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Wirtschaft und Arbeit eine Arbeitsgruppe eingerichtet, an
der ich mitwirke.
Insgesamt stellen die neuen Vorschriften jedoch einen ausgewogenen Ausgleich zwischen dem Strafverfolgungsinteresse des Staates und dem Persönlichkeitsrecht des einzelnen
Bürgers dar.
8.2.2

Zeugnisverweigerungsrecht von
Journalisten erweitert

Am 23. Februar 2002 ist ein Gesetz zur Änderung der Strafprozessordnung in Kraft getreten, mit dem das Zeugnisverweigerungsrecht für Medienmitarbeiter gem. § 53 Abs. 1
Nr. 5 StPO erweitert und zugleich das damit zusammenhängende Beschlagnahmeverbot des § 97 Abs. 5 StPO ausgedehnt wurde (BGBl. I S. 682 f.).
Wie bereits berichtet (s. 18. TB Nr. 6.7 zu dem entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung), erstreckt sich das
Zeugnisverweigerungsrecht der Journalisten nunmehr auch
auf selbst erarbeitete Materialien und berufsbezogene Wahrnehmungen.
Weil es in der Praxis der Medienarbeit nicht immer möglich
ist, deutlich zwischen Informationen, die selbst recherchiert
wurden und solchen, die von Dritten stammen, zu trennen,
habe ich diese Neuregelung aus datenschutzrechtlicher
Sicht begrüßt.
Auch gegen die Einschränkung dieses erweiterten Zeugnisverweigerungsrechts bei Verbrechen und bei den in § 53
Abs. 2 S. 2 Nr. 1 bis 3 StPO genannten Straftaten im Interesse einer funktionsfähigen Strafrechtspflege und einer umfassenden Wahrheitsermittlung im Strafverfahren habe ich
aus datenschutzrechtlicher Sicht keine Bedenken angemeldet.
Die gesetzliche Neuregelung enthält jedoch aus meiner
Sicht einen „Wermutstropfen“, der das mit dem Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 Abs. 1 Nr. 5 StPO zusammenhängende ebenfalls novellierte Beschlagnahmeverbot nach
§ 97 Abs. 5 StPO betrifft. Hier sieht das Gesetz u. a. dann
eine Ausnahme von der Beschlagnahmefreiheit vor, wenn
der Medienmitarbeiter im Verdacht einer Tatbeteiligung
steht. Bedauerlicherweise hat der Gesetzgeber insoweit meinen bereits im letzten Tätigkeitsbericht dargestellten Bedenken nicht Rechnung getragen. Ich hatte mich hier mit Nachdruck dafür eingesetzt, die Beschlagnahmefreiheit nur dann
entfallen zu lassen, wenn gegen den Medienmitarbeiter ein
dringender Tatbeteiligungsverdacht besteht. Mit der nun getroffenen Regelung, nach der ein einfacher Verdacht ausreicht, um die genannten potenziellen Beweismittel (Schriftstücke u. Ä.) bei dem betroffenen Medienmitarbeiter zu
beschlagnahmen, besteht die Gefahr, dass dessen Zeugnisverweigerungsrecht allzu leicht ausgehebelt werden kann.
8.2.3

Genomanalyse im Strafverfahren

Die DNA-Analyse hat sich binnen weniger Jahre zu einem
außerordentlich effektiven kriminalistischen Instrument entwickelt und ist geradezu ein Symbol der Revolution in der
Kriminaltechnik geworden. Allerdings sind Feststellung,
Speicherung und Verwendung des DNA-Identifizierungsmusters jeweils nicht unerhebliche Eingriffe in das Recht
auf informationelle Selbstbestimmung gemäß Artikel 2 Abs.
1 i. V. m. Artikel 1 Abs. 1 GG, wie auch das Bundesverfas-

BfD 19. Tätigkeitsbericht 2001–2002

sungsgericht in mehreren Entscheidungen festgestellt hat
(vgl. zuletzt Kammerbeschluss vom 15. März 2001, NJW
2001 S. 2320). Da solche Eingriffe nur auf gesetzlicher
Grundlage im überwiegenden Interesse der Allgemeinheit
und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zulässig sind, ist der Gesetzgeber seit Jahren damit beschäftigt, die erforderlichen Rechtsgrundlagen für die DNAAnalyse im Strafverfahren zu schaffen und noch verbliebene oder sogar durch die Gesetzgebung selbst entstandene
Zweifelsfragen auszuräumen. Ich habe hierüber in den letzten Tätigkeitsberichten berichtet (vgl. zuletzt 18. TB
Nr. 6.3). Wer nun geglaubt hätte, nach immerhin vier Gesetzesänderungen in den Jahren 1997 bis 2000 sei der Regelungsbedarf erschöpft, sah sich schon in der letzten Legislaturperiode getäuscht, als der Gesetzgeber durch das Gesetz
zur Änderung der Strafprozessordnung vom 6. August 2002
(BGBl. I S. 3018) klarstellte, dass auch die Untersuchung
von Spurenmaterial einer unbekannten Person nur durch
den Richter angeordnet werden darf (vgl. unten Nr. 8.2.3.1).
Damit ist die Wunschliste an den Gesetzgeber aber noch
keineswegs am Ende:
8.2.3.1 Klarstellung: Richtervorbehalt auch bei
der DNA-Analyse von Spuren
Gegen Ende der 14. Legislaturperiode konnte erfreulicherweise eine schon länger andauernde Meinungsverschiedenheit zwischen Bundesregierung und Bundesrat in einem datenschutzfreundlichen Sinne geklärt werden. Nach § 81e
StPO dürfen molekulargenetische Untersuchungen nicht nur
an Probenmaterial des Beschuldigten eines Strafverfahrens
(Absatz 1), sondern auch an aufgefundenem, sichergestelltem oder beschlagnahmtem Spurenmaterial, das einem Verursacher noch nicht zugeordnet werden kann (Absatz 2),
durchgeführt werden. Die Anordnung der Untersuchung ist
gem. § 81f StPO dem Richter vorbehalten, ohne dass zwischen den beiden Alternativen differenziert wird. Einige
Landgerichte vertreten dazu allerdings die Auffassung, dass
es bei solchen Spuren mangels Eingriffs in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung einer bekannten Person
keiner richterlichen Anordnung bedarf und die Anordnung
durch die Staatsanwaltschaft oder ihre Hilfsbeamten ausreicht.
Der Bundesrat hat angesichts der divergierenden Rechtsprechung einen Gesetzentwurf vorgelegt, mit dem klargestellt
werden sollte, dass die DNA-Analyse von Spuren unbekannter Verursacher nicht durch den Richter angeordnet
werden müsse, sondern eine Anordnung durch die Staatsanwaltschaft oder durch ihre Hilfsbeamten ausreiche.
Dieser Gesetzentwurf fand keine Zustimmung. Vielmehr
folgte der Deutsche Bundestag einem konträren Gesetzentwurf der Bundesregierung: In dem Gesetz zur Änderung der
Strafprozessordnung vom 6. August 2002 (BGBl. I S. 3018)
wurde das Erfordernis einer richterlichen Anordnung für die
molekulargenetische Untersuchung sowohl in den Fällen
des § 81e Abs. 1 als auch in den Fällen des § 81e Abs. 2
StPO nunmehr noch deutlicher als bisher klargestellt.
Hierzu habe ich u. a. in einer Anhörung vor dem Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages betont, dass der Einsatz
derartiger Untersuchungen im Strafverfahren zu empfindlichen, den Kern der Persönlichkeit berührenden Eingriffen
führt. Dass die betroffene Person den Strafverfolgungs-

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