Auslandsübermittlungen
Besondere Vorgaben gelten für die Übermittlung ins Ausland. Hier zeigen sich etwa im geltenden Verfassungsschutzrecht erhebliche Defizite. So fehlt etwa in § 19 Absatz 3 BVerfSchG eine Regelung, die der des
BKAG hinsichtlich der Mitteilung des Löschungszeitpunkts der Daten an den Empfänger, der Berücksichtigung schutzwürdiger Interessen der betroffenen Person im Einzelfall sowie zum Vorhandensein eines angemessen Datenschutzniveaus im Empfängerstaat (§ 14 Abs. 7 Satz 6 und Sätze 8, 9 BKAG) entspricht.
Auch die Übermittlungsvoraussetzungen des § 14 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 3, Satz 2 BKAG sind
nicht verfassungskonform. In ähnlicher Weise gilt dies auch für § 19 Absatz 3 BVerfSchG.
Verfahrenssicherungen
Richtervorbehalte, Transparenz, Protokollierung und datenschutzrechtliche Kontrolle sollte der Gesetzgeber
ebenfalls für das gesamte Sicherheitsrecht überarbeiten.
Insbesondere im Bereich der heimlichen Datenverarbeitung ist der schwach ausgestaltete Individualrechtsschutz durch effiziente, wirksame und regelmäßige Datenschutzkontrollen zu kompensieren (s. o.). Zunehmend operieren auch Polizeibehörden geheim, obgleich sie Daten grundsätzlich offen erheben müssen. Gerade im Bereich der Zentralstellenfunktion des Bundeskriminalamts kommt es jedoch zu zahlreichen Datenverarbeitungen, die den betroffenen Personen verborgen bleiben und mit denen diese nicht rechnen. Mit
neuen polizeilichen Informationsverbünden, die im Hintergrund Zusammenhänge herstellen und Daten abgleichen, ist davon auszugehen, dass derartig verborgene Datenflüsse in Zukunft weiter zunehmen.
Darüber hinaus kann die Kompensationsfunktion nur dann Wirkung entfalten, wenn die betroffenen Behörden
auf meine Beanstandungen in derselben Weise reagieren wie auf verwaltungsgerichtliche Urteile. Gerade gegenüber den Verfassungsschutzbehörden habe ich jedoch keine Weisungsbefugnisse. Auch ein gerichtliches
Verfahren kann ich nach derzeitiger Rechtslage nicht anstoßen. In Bezug auf die Polizeibehörden entspricht dies
nicht den Vorgaben der neuen EU Richtlinie zum Datenschutz im Bereich Justiz und Inneres (JI Richtlinie
vgl. o. Nr. 1.2.2).
B. Aktuelle Gesetze/Gesetzentwürfe - Defizite hinsichtlich der verfassungsgerichtlichen Vorgaben
Auch aktuelle Gesetze und Gesetzentwürfe weisen erhebliche Defizite im Hinblick auf die Beachtung der verfassungsrechtlichen Vorgaben auf.
Exemplarisch verdeutlicht dies der Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Datenschutzrechts an die Verordnung (EU) 2016/679 und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 (Datenschutz-Anpassungs- und Umsetzungsgesetz EU - Bundestagsdrucksache 18/11325 - vgl. Nr. 1.2). Der Entwurf enthält auch Regelungen zur
Änderung des BND-Gesetzes (Art. 4, § 32 BNDG-E und § 32a Abs. 1 Nr. 1 lit. b) BNGG-E). Diese sind aber
keine Anpassungen an die Verordnung. Vielmehr sollen - entgegen dem geltenden Recht und den vorgenannten
verfassungsgerichtlichen Vorgaben - meine Befugnisse beschränkt werden. Ich hoffe, dass der Gesetzgeber
meinem Petitum folgend hiervon Abstand nimmt.
C. Konsequenzen für den Haushaltsgesetzgeber
Der Haushaltsgesetzgeber ist aufgrund der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts gefordert, das personelle
Defizit in meinem Haus erkennbar in den kommenden Haushaltsjahren abzubauen. Erfreulicherweise sind erste
Schritte im Berichtszeitraum erfolgt. Ohne weiteren und kontinuierlichen Personalaufbau sind die Vorgaben des
Bundesverfassungsgerichts aber nicht umsetzbar.
BfDI 26. Tätigkeitsbericht 2015-2016
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