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– § 14 StUG und damit der Anspruch von Betroffenen oder
Dritten auf Anonymisierung bzw. Löschung von personenbezogenen Informationen sollte gestrichen werden.
Ich habe mich in schriftlichen Stellungnahmen, zwei Anhörungen vor dem Innenausschuss des Deutschen Bundestages
und in einer weiteren Anhörung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion allgemein zu dem Regelungsbedarf sowie dem konkreten Gesetzentwurf geäußert. Dabei habe ich insbesondere betont, dass ausweislich der in § 1 des Gesetzes
aufgelisteten Ziele das StUG in erster Linie ein Opferschutzgesetz ist. In § 5 des Gesetzes ist zudem bestimmt,
dass die Verwendung personenbezogener Informationen
zum Nachteil der Opfer unzulässig ist. Eine Herausgabe von
Informationen gegen den Willen des Betroffenen, insbesondere wenn diese unter Verletzung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses oder unter Verstoß gegen die Unverletzlichkeit der Wohnung gewonnen wurden, sei damit nicht zu
vereinbaren. Damit ergäbe sich praktisch kein Spielraum für
eine Interessenabwägung zu Ungunsten des Opfers. Die
neue Regelung des § 32a über die Unterrichtung des Betroffenen habe ich grundsätzlich begrüßt und darauf hingewiesen, dass Ausnahmen von der Benachrichtigungspflicht nur
in sehr eng begrenzten Fällen und auch nur dann in Betracht
kommen könnten, wenn Nachteile für die betroffene Person
auszuschließen seien. Allerdings habe ich auch zu § 32a des
Entwurfs bemängelt, dass die betroffene Person letztlich
eine Herausgabe der sie betreffenden Informationen nicht
verhindern kann und ihre Einwände lediglich von der BStU
im Rahmen einer Interessenabwägung berücksichtigt werden. Zur Streichung des § 14 StUG habe ich darauf hingewiesen, dass nach Absatz 2 dieser Vorschrift eine Anonymisierung auf Antrag der Opfer ohnehin in den Fällen
unterbleibt, die in der Begründung des Gesetzentwurfs als
Argumente für eine Streichung angeführt wurden (Interessen anderer Personen oder Stellen am Fortbestand der Informationen). Außerdem habe ich eine konkrete Gesetzesformulierung vorgelegt, die in meinen Augen den Rechten der
Opfer in angemessener Weise Rechnung getragen und ausgeschlossen hätte, dass sie durch eine Herausgabe gegen ihren Willen ein zweites Mal zu Opfern würden.
Leider ist der Innenausschuss des Deutschen Bundestages
meinen Vorschlägen nicht gefolgt und hat beschlossen, den
Koalitionsentwurf unverändert dem Bundestagsplenum zur
Beschlussfassung vorzulegen.
Erst buchstäblich in letzter Minute wurde zwischen den Koalitionsfraktionen und der FDP-Bundestagsfraktion ein
Kompromiss vereinbart, der durch einen gemeinsamen Änderungsantrag für die zweite Lesung des Gesetzentwurfs
eingebracht wurde. Dieser Kompromiss, an dem ich ebenfalls mitgewirkt habe, sah vor, in die neu gefasste Abwägungsklausel des § 32 eine Bestimmung aufzunehmen, nach
der bei der Abwägung insbesondere zu berücksichtigen sei,
„ob die Informationserhebung erkennbar auf einer Menschenrechtsverletzung“ beruhe. In dieser Fassung ist das
Gesetz vom Deutschen Bundestag schließlich beschlossen
worden. Der Bundesrat hat darauf verzichtet, den Vermittlungsausschuss anzurufen, sodass das Fünfte Gesetz zur Änderung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes bereits am 6. September 2002 in Kraft treten konnte (BGBl. I S. 3446).
Ich halte die Änderungen des StUG insgesamt für vertretbar.
Die Rechte des Opfers sind durch den im parlamentarischen

