieser Forderung und allgemein zur
Schaffung von nationalen und internationalen Regelungen
zur Bekämpfung der Datennetzkriminalität auch die Entschließung der 61. Konferenz der Datenschutzbeauftragten
des Bundes und der Länder vom 8./9. März 2001, Anlage 11). Allerdings konnte hier im Rahmen der Verhandlungen insofern noch ein Kompromiss erreicht werden, als im
erläuternden Bericht zu Artikel 27 die Ergänzung aufgenommen wurde, dass im Rahmen des allgemeinen Rechtshilfeverweigerungsgrundes „wesentlicher Interessen“ einer
Vertragspartei in Ausnahmefällen über Artikel 28 des Übereinkommens hinaus zusätzliche Gesichtspunkte des Datenschutzes geltend gemacht werden können. Angesichts dieser
Tatsache und in Anbetracht des eingeschränkten Anwendungsbereichs der genannten Vorschriften (sie finden i. d. R.
nur Anwendung, wenn zwischen den beteiligten Vertragsparteien keine entsprechenden anwendbaren völkerrechtlichen Übereinkünfte bestehen; in den meisten Fällen wird
jedoch das „Europäische Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen“ sowie dessen Zusatzprotokoll gelten)
hält sich nach meiner Auffassung der „Schaden“ in Grenzen, sodass ich insgesamt mit den erreichten Verbesserungen zufrieden bin.
8.6

Änderungen im Strafvollzugsgesetz

Mit dem Sechsten Gesetz zur Änderung des Strafvollzugsgesetzes vom 5. Oktober 2002 (BGBl I S. 3954 f.) ist eine
gesetzliche Grundlage zur elektronischen Speicherung von
Lichtbildern von Gefangenen sowie zur Übermittlung von
personenbezogenen Daten an Finanzbehörden durch die
Vollzugsbehörde geschaffen worden. An den Beratungen
war ich beteiligt. Allerdings wurden meine Forderungen nur
teilweise berücksichtigt.
Bisher war die Aufnahme von Lichtbildern als erkennungsdienstliche Maßnahme nur zur Sicherung des Vollzuges gemäß § 86 Strafvollzugsgesetz (StVollzG) zulässig. Nach
dem neu eingefügten �� 86a StVollzG dürfen Lichtbilder der
Gefangenen nunmehr auch zur Aufrechterhaltung der
Sicherheit und Ordnung der Anstalt aufgenommen und mit
dem Namen der Gefangenen sowie deren Geburtsdatum und
-ort gespeichert werden. Berücksichtigt wurde hier zumindest meine Forderung nach einem klarstellenden Hinweis,
dass die Lichtbilder nur mit Kenntnis der Gefangenen aufgenommen werden dürfen.
Nach § 86a Abs. 2 StVollzG dürfen die Lichtbilder von Justizvollzugsbediensteten genutzt werden, wenn eine Überprüfung der Identität der Gefangenen im Rahmen ihrer Aufgabenwahrnehmung erforderlich ist. Die Bilder dürfen
zudem sowohl an die Polizeivollzugsbehörden des Bundes
und der Länder, soweit dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für erhebliche Rechtsgüter innerhalb der Anstalt
erforderlich ist als auch an die Vollstreckungs- und Strafverfolgungsbehörden, soweit dies für Zwecke der Fahndung
und Festnahme eines entwichenen oder sich sonst ohne Erlaubnis außerhalb der Anstalt aufhaltenden Gefangenen erforderlich ist, übermittelt werden. In Abstimmung mit den
Datenschutzbeauftragten der Länder hatte ich hierzu – leider vergeblich – gefordert, zumindest eine Bestimmung einzufügen, die einen Schutz vor unbefugten Zugriffen auf die
Lichtbilddatei gewährleistet, z. B. durch eine umfassende

