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7.10.1

Die Stiftung „Erinnerung, Verantwortung
und Zukunft“

Mit Gesetz vom 2. August 2000 wurde die Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ als rechtsfähige Stiftung
des öffentlichen Rechtes errichtet.
Zweck der Stiftung ist es, über Partnerorganisationen Finanzmittel zur Gewährung von Leistungen an ehemalige
Zwangsarbeiter und von anderem Unrecht aus der Zeit des
Nationalsozialismus Betroffene bereitzustellen.
Aus der Tätigkeit der Stiftung ergaben sich eine Reihe datenschutzrechtlicher Fragen, bei denen ich beratend tätig wurde.
Insbesondere ging es dabei um die Datenübermittlung durch
Unternehmen, die bereits Entschädigungsleistungen an ehemalige Zwangsarbeiter geleistet hatten, sowie den Datenabgleich mit dem österreichischen Versöhnungsfonds sowie den
Datenbeständen ausländischer Partnerorganisationen. Im
Vordergrund stand dabei stets das Bemühen, mit Blick auf das
vielfach sehr hohe Alter der Antragsteller die Auszahlung der
Entschädigungsleistungen nicht zu verzögern und dabei
gleichzeitig den Schutz des Persönlichkeitsrechts der Antragsteller zu wahren. Aufgrund der gesetzlichen Anrechungsvorschriften im Stiftungsgesetz und der von den Antragstellern
in den Antragsformularen erteilten Einverständniserklärungen konnten die für den Nachweis der Leistungsberechtigung
erforderlichen Datenabgleiche stattfinden.
Für die Stiftung wurde ein Datenschutzbeauftragter bestellt.
Anlässlich einer ausführlichen datenschutzrechtlichen Beratung vor Ort konnte festgestellt werden, dass die technischorganisatorischen Maßnahmen zur Datensicherheit der Verarbeitung bei der Stiftung angemessen sind. Soweit ein Datenabgleich über das Internet stattfindet, wird dieser über
eine sichere Verschlüsselung geschützt.
7.10.2

Projekt zur Nachweisbeschaffung für
ehemalige NS-Zwangsarbeiter

Im Rahmen der Verfahren zur Wiedergutmachung für NSOpfer ergab sich für viele antragstellende ehemalige NSZwangsarbeiter das Problem, den in § 11 Abs. 2 Stiftungsgesetz vorgesehenen Nachweis über die Leistungsberechtigung durch Unterlagen zu erbringen. Der Internationale
Suchdienst in Bad Arolsen kann in nur etwa einem knappen
Drittel der Fälle den erforderlichen Nachweis führen. Hier
setzt das Projekt „Nachweisbeschaffung für ehemalige NSZwangsarbeiter/-innen“ an. Es handelt sich um ein Gemeinschaftsprojekt des Bundesarchivs, des Bundesverbandes Information & Beratung für NS-Verfolgte sowie des Internationalen Suchdienstes, das von der Stiftung „Erinnerung,
Verantwortung und Zukunft“ finanziert wird. Auf der
Rechtsgrundlage des Stiftungsgesetzes und der Einverständniserklärungen der Antragsteller hilft das Projekt den Antragstellern, deren eigene Recherchebemühungen auch über
den Internationalen Suchdienst vorher erfolglos verlaufen
sind. An der Recherche durch das Projekt sind 240 staatliche und nicht staatliche Archive beteiligt. Ich habe das Projekt auch in einem Termin vor Ort beraten. Alle Mitarbeiter,
die aus dem nicht öffentlichen Bereich kommen, wurden
verschwiegenheitsverpflichtet. Die Prüfung zur Datensicherheit des Verfahrens ergab, dass die getroffenen Maßnahmen ausreichend und angemessen waren. Insbesondere
wird der Datenverkehr über das Internet mit einer 128-BitVerschlüsselung geschützt. Inzwischen wurden bereits über

BfD 19. Tätigkeitsbericht 2001–2002

218 000 Anfragen an das Projekt gerichtet. Bei den erledigten Recherchen konnte einem Viertel der Antragsteller, deren Bemühungen zuvor erfolglos geblieben waren, mit einem positiven Ergebnis geholfen werden.
7.10.3

Entschädigung von Holocaust-Opfern
durch die Versicherungswirtschaft

Ende der Neunzigerjahre beschlossen verschiedene amerikanische Bundesstaaten Gesetze, so genannte Holocaust
Victims Insurance Acts, mit denen bislang nicht durchgeführte Entschädigungsverfahren für Versicherungspolicen
von Holocaust-Opfern vorangetrieben werden sollten. Nach
diesen Gesetzen sollten Versicherungsunternehmen verpflichtet werden, alle Daten von Versicherungspolicen aus
den Jahren von 1920 bis 1945 in die USA zu übermitteln, damit über einen Abgleich der Daten mit den Listen jüdischer
Opferverbände und auch der Opferliste in Yad Vashem die
noch zu entschädigenden Personen ermittelt werden könnten.
Soweit Versicherungsunternehmen diese Gesetze nicht beachteten, wurde ein Verlust der Lizenz in dem jeweiligen
Bundesstaat angedroht. Nach fast einhelliger Auffassung der
Datenschutzaufsichtsbehörden wäre die geforderte Übermittlung sämtlicher Daten aus den Versicherungspolicen in die
USA datenschutzrechtlich unzulässig gewesen. Als eine Lösungsmöglichkeit wurde von den Datenschutzaufsichtsbehörden aufgezeigt, eine neutrale Stelle mit der Erstellung einer Opferliste zu befassen. Im März 2002 erklärte sich das
Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen in seiner
Zuständigkeit als Rechtsaufsicht über die Versicherungsunternehmen bereit, eine Gesamtliste aus den Daten der verschiedenen betroffenen Versicherungsunternehmen zu erstellen. Nach derzeitigem Stand der Verhandlungen zwischen der
Bundesstiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“
und der „International Commission on Holocaust Era Insurance Claims (ICHEIC)“ zeichnet sich ab, dass der Datenabgleich mit der Antragsdatenbank der ICHEIC in Deutschland
durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht als
Nachfolgerin u. a. des ehemaligen Bundesaufsichtsamtes für
das Versicherungswesen stattfinden soll, wogegen keine datenschutzrechtlichen Bedenken mehr bestehen. Das weitere
Verfahren stünde damit unter meiner Aufsicht.
8

Rechtswesen

8.1

Regelungsbedarf im Strafrecht –
Heimliche Bildaufnahmen und DNAAnalysen dürfen nicht länger straffrei
bleiben

Mit dem Instrumentarium des geltenden Rechts kann strafwürdigen Verhaltensweisen, die durch die rasante Entwicklung des technischen Fortschritts möglich geworden sind,
nicht oder nicht mehr angemessen begegnet werden. Es sind
hier Strafbarkeitslücken entstanden, die möglichst bald zu
schließen sind. Dies betrifft vor allem das unbefugte Aufnehmen und Verbreiten von Bildern insbesondere mithilfe
der Videotechnik und des Internets sowie die unbefugte
Durchführung von Gentests, die durch die Medizintechnik
entwickelt wurden.
– Unbefugtes Aufnehmen und Verbreiten von Bildern
Bereits in meinem 18. TB (Nr. 6.13) habe ich angemahnt, dass dringend Regelungen im Strafgesetzbuch
geschaffen werden müssen, die das unbefugte Aufneh-

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