Verfahren ergänzten Satz gestärkt worden, auch wenn es
letztlich bei der Abwägungsklausel verblieben ist. Ich kann
mir indessen kaum vorstellen, dass die BStU Unterlagen mit
personenbezogenen Informationen gegen den Willen eines
früheren Stasi-Opfers herausgibt, die durch Verletzung des
Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses, unter Verstoß gegen die Unverletzlichkeit der Wohnung oder durch eine
sonstige Menschenrechtsverletzung gewonnen wurden.
Ob die neue Regelung eine dauerhafte Grundlage für die
weitere Arbeit der BStU darstellt, wird entscheidend auch
von ihrer praktischen Handhabung abhängen. Diesbezüglich
weiß ich aus eigener Anschauung durch zahlreiche Beratungs- und Kontrollbesuche, wie sorgfältig und gewissenhaft in dieser Behörde der Umgang mit besonders heiklen
personenbezogenen Daten gepflegt wird.
7.6.2

Weitere Besuche bei der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des
Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen
DDR und ihren Außenstellen

Im Berichtszeitraum habe ich sowohl die Zentrale in Berlin
als auch zwei Außenstellen der BStU beraten und kontrolliert. Schwerpunkt bei meinen Besuchen in der Zentrale war
dabei das Verfahren der BStU im Umgang mit Stasi-Abhörprotokollen. Dabei habe ich Unterlagen von mir ausgewählter Personen der Zeitgeschichte eingesehen, bei denen auf
Antrag von Forschern und Medien Stasi-Unterlagen von der
BStU herausgegeben wurden. Ich habe dabei den Eindruck
gewonnen, dass in der Vergangenheit Stasi-Abhörprotokolle
in der Praxis der BStU fast keine Rolle gespielt haben. Allerdings wurden in mehreren Fällen Stasi-Abhörprotokolle
in Form von zusammenfassenden Vermerken herausgegeben, was nach meiner Rechtsauffassung nicht zulässig ist.
Von einer formalen Beanstandung habe ich wegen des damals laufenden Rechtsstreits mit dem früheren Bundeskanzler Dr. Kohl und der dann erfolgten Änderung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes abgesehen.
Bei meinen Besuchen in den Außenstellen der BStU habe ich
erneut einen sorgfältigen und gewissenhaften Umgang mit
den äußerst sensiblen Unterlagen festgestellt. Der Schwerpunkt meiner Kontrollen war dabei wieder das Verfahren der
BStU bei Anträgen auf Auskunft und Einsicht in die Unterlagen des ehemaligen Staatssicherheitsdienstes sowie die automatisierte Datenverarbeitung. Soweit von mir Mängel festgestellt wurden, sind diese umgehend behoben worden.
Für das im letzten Tätigkeitsbericht angesprochene Problem
bei der Behandlung von Besuchern bei der BStU wurde folgende Lösung gefunden: Besucher brauchen ihren Personalausweis für die Dauer des Besuches nicht mehr zu hinterlegen. Allerdings besteht die BStU aus Gründen der
Sicherheit und des Nachweises weiterhin darauf, dass die
Besucher einen – abgespeckten – Besucherschein ausfüllen.
Sie hat sich ferner bereit erklärt, die Besucherscheine nach
drei Monaten zu vernichten. Die Dauer der Aufbewahrung
habe ich nochmals hinterfragt.
Bei meinen Besuchen habe ich auch die Gebäudeüberwachung durch Videokameras überprüft und auf die geänderte Rechtslage nach Einführung des neuen § 6b BDSG im
Jahre 2001 hingewiesen (vgl. hierzu auch Nrn. 3.2.2 und 4.1).
Auch hier ist die BStU meinen Anregungen gefolgt und hat
öffentlich zugängliche Räume mit Hinweisbeschilderung auf

BfD 19. Tätigkeitsbericht 2001–2002

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