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1.6
Reform der Arbeitsverwaltung – Arbeit
für den Datenschutz
Die Reform der Arbeitsverwaltung und die Verbesserung der
Vermittlung von Arbeitslosen sind Ziele, die uneingeschränkte Unterstützung verdienen. Bei den neuen Wegen,
die hierzu im Berichtszeitraum beschritten worden sind, bleiben Fragen des Datenschutzes aber vielfach offen. So sieht
das Gesetz zur Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen
Arbeitsämtern und Trägern der Sozialhilfe vom 20. November 2000 eine Förderung von Modellprojekten zur Verbesserung der Zusammenarbeit von Arbeits- und Sozialämtern
vor, mit denen die Vermittlung arbeitsloser Sozialhilfeempfänger verbessert werden soll (vgl. Nr. 23.2.1). Der hierfür
erforderliche Datenaustausch zwischen den Ämtern, die zu
unterschiedlichen Gebietskörperschaften gehören, mit privaten Stellen und in die vorgesehene Evaluierung eingebundenen Forschungsinstituten ist aber nicht hinreichend geregelt
worden, sodass in der Praxis jetzt viele datenschutzrechtliche
Fragen noch ungeklärt sind.
Auch die Umsetzung der Vorschläge der so genannten HartzKommission hat zum Teil erhebliche Auswirkungen auf rechtliche Regelungen zum Sozialdatenschutz (vgl. Nr. 23.2.2).
Auch hier geht es u. a. um Datenflüsse zwischen der Arbeitsverwaltung und zum Teil privat organisierten Personal-Service-Agenturen, um den Zugang privater Vermittler zu den
Computersystemen der Arbeitsämter sowie um die Entwicklung einer digitalen Signaturkarte für den Abruf von Verdienst- und Arbeitsbescheinigungen.
An diesem Beispiel zeigt sich deutlich, wie wichtig es ist,
datenschutzrechtliche Aspekte von vornherein in alle Überlegungen der Verwaltungsmodernisierung, der Privatisierung bislang staatlicher Aufgabenerfüllung und der Effizienzsteigerung beim Verwaltungshandeln mit einzubeziehen.
Das Datenschutzrecht bietet genügend Möglichkeiten, um
zu sinnvollen, datenschutzkonformen Lösungen zu kommen. Probleme entstehen nicht dadurch, dass der Datenschutz Reform- und Modernisierungsprojekte an sich behindern oder gar vereiteln würde, sondern dadurch, dass
vielfach geplant und entschieden wird, ohne an Datenschutz
überhaupt zu denken, und dies, obwohl es um Grundrechtsschutz der Bürger geht.
1.7
Wie elektronisch wird das
Gesundheitswesen?
Grundlegende Reformen stehen auch im Gesundheitswesen an. Um den vielfältigen Problemen und den ständig
steigenden Kosten zu begegnen, wird auch immer wieder
der Einsatz elektronischer Mittel propagiert, und dies auf
unterschiedlichen Ebenen und zu verschiedenen Zwecken.
So wurde und wird im Rahmen der Gesundheitsreform
überlegt, einen Datenpool aller Leistungserbringer für
Steuerungsaufgaben der gesetzlichen Krankenversicherung
und für gesundheitspolitische Auswertungen zu schaffen
(vgl. Nr. 24.1.1). Unter dem Oberbegriff Telematik im Gesundheitswesen (vgl. Nr. 28.1) wird die Anwendung von
Telekommunikation und Informatik verstanden, um die
medizinische Versorgung zu optimieren, patientenorientierte Angebote zu verbessern, Wirtschaftspotenziale zu erschließen bzw. Kosten zu senken. Hierunter fallen das
elektronische Rezept (vgl. Nr. 28.2), die elektronische Ge-
BfD 19. Tätigkeitsbericht 2001–2002
sundheitskarte (vgl. Nr. 28.3) oder auch die elektronische
Patientenakte (vgl. Nr. 28.4).
Die Vielfalt der auch in der Öffentlichkeit diskutierten elektronischen Möglichkeiten und Anwendungen ist verwirrend
und der betroffene Bürger verliert den Überblick, was wo
für wen über seine Gesundheit gespeichert werden soll, wer
Zugriff auf diese Daten hat, zwischen welchen Stellen welcher Datenaustausch stattfinden soll, wer was in welcher
Form auswerten darf und was bei dem allen aus seinem
Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung und dem
Schutz hoch sensibler Gesundheitsdaten wird.
Ich halte es deswegen für entscheidend, dass am Ende der
Diskussion Lösungen gefunden werden, die für den Patienten absolut transparent sind und bei denen er Herr seiner
Daten bleibt. Akzeptanz wird der Einsatz neuer Techniken
in diesem Bereich nur finden können, wenn der Bürger sein
Misstrauen verliert und dies nicht als Versuch begreift, ihn
zu kontrollieren, sein Verhalten auszuspionieren oder Aufschluss über seinen tatsächlichen Gesundheitszustand zu erlangen. Auch hier sind deswegen datenschutzrechtliche
Überlegungen von vornherein in die Reformvorhaben als
integraler Bestandteil mit einzubeziehen.
1.8
Reformüberlegungen auch bei
elektronischen Medien
Während es im Datenschutz bei Telediensten vornehmlich
darum geht, die Anwendung des Teledienstedatenschutzgesetzes voranzubringen und diesem Gesetz flächendeckend
Respekt und Beachtung zu verschaffen (vgl. Nr. 11.2.2),
bahnt sich für die elektronischen Medien die nächste Gesetzesänderung an. Nach den Reformüberlegungen des zuständigen Ministeriums für Wirtschaft und Arbeit, die auf eine
Entschließung des Deutschen Bundestages zurückgehen,
sollen zum einen die Bereiche Teledienste, Mediendienste
und Rundfunk in einem Gesetz zusammengeführt und so
auch das entsprechende Datenschutzrecht vereinfacht werden, zum anderen soll die bestehende Datenschutzaufsicht
in diesem Bereich durch freiwillige und eigenverantwortliche Selbstregulierung der Medienwirtschaft ergänzt und
entlastet werden (vgl. Nr. 11.2.1). Dieses Vorhaben, dessen
nähere Ausgestaltung noch offen ist, passt sich gut in die generellen Überlegungen zur Reform des Datenschutzrechts
an, bei denen es auch um Vereinfachung des Regelungsdickichts, Reduktion der spezialgesetzlichen Vorschriften
und um Ausbau von Selbstregulierung und Selbstkontrolle
geht. Wenn auf diesem Weg das Datenschutzrecht überschaubarer, praktikabler wird und seine Einhaltung besser
kontrolliert werden kann, verdienen entsprechende Reformbemühungen Unterstützung.
1.9
Genomanalyse – was ist zulässig?
Es gibt wohl keine personenbezogeneren Daten als das
menschliche Genom. Durch den technisch/medizinischen
Fortschritt in der molekulargenetischen Forschung und die
daraus sich ergebende Möglichkeit von DNA-Analysen eröffnen sich ungeahnte Möglichkeiten, im Guten wie im
Schlechten.
Im Bereich des Strafverfahrens gibt es zur Nutzung der
DNA-Analyse bereits einschlägige Normen, die die Feststellung, Speicherung und Verwendung von DNA-Identifikationsmustern regeln (vgl. Nr. 8.2.3), aber noch immer sind