– 130 –

auch soweit es sich um Daten von Arbeitsuchenden
bzw. Sozialhilfeempfängern handelt, die nicht von
den Modellprojekten erfasst werden,
– ob diese Regelungen eine personenbezogene Übermittlung der Daten Arbeitsuchender und Sozialhilfeempfänger ohne deren Einwilligung erlauben,
– ob die Übermittlung der Sozialversicherungsnummer an das private Forschungsinstitut mit dem Verbot
des § 18f Abs. 5 SGB IV vereinbar ist, diese als Ordnungsnummer zu nutzen,
– ob die Übermittlung der Daten an das private Forschungsinstitut ohne die nach § 75 SGB X erforderliche Genehmigung durch die zuständige oberste Bundes- oder Landesbehörde erfolgen durfte.
Mit dem BMA und dem beauftragten Forschungsinstitut
wurden dabei von den Landesbeauftragten und mir intensive Gespräche geführt, die dazu führten, dass das
Forschungsinstitut mittlerweile die erforderlichen Genehmigungen nach § 75 SGB X beantragt und erhalten
hat. Auf die Übermittlung der Sozialversicherungsnummer hat es inzwischen verzichtet und bildet aus dem Aktenzeichen des Sozialamtes und weiteren Daten eine
„virtuelle Kundennummer“. Es hat den Landesbeauftragten und mir nachvollziehbar dargelegt, aus welchen
Gründen die Einwilligung der betroffenen Arbeitsuchenden und Sozialhilfeempfänger nicht eingeholt werden
kann. Außerdem wurde den Landesbeauftragten und mir
erläutert, dass die Daten von Arbeitsuchenden bzw. Sozialhilfeempfängern aus nicht an Modellprojekten beteiligten Arbeits- und Sozialämtern zu Vergleichszwecken
benötigt würden, um den Erfolg bzw. Misserfolg des
Modellprojektes aufzeigen zu können. Um die Modellprojekte evaluieren zu können, werden von den Arbeitsund Sozialämtern dem Forschungsinstitut personenbezogene Daten von
– Personen, die von Modellämtern zur Teilnahme am
Modellprojekt ausgesucht wurden;
– Personen, die von Modellämtern nicht zur Teilnahme
am Modellprojekt ausgesucht wurden;
und
– Personen, die von Vergleichsämtern benannt werden;
übermittelt, die zusätzlich persönlich befragt werden sollen.
Das Ziel der Kooperation von Arbeits- und Sozialämtern, die
betroffenen arbeitssuchenden Sozialhilfeempfänger von bürokratischen Zwängen, Laufereien usw. zu befreien und den
beteiligten Stellen Mehrfacharbeit etwa durch doppelte Erhebung des gleichen Lebenssachverhalts zu ersparen, wird von
mir nachhaltig unterstützt. Dabei darf allerdings der Grundrechtsschutz des Betroffenen nicht aus den Augen verloren
werden. Das Unglück, seine Arbeitsstelle zu verlieren oder
Sozialhilfeberechtigter zu werden, darf nicht zum Schaden
für das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung
des Betroffenen führen. Unter Berücksichtigung der grundlegenden Unterschiede zwischen Arbeitslosen- und Sozialhilfe
halte ich eine engere, auch technikunterstützte und datenschutzgerechte Kooperation von Arbeits- und Sozialämtern
für realisierbar. Dem Datenschutzrecht kommt hierbei keine
verhindernde, sondern eine gestaltende Rolle zu.

BfD 19. Tätigkeitsbericht 2001–2002

23.2.2

Die Vorschläge der Hartz-Kommission auf
dem datenschutzrechtlichen Prüfstand

Im Februar 2002 beauftragte die Bundesregierung eine aus
15 Mitgliedern bestehende Kommission „Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“ unter Leitung von Dr. Peter
Hartz, Mitglied des Vorstandes der Volkswagen AG (nach
ihrem Vorsitzenden auch „Hartz-Kommission“ genannt),
Vorschläge zur Reform der BA zu erarbeiten. Am 16. August 2002 legte die Kommission einen umfangreichen Bericht vor, der noch im Berichtszeitraum gesetzgeberisch umgesetzt wurde (Erstes und Zweites Gesetz für moderne
Dienstleistungen am Arbeitsmarkt, jeweils vom 23. Dezember 2002, BGBl. 2002 I, S. 4607 bzw. S. 4621).
Die Vorschläge der Hartz-Kommission haben zum Teil erhebliche Auswirkungen auf rechtliche Regelungen zum Sozialdatenschutz:
– Das von der Hartz-Kommission vorgeschlagene Modell
Job-Center zur Zusammenarbeit von Arbeits- und Sozialämtern ist eines der aufgrund des Gesetzes zur
Verbessung der Zusammenarbeit zwischen Arbeitsämtern und Trägern der Sozialhilfe vom 20. November
2000 (BGBl. I S. 1590 – Zusammenarbeitsgesetz, s. o.
Nr. 23.2.1) geförderten Modellprojekte. Der aufgrund
dieses Vorschlags durch das Zweite Gesetz für moderne
Dienstleistungen am Arbeitsmarkt geänderte § 402
SGB III hat den Betrieb von Job-Centern durch das
Arbeitsamt in den Katalog der Aufgaben der BA aufgenommen und die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung
der erforderlichen Sozialdaten für zulässig erklärt. Damit
wird dem Arbeitsamt die Möglichkeit eröffnet, von dem
örtlichen Sozialamt Daten zu erhalten sowie für dessen
Aufgaben Daten zu erheben und an dieses zu übermitteln. § 18 Abs. 2a BSHG beinhaltet eine korrespondierende Vorschrift für die Sozialämter.
Bei einem Arbeitsamt, das ein Job-Center betreibt,
werde ich in den nächsten Monaten gemeinsam mit dem
für das örtliche Sozialamt zuständigen Landesbeauftragten für den Datenschutz einen datenschutzrechtlichen
Kontroll-, Beratungs- und Informationsbesuch machen
und auf dieser Grundlage eine gemeinsame datenschutzrechtliche Beurteilung der Job-Center abgeben.
– Die stärkste Entlastung auf dem Arbeitsmarkt erhofft
sich die Hartz-Kommission durch eine Ausweitung der
Zeitarbeit. Zu diesem Zweck wurde § 37c mit der Verpflichtung in das SGB III eingeführt, dass jedes Arbeitsamt mindestens eine Personal-Service-Agentur (PSA) in
seinem Bezirk einrichtet. Zu diesem Zweck sollen die
Arbeitsämter Verträge mit privaten Zeitarbeitsunternehmen abschließen und nur ausnahmsweise PSA in Eigenregie betreiben. Die Arbeitslosen sollen von der PSA
angestellt und nach Tariflohn bezahlt werden. Unternehmen können die Leiharbeiter kostenlos auf Probe oder
gegen Entgelt einstellen, sie aber auch jederzeit entlassen, wenn es die Auftragslage notwendig machen sollte.
Die Zeitarbeit soll insbesondere schwer vermittelbaren
Langzeitarbeitslosen zu einer Stelle verhelfen. Wer die
Beschäftigung in einer PSA ablehnt, dem wird das Arbeitslosengeld gekürzt.
Die PSA werfen datenschutzrechtlich eine Reihe von
noch nicht geklärten Fragen auf. Dazu gehört auch das
Verhältnis von Job-Center im Arbeitsamt zu den privat-

Select target paragraph3