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men und Verbreiten von Bildern anderer Personen unter
Strafe stellen. Die geltenden Regelungen (§§ 22 ff. des
Kunsturhebergesetzes) sind nicht umfassend genug und
entsprechen auch nicht dem heutigen Stand der Technik.
So betreffen die Vorschriften ausschließlich nicht bewegte Bilder, Filme sind also nicht erfasst. Weiterhin ist
nur die unbefugte Verbreitung von Bildnissen, nicht jedoch schon deren Aufnahme, unter Strafe gestellt. Im
Zeitalter des Internets und der Webkameras ist es möglich, Bilder von Menschen unbemerkt aufzunehmen und
weltweit zu verbreiten, die unter Umständen tief in die
Intimsphäre des Einzelnen eingreifen (etwa heimliche
Aufnahmen in Umkleidekabinen, Sonnenstudios etc.).
Solche Verhaltensweisen können nicht länger straflos
hingenommen werden. Ein in der letzten Legislaturperiode hierzu eingebrachter Gesetzentwurf fand leider
keine parlamentarische Mehrheit. Ich appelliere daher
nochmals dringend an den Gesetzgeber, entsprechende
Regelungen in das Strafgesetzbuch aufzunehmen.
– Durchführung unbefugter DNA-Analysen
Bereits mehrfach habe ich auf das Problem der Durchführung unbefugter DNA-Analysen aufmerksam gemacht (siehe z. B. 18. TB Nr. 25.2). Obwohl ein unbefugt durchgeführter Gentest und die unbefugte
Verarbeitung oder Nutzung der aus einem Gentest gewonnenen Ergebnisse tief in die Persönlichkeitsrechte
der Betroffenen eingreifen, existiert noch kein strafbewehrtes Verbot. Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder haben anlässlich ihrer 62. Konferenz
im Oktober 2001 bereits konkrete Formulierungsvorschläge zur Fassung von entsprechenden Strafvorschriften gemacht (s. Anlage 19; vgl. auch Nr. 28.5). Der Gesetzgeber sollte auch hier möglichst bald tätig werden.
8.2

Änderungen der Strafprozessordnung

8.2.1

Neue Rechtsgrundlage für Auskunft
über Verbindungsdaten
(§§ 100g, h Strafprozessordnung)

Mit Gesetz vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3879) sind
die §§ 100g und 100h in die Strafprozessordnung (StPO) eingefügt wurden. Die Regelungen traten am 1. Januar 2002 in
Kraft und stellen nunmehr die Rechtsgrundlage für Auskunftsverlangen der Strafverfolgungsbehörden an die Anbieter von Telekommunikationsdiensten hinsichtlich der Verbindungsdaten dar („wer hat wann mit wem wie lange
kommuniziert“). Damit wurde endlich eine Nachfolgeregelung für § 12 des Fernmeldeanlagengesetzes geschaffen. Eine
gesetzliche Neuregelung hatte ich wegen der verfassungsrechtlichen Bedenken gegen diese Vorschrift, wie sie etwa in
der Entschließung der 58. Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder vom 7./8. Oktober 1999
zum Ausdruck gebracht worden sind (s. Anlage 14 zum
18. TB), in der Vergangenheit bereits mehrfach angemahnt,
zuletzt in meinem 18. TB (Nr. 6.4.1).
Zahlreiche der von mir geforderten datenschutzrechtlichen
Verbesserungen wurden bei der Neuregelung erfreulicherweise berücksichtigt. Hervorzuheben ist hier in erster Linie,
dass jetzt nicht mehr jede Straftat ein Auskunftsverlangen
der Strafverfolgungsbehörden rechtfertigt, sondern nur noch
eine solche von „erheblicher Bedeutung“ oder eine solche,
die mittels einer Endeinrichtung im Sinne des § 3 Nr. 3 des

