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eine Videoüberwachung versehen und sich verpflichtet,
Videoaufzeichnungen nach spätestens 24 Stunden zu löschen,
wenn sie nicht zur Klärung eines Vorfalls benötigt werden.
7.7

Staatsangehörigkeitsdatei – immer noch
keine Rechtsgrundlage

In meinem 16. TB (Nr. 5.7) hatte ich ausführlich über die
beim Bundesverwaltungsamt geführte Staatsangehörigkeitsdatei berichtet und in den folgenden 17. TB (Nr. 5.14) und
18. TB (Nr. 5.9) jeweils die hierfür erforderliche Rechtsgrundlage angemahnt. Leider ist auch in dem abgelaufenen
Berichtszeitraum noch keine gesetzliche Regelung getroffen
worden, weil bei der Neustrukturierung der Staatsangehörigkeitsdatei der Abstimmungsprozess mit den Ländern
noch nicht abgeschlossen werden konnte. Hierfür wurde bei
dem federführend zuständigen BMI eine Arbeitsgruppe eingerichtet, um alle Staatsangehörigkeits- und Einbürgerungsfragen zu klären. An dieser Arbeitsgruppe bin auch ich beteiligt. Aufgrund der dort bis jetzt erzielten Ergebnisse gehe
ich davon aus, dass ich im nächsten Tätigkeitsbericht endlich über einen positiven Abschluss dieses datenschutzrechtlichen Problems berichten kann.
7.8

Wahlen

7.8.1

Bundeswahlgesetz – jetzt endlich
datenschutzfreundlicher

Durch das Fünfzehnte Gesetz zur Änderung des Bundeswahlgesetzes, das am 4. Mai 2001 verkündet wurde (BGBl. I
S. 698) und inzwischen in Kraft getreten ist, hat sich endlich
meine langjährige Forderung erfüllt, die öffentliche Auslegung des Wählerverzeichnisses abzuschaffen (zuletzt
18. TB Nr. 5.10.2). Die Auslegung wurde durch das Recht
zur Einsichtnahme in das Wählerverzeichnis ersetzt. Falls
die Daten anderer Wahlberechtigter eingesehen werden sollen, müssen Tatsachen glaubhaft gemacht werden, aus denen sich eine Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit des
Wählerverzeichnisses ergeben könnte. Daten von Wahlberechtigten, für die im Melderegister ein so genannter Sperrvermerk eingetragen ist, dürfen nicht eingesehen werden.
Um die Gewinnung von Wahlhelfern zu erleichtern, dürfen
ferner die Gemeindebehörden personenbezogene Daten von
Wahlberechtigten auch für künftige Wahlen verarbeiten. Der
Betroffene kann der Verarbeitung widersprechen und ist
über sein Widerspruchsrecht zu unterrichten. Um die Berufung von Wahlhelfern zu erleichtern, können sich die Gemeindebehörden außerdem an Behörden und sonstige juristische Personen des öffentlichen Rechts wenden, die dann
verpflichtet sind, aus dem Kreis ihrer Mitarbeiter diejenigen
zu benennen, die im Gebiet der ersuchenden Gemeinde
wohnen. Die ersuchte Stelle hat den Betroffenen entsprechend zu unterrichten.
7.8.2

Sind Online-Wahlen technisch möglich
und erstrebenswert?

Die Bundesregierung prüft seit längerem, inwieweit politische Wahlen elektronisch unterstützt werden können. Hierzu
wurde im BMI eine Arbeitsgruppe „Online-Wahlen“ eingerichtet, die im Dialog zwischen Informatikern, Juristen und
Wahlorganisatoren die entsprechenden technischen, recht-

BfD 19. Tätigkeitsbericht 2001–2002

lichen und organisatorischen Anforderungen erarbeitet und
an der ich beteiligt bin. Es wird angestrebt, bis zur Bundestagswahl 2006 die Wahllokale so zu vernetzen, dass die
Wahlberechtigten nicht mehr nur in dem Wahlbezirk, in dem
sie wohnen, sondern in jedem beliebigen Wahllokal wählen
können. Damit soll der zunehmenden Mobilität der Wahlberechtigten aufgrund beruflicher Anforderungen oder persönlicher Wünsche Rechnung getragen werden. Als Fernziel
wird die Stimmabgabe vom heimischen PC aus oder per
Handy anvisiert.
Für die Stimmabgabe auf elektronischem Wege stellen die
rechtlichen Anforderungen des Artikels 38 GG zum Teil
hohe Hürden dar, die nicht leicht zu bewältigen sind:
– Die geheime Wahl erfordert eine technische Gestaltung
des Wahlvorganges, die es unmöglich macht, die Wahlentscheidung eines Wählers zu erkennen oder zu rekonstruieren. Das bedeutet, dass das Wahlverhalten auch
nach der Stimmabgabe dauerhaft geheim bleiben muss.
Dies ist bei den heute eingesetzten Verschlüsselungsverfahren nicht zu gewährleisten, da eine zeitlich uneingeschränkte Sicherheitsaussage kaum möglich ist. Völlig
ungelöst ist darüber hinaus bei einer Stimmabgabe vom
heimischen PC aus oder per Handy die Sicherstellung
der unbeobachteten Wahlentscheidung.
– Die freie Wahl meint die Ausübung des aktiven Wahlrechts ohne physischen Zwang oder psychischen Druck.
Dies ist u. a. nur dann gewährleistet, wenn die eigentliche Wahlentscheidung ohne direkte Beeinflussung
durchgeführt wird.
– Die Gleichheit der Wahl garantiert, dass die Stimme jedes Wählers den gleichen Zählwert hat. Es muss also
insbesondere sichergestellt werden, dass Mehrfachabgaben desselben Wählers sicher erkannt und ausgeschlossen werden können.
Außerdem sind folgende Anforderungen technisch zu gewährleisten (vgl. hierzu Nr. 11.1.2):
– Die zur Stimmabgabe gewählte Technik muss am Tag
der Wahl absolut sicher verfügbar und funktionsfähig
sein.
– Sowohl das Wählervotum als auch die ermittelten Wahlergebnisse müssen bei der Übertragung und bei der anschließenden Speicherung sicher gegenüber Manipulationen sein.
– Derzeit wird der Kreis der Wahlberechtigten über Wählerverzeichnisse festgelegt. Auch bei der Durchführung
der Online-Wahl muss es möglich sein zu überprüfen, ob
derjenige, der ein Votum abgeben will, auch wahlberechtigt ist.
Eine Wahl über das Internet ist mit der heute verfügbaren
Technik und Software kaum vorstellbar. Selbst wenn die
technischen Probleme gelöst werden könnten, müssten zuvor Akzeptanz und Vertrauen der Wähler in eine solche
Wahl reifen. Schließlich stellt sich noch die Frage, ob eine
Online-Wahl vom heimischen PC aus oder per Handy überhaupt in unsere Wahlkultur passt. Es ist fraglich, ob eine
derart beiläufige Stimmabgabe der politischen Bedeutung
der Wahlhandlung als maßgeblichem demokratischen Element gerecht wird.

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