Daneben enthält der Gesetzentwurf Regelungen zum besonderen elektronischen Notarpostfach und zum elektronischen Notarverzeichnis. Das elektronische Notarverzeichnis existiert bereits auf freiwilliger Basis und wird
nun auf eine gesetzliche Grundlage gestellt.
Bereits der erste Referentenentwurf hat datenschutzrechtliche Aspekte weitgehend berücksichtigt. Zudem wurden die von mir im Rahmen der Ressortabstimmung ausgesprochenen Empfehlungen vollständig in den Gesetzesentwurf eingearbeitet. Dies begrüße ich sehr.
Verordnung über die Rechtsanwaltsverzeichnisse und die besonderen elektronischen Anwaltspostfächer
Mit der neuen Verordnung über die Rechtsanwaltsverzeichnisse und die besonderen elektronischen Anwaltspostfächer (RAVPV) wird von der Verordnungsermächtigung des § 31c Bundesrechtsanwaltsordnung Gebrauch
gemacht. Die RAVPV enthält spezifische Regelungen über das besondere elektronische Anwaltspostfach sowie
über die Rechtsanwaltsverzeichnisse der Anwaltskammern und das Gesamtverzeichnis der Bundesrechtsanwaltskammer.
Weiter sieht die RAVPV Bestimmungen zum Inhalt, zur Berichtigung, Löschung und Sperrung von Eintragungen in den Rechtsanwaltsverzeichnissen vor. Auch für das besondere elektronische Anwaltspostfach werden in
der RAVPV die Einrichtung, Ausgestaltung, Sperrung und Löschung der Postfächer geregelt.
Die Vorschriften wurden durch das BMJV datenschutzkonform ausgestaltet.
Die Digitalisierung in der Justiz wird mich sicher auch in den kommenden Jahren noch intensiv beschäftigen.
12.2.2 Vorratsspeicherung von Daten 2.0
Nachdem zunächst das Bundesverfassungsgericht (Urteil vom 02.03. 2010, Az. 1 BvR 256/08) und später der
Europäische Gerichtshof (Urteil vom 08.04.2014, Az. C-293/12 und C-594/12) die gesetzlichen Grundlagen für
die Vorratsspeicherung von Telekommunikationsverkehrsdaten auf nationaler und europäischer Ebene für
grundrechtswidrig erklärt hatten, wagte der Gesetzgeber bereits im Frühjahr 2015 einen neuen Anlauf.
Leider erfolgte dies nicht im Stile eines Mittel- oder Langstreckenlaufs, bei dem man sein Tempo wohlüberlegt
gestaltet, sondern vielmehr in Form eines 100-Meter-Sprints. Im Mai 2015 legte das Bundesministerium der
Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) einen Gesetzentwurf zur Wiedereinführung der Vorratsspeicherung
von Daten vor. Dieser wurde - entgegen der Vorgaben der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien - mit extrem kurzen Stellungnahmefristen und ohne Durchführung einer Ressortbesprechung innerhalb von
nur sieben Tagen vom Kabinett beschlossen. Bei einem umfangreichen Gesetzgebungsverfahren, das massive
Eingriffe in die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger zur Folge hat, ist dies deutlich zu kritisieren.
Doch nicht nur beim Verfahren weist das neue Gesetz Defizite auf. Die neuen Regelungen erhielten mit „Gesetz
zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten“ zwar einen neuen Namen. Inhaltlich finden sich aber auch hier in vielen Punkten dieselben rechtlichen Probleme, die schon in vorherigen Gesetzen angelegt waren. Auch wenn die Eingriffe durch das neue Gesetz, beispielsweise durch eine Verkürzung der Speicherfristen und die Ausnahme für E-Mails, weniger weitgehend sind als bei dem vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) für nichtig erklärten ersten Gesetz, und Anforderungen des Gerichts zur Sicherheit
der Daten berücksichtigt wurden, bestehen nach wie vor erhebliche Zweifel, ob die neuen Regelungen grundrechtkonform sind (vgl. Kasten a zu Nr. 12.2.2).
Hinsichtlich der Auflistung sämtlicher Defizite verweise ich auf meine im Gesetzgebungsverfahren gegenüber
dem Deutschen Bundestag abgegebene ausführliche Stellungnahme (abrufbar unter: www.datenschutz.bund.de).
An dieser Stelle möchte ich gleichwohl zwei wesentliche Argumente für meine Bewertung nennen: Unabhängig
von der bereits erwähnten „restriktiveren“ Ausgestaltung handelt es sich auch bei der aktuellen Version der
Vorratsspeicherung von Daten um einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff von besonderem Ausmaß. Sowohl das BVerfG als auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) haben in ihren Urteilen klargestellt, dass bei
BfDI 26. Tätigkeitsbericht 2015-2016
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