Protokollierung der Abrufe und der mit ihnen verfolgten
Zwecke, sowie eine Regelung für die organisatorische und
funktionelle Trennung der Protokolldaten von sonstigen Unterlagen über die Gefangenen, insbesondere der Gefangenenpersonalakten, vorzusehen.
Nach der bisherigen Rechtslage durften aufgrund des § 180
Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 StVollzG die Strafvollzugsbehörden u. a.
den Finanzbehörden nur Auskunft darüber erteilen, ob sich
eine bestimmte Person in Haft befindet, sowie ob und gegebenenfalls wann voraussichtlich ihre Entlassung innerhalb
eines Jahres bevorsteht. Mit dem Gesetz wurde nun auch
eine gesetzliche Grundlage zur Übermittlung von personenbezogenen Daten durch die Vollzugsbehörde an Finanzbehörden zur Durchführung der Besteuerung geschaffen. Dies
halte ich für nicht unproblematisch. Weshalb die Durchsetzung steuerrechtlicher Forderungen gegenüber anderen Forderungen privilegiert sein soll, obwohl die bisherige Rechtslage nicht zu ersichtlichen Unzuträglichkeiten bei der
Geltendmachung von Forderungen gegen Strafgefangene
geführt hat, leuchtet mir nicht ein.
8.7

Novelle des Bundeszentralregistergesetzes

Das Vierte Gesetz zur Änderung des Bundeszentralregistergesetzes (BZRG) ist weitestgehend am 30. April 2002 in
Kraft getreten (BGBl. I S. 1406). Über die Arbeiten zur Novellierung des BZRG habe ich bereits in meinen letzten Tätigkeitsberichten informiert (vgl. 18. TB Nr. 6.11.1). In die
intensiven Beratungen wurde ich regelmäßig eingebunden;
so sind in den Gesetzentwurf auch zahlreiche meiner Forderungen eingeflossen. Allerdings hat der Bundesrat im Gesetzgebungsverfahren mehrere Änderungsvorschläge unterbreitet, die u. a. auf eine Ausweitung des Kreises der
Behörden mit unbeschränktem Auskunftsanspruch aus dem
Bundeszentralregister hinausliefen. Dies wurde von mir immer kritisch beurteilt. Eine vollständige Kenntnis der Vorstrafen eines Bürgers ist nur ausnahmsweise erforderlich.
Daher ist bereits bei der Auswahl der auskunftsberechtigten
Stellen und der entsprechenden Zweckbestimmung wegen
des damit verbundenen Eingriffs in das informationelle
Selbstbestimmungsrecht restriktiv vorzugehen. Auch der
Gesetzgeber ist im BZRG bislang so verfahren, wie etwa an
den unterschiedlichen Formen des Führungszeugnisses und
deren Behandlung erkennbar wird (vgl. auch 17. TB Nr. 6.9).
Zwar sind meine Bedenken und die der Datenschutzbeauftragten der Länder auch in die Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates mit eingeflossen. Auf der Grundlage der Beschlussempfehlung des
angerufenen Vermittlungsausschusses wurden aber dennoch
zwei Änderungsvorschläge des Bundesrates in das Gesetz
übernommen:
– Im BZRG war bisher in § 20 Abs. 3 Satz 1 geregelt, dass
Auskunft über Eintragungen, die mit einem Sperrvermerk versehen sind, weil der Betroffene schlüssig dargelegt hat, dass die Eintragung unrichtig ist, nur einem
Strafgericht oder einer Staatsanwaltschaft für ein Strafverfahren gegen den Betroffenen oder den in § 41 Abs. 1
Nr. 3 genannten Behörden (Geheimdiensten) erteilt wird.
Die Auskunftserteilung wurde durch die Novellierung
erweitert und sieht nunmehr eine Übermittlung an die in
§ 41 Abs. 1 Nr. 1, 3 bis 5 genannten Stellen (Gerichte,
Geheimdienste, Finanzbehörden, Polizei) vor.

BfD 19. Tätigkeitsbericht 2001–2002

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