Drucksache 18/217

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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

radikal-islamistischem Hintergrund informiert. Einige islamistische Gruppierungen verfügten über enge Verbindungen zu islamistischen Organisationen im Ausland, andere agierten demgegenüber als unabhängige
Kleinstgruppen. Verstärkt seien im radikal-islamistischen Spektrum auch selbstmotivierte und autonom agierende Einzeltäter aktiv.
Im Hinblick auf diese Entwicklungen wurde das Parlamentarische Kontrollgremium auf die besondere Rolle des
Internets bei Radikalisierungsprozessen hingewiesen. Sich selbst über islamistische Internetforen radikalisierende Einzeltäter und terroristische Kleingruppen würden spätestens seit dem islamistisch motivierten Terroranschlag gegen amerikanische Soldaten im Jahre 2011 am Flughafen Frankfurt am Main als ein bedrohliches Phänomen angesehen.
Zur Informationsgewinnung über islamistische Netzwerke und Einzeltäter sind die Zusammenführung und Bewertung von Informationen, aber auch die Vernetzung und Abstimmung der Sicherheitsbehörden durch einen
funktionierenden Austausch besonders wichtig. Hierfür hat das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum
(GTAZ) in Berlin eine besondere Aufgabe. Dieses wurde eingerichtet, um operative Maßnahmen der Polizeiund Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern im Bereich islamistischer Terrorismus besser abzustimmen, die Früherkennung möglicher Bedrohungen zu erleichtern, Kommunikationswege zu verkürzen, Analysekompetenzen zu bündeln und dadurch zu stärken. Das Gremium hat sich bei einem Besuch des GTAZ und
im Rahmen seines Jahresarbeitsprogramms 2012 von der Bedeutung dieser Zusammenarbeit bei der Bekämpfung des Terrorismus ein Bild gemacht.
Ein weiteres wichtiges Thema waren die Reisebewegungen von Islamisten aus Deutschland nach Nordafrika
und in Staaten des Nahen Ostens und deren Rückkehr von dort nach Deutschland. Hierbei wurde deutlich, dass
sich das Bürgerkriegsland Syrien immer stärker zu einem Anziehungspunkt für Islamisten und Konvertiten aus
Deutschland entwickelt. Von diesem Personenkreis, der dort zum Teil paramilitärische Ausbildungen in Terrorcamps absolviert und Kampferfahrungen sammelt, können nach einer Rückkehr sicherheitsgefährdende Aktivitäten in Deutschland drohen.
4.

Reform des Verfassungsschutzes

Das Gremium wurde als eine der Schlussfolgerungen aus der NSU-Mordserie über die Reformüberlegungen
beim Bundesamt für Verfassungsschutz unterrichtet. Ebenso erfolgte eine Berichterstattung über Maßnahmen
und Initiativen zur Verbesserung des Informationsaustausches und der Kooperation von Verfassungsschutz- und
Polizeibehörden des Bundes und der Länder.
Zu nennen sind hier das Gemeinsame Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrums (GETZ), das am 15. November 2012 seine Arbeit mit dem Ziel aufnahm, einen verbesserten Informationsfluss zwischen Bundes- und
Landesbehörden zu ermöglichen, sowie das Gemeinsame Abwehrzentrum gegen Rechtsextremismus/terrorismus (GAR), das nunmehr im GETZ aufgeht.
Gegenstand der Erörterungen war auch die Verbesserung der Vernetzung der Verfassungsschutzbehörden von
Bund und Ländern beim Einsatz von V-Leuten und die Forderung nach gesetzlichen Standards für den Einsatz
von V-Leuten.
5.

Beobachtung der Partei DIE LINKE

Thematisiert wurde ferner die Beobachtung der Partei DIE LINKE unter Einbeziehung von etwa einem Drittel
der Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag durch das Bundesamt für Verfassungsschutz.
Hierzu hat sich das Parlamentarische Kontrollgremium über einschlägige Dienstanweisungen des Bundesamtes
für Verfassungsschutz informiert sowie über Fragen der Koordinierung zwischen dem Bundesamt und den Landesämtern für Verfassungsschutz.
Vor dem Hintergrund der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Juli 2010 wurde das Gremium
über die beobachteten Bundestagsabgeordneten aus der Fraktion DIE LINKE. unterrichtet. Gegenstand der Erörterungen war zudem die seit Ende 2012 geänderte Beobachtungspraxis des Bundesamtes für Verfassungsschutz,
nach der nur noch die offen extremistischen Gruppierungen in der Partei DIE LINKE der Beobachtung unterfallen sollen. Davon sind auch weiterhin Mitglieder des Deutschen Bundestages betroffen.
6.

Lage im Nahen Osten und in Nordafrika

Die Lage und die politischen Unruhen im Nahen Osten und in Nordafrika waren in diesem Berichtszeitraum
erneut ein Themenschwerpunkt in der Arbeit des Gremiums.

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