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Obwohl als ein Ziel der Novellierung ausdrücklich die Verbesserung des Datenschutzes aufgeführt war, wurden die
vorgenannten Datenschutzforderungen überwiegend nicht
erfüllt. Lediglich der geplante Zusammenschluss mehrerer
Melderegister wurde fallen gelassen und bei Melderegisterauskünften mithilfe des Internets die Mindestforderung der
Datenschutzbeauftragten – nämlich die Widerspruchsmöglichkeit des Betroffenen – berücksichtigt. Selbst die vom
BMI zunächst vorgesehene Abschaffung der Hotelmeldepflicht wurde nicht realisiert. Damit bleibt diese millionenfache Datenerhebung weiterhin unverändert bestehen, obgleich sie in der Vergangenheit nicht zu nachweisbarem
Nutzen geführt hat.
Das Gesetz zur Änderung des Melderechtsrahmengesetzes
und anderer Gesetze wurde vom Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates beschlossen und am 3. April 2002 im
Bundesgesetzblatt (BGBl I S. 1186) verkündet.
Ich bedauere, dass der datenschutzrechtliche Standard des
Melderechtsrahmengesetzes nach wie vor wenig befriedigend ist. Gerade in diesem Bereich gibt es besonders viele
Beschwerden der Bürger, die sich insbesondere gegen die
Auskünfte an Parteien sowie gegen die einfache Melderegisterauskunft an jedermann richten, weil die Bürger hierdurch ihre informationelle Selbstbestimmung – nämlich
grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung ihrer persönlichen Daten zu bestimmen – gefährdet sehen.
7.4
Datenschutzgesetz für die Suchdienste –
eine endliche Geschichte?
Aufgrund meiner Hinweise auf fehlende Datenschutzregelungen hat die Bundesregierung bereits im Sommer 1998
ihre Bereitschaft erklärt, die Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten durch den Suchdienst des Deutschen
Roten Kreuzes und die kirchlichen Suchdienste sobald wie
möglich gesetzlich zu regeln. In meinem 18. TB (Nr. 5.4)
habe ich über einen ersten Entwurf eines Suchdienstedatenschutzgesetzes berichtet, der aber noch nicht mit den Ressorts und den betroffenen Organisationen abgestimmt war.
Auch im Berichtszeitraum ist es dem BMI trotz zahlreicher
Gespräche und Abstimmungen mit meinem Hause nicht gelungen, dem Parlament entsprechende gesetzliche Regelungen vorzulegen. Vielmehr ist der Gesetzentwurf wegen
BMI-interner Abstimmungsschwierigkeiten noch nicht in
die Ressortabstimmung gelangt. Das BMI hat mich Ende
September 2002 darüber unterrichtet, dass das Gesetzesvorhaben nunmehr in dieser Legislaturperiode in Verbindung
mit einem wichtigen Datenschutzprojekt verwirklicht werden soll. Ich werde über die Fortentwicklung berichten.
7.5
Dopingopfer-Hilfe – datenschutzfreundlich geregelt
Im Frühjahr 2002 ist mir vom BMI der Entwurf eines Gesetzes
über eine finanzielle Hilfe für Dopingopfer der DDR (Dopingopfer-Hilfegesetz) zur kurzfristigen Stellungnahme zugeleitet worden. Darin ist vorgesehen, Hochleistungssportler und
-nachwuchssportler, die im staatlichen Auftrag der ehemaligen
DDR gedopt worden sind, aus humanitären und sozialen Gründen finanziell und moralisch zu unterstützen. Zu diesem
Zweck soll ein Hilfefonds beim Bundesverwaltungsamt
(BVA) eingerichtet werden. Ich habe bemängelt, dass der Entwurf nicht erkennbar macht, in welcher Form das BVA und der
BfD 19. Tätigkeitsbericht 2001–2002
beim BMI einzurichtende Beirat die von den Anspruchsberechtigten übermittelten personenbezogenen Daten verarbeiten und nutzen soll. Da es sich bei diesen Daten um sehr sensible Daten handelt, habe ich dringend empfohlen, im Gesetz
nähere Regelungen über die Verarbeitung und Nutzung dieser
Daten zu treffen. Durch die Einfügung eines eigenen Paragrafen „Datenschutz“ in den Gesetzentwurf hat die Bundesregierung meiner Empfehlung entsprochen. Das Gesetz ist am
25. August 2002 in Kraft getreten (BGBl. I S. 3410).
7.6
Das Stasi-Unterlagen-Gesetz und die
Bundesbeauftragte für die Unterlagen
des Staatssicherheitsdienstes
der ehemaligen DDR
7.6.1
Der „Fall Kohl“ und die Folgen für
das Stasi-Unterlagen-Gesetz
In dem von der interessierten Öffentlichkeit und den Medien
mit großer Aufmerksamkeit verfolgten Rechtsstreit zwischen dem ehemaligen Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl und
der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (BStU) hat das Bundesverwaltungsgericht am 8. März 2002 das erstinstanzliche Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin bestätigt und entschieden,
die BStU dürfe die umstrittenen Unterlagen mit personenbezogenen Informationen über den Kläger nicht für die Forschung, die politische Bildung oder die Verwendung durch
die Medien zur Verfügung stellen (BVerwGE 116, 104). Dieses Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes ist nach meiner
Auffassung – wie schon das Urteil des Verwaltungsgerichts
Berlin – überzeugend. Es stellt unmissverständlich klar, dass
auch Personen der Zeitgeschichte – sofern sie nicht Mitarbeiter oder Begünstigte der Staatssicherheit waren – eine Herausgabe von Unterlagen mit ihren personenbezogenen Daten
nicht hinnehmen müssen, wenn sie insbesondere durch die
Art der Beschaffung dieser Unterlagen selbst zu Opfern des
DDR-Regimes geworden sind. Angesichts dieses Urteils sah
sich die BStU gehindert, ihren Aufgaben hinsichtlich der historischen, politischen und juristischen Aufarbeitung der Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes in dem bisherigen Umfang nachzukommen, soweit dadurch Personen der
Zeitgeschichte, Inhaber politischer Funktionen oder Amtsträger betroffen waren. Die Koalitionsfraktionen von SPD
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben deshalb noch im
Juni 2002, kurz vor Ende der Legislaturperiode, den Entwurf
eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Stasi-UnterlagenGesetzes (Bundestagsdrucksache 14/9219) eingebracht. Dieser Entwurf beinhaltete folgende Änderungsvorschläge:
– § 32 des Stasi-Unterlagen-Gesetzes (StUG) sollte weitgehend neu gefasst werden, um personenbezogene Informationen über Personen der Zeitgeschichte, Inhaber politischer Funktionen oder Amtsträger für die historische und
politische Aufarbeitung der Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes zugänglich zu machen, soweit deren zeitgeschichtliche Rolle bzw. das funktions- oder amtsbezogene
Wirken dieser Personen betroffen sind. Das bisherige
Verbot der Herausgabe, falls diese Personen zugleich Opfer der Staatssicherheit gewesen sind, sollte aufgehoben
und durch eine Abwägungsklausel ersetzt werden.
– Ein neuer § 32a sollte in das StUG eingeführt werden,
der die Benachrichtigung des Betroffenen und die Möglichkeit, Einwendungen zu erheben, regelt.