Telekommunikationsgesetzes begangen wurde. Weiterhin
fällt positiv ins Gewicht, dass bezüglich der Anordnung der
Maßnahme im Wesentlichen die formalen Kriterien einzuhalten sind, die auch für eine Anordnung der Überwachung
und Aufzeichnung von Inhaltsdaten gem. § 100b StPO gelten. So darf regelmäßig nur der Richter eine Maßnahme
nach § 100g StPO anordnen. Lediglich bei Gefahr im Verzug ist hierzu auch die Staatsanwaltschaft befugt, wobei deren Anordnung außer Kraft tritt, wenn sie nicht binnen drei
Tagen von dem Richter bestätigt wird (§ 100h Abs. 1 S. 3
i. V. m. § 100b Abs. 1 StPO). Auch sind Art, Umfang und
Dauer der Maßnahme in der schriftlichen Anordnung zu bestimmen (§ 100h Abs. 1 S. 3 i.V.m. § 100b Abs. 2 S. 1 und 3
StPO). Richtet sich das Auskunftsverlangen in die Zukunft,
ist die Anordnung außerdem auf höchstens drei Monate zu
befristen, wobei eine Verlängerung um jeweils nicht mehr
als drei weitere Monate zulässig ist, wenn die Voraussetzungen noch vorliegen. Unverändert weiter gilt die Pflicht zur
Benachrichtigung der Beteiligten (jetzt § 101 Abs. 1 StPO)
sowie zur Vernichtung der Unterlagen (jetzt § 100h Abs. 1
S. 3 i. V. m. § 100b Abs. 6 StPO).
Erfreulich ist außerdem, dass der Schutz der Zeugnisverweigerungsrechte für Geistliche, Verteidiger und Abgeordnete
sichergestellt ist (§ 100h Abs. 2 StPO). Er entfällt nur dann,
wenn die betreffenden Personen selbst einer Teilnahme an
der Straftat oder einer Begünstigung, Strafvereitelung oder
Hehlerei verdächtig sind. Hervorheben möchte ich ferner,
dass die §§ 100g, 100h StPO bis zum 31. Dezember 2004
befristet sind, da bis zu diesem Zeitpunkt die Ergebnisse
von verschiedenen Gutachten vorliegen sollen, die zur Thematik „Überwachung des Fernmeldeverkehrs“ vom BMJ in
Auftrag gegeben wurden.
Welche Daten von dem Auskunftsanspruch nach §§ 100g, h
StPO erfasst werden, ist nunmehr ausdrücklich geregelt,
und zwar in § 100 g Abs. 3 StPO, der sich inhaltlich an § 6
der Telekommunikations-Datenschutzverordnung (TDSV)
anlehnt. So ist u. a. über die Standortkennung sowie über
Berechtigungskennungen und Kartennummern Auskunft zu
erteilen. Ich gehe davon aus, dass sich diese Verpflichtung
der Diensteanbieter nur auf bei ihnen bereits vorhandene
Daten beschränkt. Es verhält sich nämlich so, dass die genannten Daten nach der TDSV zwar gespeichert werden
dürfen, dies tatsächlich jedoch nicht immer geschieht. So
wird z. B. die Standortkennung bei den Diensteanbietern
nur bei einer standortabhängigen Tarifgestaltung gespeichert. Eine andere Interpretation des Gesetzes würde zu einer Verpflichtung der Diensteanbieter führen, Daten auch
dann zu speichern, wenn sie von ihnen gar nicht benötigt
werden, also nur für Zwecke der Strafverfolgung. Eine solche Verpflichtung sollte jedoch mit der Einführung der
§§ 100g, h StPO ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs gerade nicht verbunden sein.
Kritisch möchte ich zu den neu eingefügten Vorschriften bemerken, dass es bezüglich der Übermittlung zukünftiger Verbindungsdaten an einer eindeutigen Regelung darüber fehlt,
ob diese in periodischen Abständen oder unmittelbar nach
der Verbindung stattzufinden hat. Problematisch ist, dass es
für eine unmittelbare Übermittlung der Daten derzeit keine
entsprechende Technik bei den verpflichteten Unternehmen
gibt. Um hier zu einer Lösung der technischen Umsetzungsprobleme zu gelangen, wurde beim Bundesministerium für

BfD 19. Tätigkeitsbericht 2001–2002

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