bisher nur eine limitierte Lebensdauer. Es muss jedoch sichergestellt werden, dass die Daten aus den elektronischen Akten bis zum Ende der Speicherfrist lesbar bleiben. Auf der anderen Seite muss auch technisch gewährleistet sein, dass personenbezogene Daten am Ende der jeweiligen Speicherfrist gelöscht werden können.
Im Berichtszeitraum gab es diverse Gesetzgebungs- und Verordnungsverfahren, die die Digitalisierung der Justiz zum Gegenstand hatten:
Elektronische Akte im Strafverfahren
Ein erster Entwurf wurde bereits im Juni 2012 der Justizministerkonferenz vorgestellt. Das Bundeskabinett hat
den Gesetzentwurf zur elektronischen Akte im Strafverfahren nun verabschiedet und in das parlamentarische
Verfahren eingebracht (Bundestagsdrucksache 18/9416). Zu dem Gesetzentwurf hatte ich im Rahmen der Ressortberatungen ausführlich Stellung genommen (25. TB Nr. 6.3). Leider haben meine Anregungen bislang keine
Resonanz gefunden. Mir liegen auch keine Vorschläge vor, wie das Verfahren der elektronischen Akte in der
Praxis durchgeführt werden soll. Hierbei geht es insbesondere um die Frage, welche Stelle die Akten faktisch
führen wird. In der Papierwelt heftet häufig der bearbeitende Kriminalbeamte die Akte zusammen und sendet
sie an die Staatsanwaltschaft. Diese entscheidet über den weiteren Fortgang und leitet die Akte an das Gericht
weiter. Daher ist zu klären, ob der Gesetzentwurf dieses Verfahren auch elektronisch abbilden kann und will.
Ungeklärt ist zudem die Frage, ob die Justizbehörden eine technische Grundlage schaffen wollen, die von den
Polizeibehörden mitgenutzt werden kann oder ob der umgekehrte Weg eingeschlagen werden soll. Denkbar
wäre etwa, die Vorgangsbearbeitungssysteme der Polizeibehörden um ein entsprechendes Modul zu erweitern.
Wollen Justizbehörden und Polizeibehörden für ein und dieselbe „Akte“ unterschiedliche Systeme nutzen, stellt
sich die Frage nach den Schnittstellen und der Zusammenarbeit. Daraus ergeben sich neben ökonomischen auch
datenschutzrechtliche Fragen.
Ebenso wie beim Entwurf für ein neues Bundeskriminalamtgesetz (BKAG, vgl. Nr. 10.2.9.1) sollten zunächst
die grundlegenden Fragen zur angestrebten Architektur geklärt sein. Mit anderen Worten: Was genau wollen
Gesetzgeber und Praxis erreichen? Erst dann kann optimal gesagt werden, welche Vorgaben der Gesetzgeber,
insbesondere hinsichtlich der Verantwortlichkeiten und Zugriffsregelungen, schaffen sollte.
Außerdem müssen die aktuellen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in seiner Entscheidung zum BKAG
(Nr. 1.3) berücksichtigt werden. Diese betreffen etwa die zweckändernde Verwendung von Daten. Der Gesetzentwurf zur elektronischen Akte im Strafverfahren will hier sehr weitgehende und niedrigschwellige Zweckänderungen freigeben, unabhängig von der Sensibilität der Daten und ihrer Erhebung. Dies führt zu verfassungsrechtlichen Risiken, wenn die Daten auch an die Nachrichtendienste übermittelt werden.
Kritisch zu bewerten ist auch der Umstand, dass Daten u. a. zu Opfern und Zeugen in der elektronischen Akte in
einem Umfang gespeichert werden können, der weit über den Inhalt der Informationssysteme der Polizeibehörden hinausgeht.
Elektronisches Urkundenarchiv
Das BMJV hat im August 2016 den Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung der Aufbewahrung von Notariatsunterlagen und Einrichtung des elektronischen Urkundenarchivs vorgelegt. Kern des Gesetzentwurfs ist die
Einrichtung eines elektronischen Urkundenarchivs bei der Bundesnotarkammer. In diesem sollen notarielle
Unterlagen künftig vorrangig aufbewahrt werden und zwar bis zum Ende der gesetzlichen Aufbewahrungsfrist
von grundsätzlich 100 Jahren. Die Bundesnotarkammer soll verpflichtet werden, dieses Archiv bis spätestens
2022 zu errichten.
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BfDI 26. Tätigkeitsbericht 2015-2016