Die hier aufgeworfenen Fragen führen auch in Einzelfällen zu Problemen, zu denen sich betroffene Bürgerinnen und Bürger mit der Bitte um Unterstützung an mich wenden. So habe ich in einem Fall festgestellt, dass die
Speicherung eines Falls von der Auskunft an einen Petenten ausgenommen worden war; dies hat das BKA
nunmehr nachgeholt. In einem anderen Fall habe ich bemerkt, dass ein Petent über 30 Jahre als Kontakt- und
Begleitperson gespeichert war, obwohl der letzte nachgewiesene Kontakt in den 1980er Jahren stattgefunden
hatte.
10.2.10 ... aus dem Bereich Innere Sicherheit: Nachrichtendienste
Die Nachrichtendienste sind wesentliche Säulen der Sicherheitsarchitektur (vgl. 23. TB Nr. 7.1.1, 22. TB
Nr. 4.2, 21. TB Nr. 5.1) und müssen insbesondere auch international kooperieren; die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts sind aber - auch insoweit - stets zu beachten. Daraus ergeben sich Handlungspflichten für den
Gesetzgeber - auch in Bezug auf die personelle Ausstattung der Kontrollorgane.
Innerhalb der Sicherheitsarchitektur der Bundesrepublik Deutschland nehmen die Nachrichtendienste eine zentrale Stellung ein. Zutreffend betont das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 13. Oktober 2016
(BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 13.10.2016, Az.: 2 BvE 2/15, Rn. 126): „Nachrichtendienste sind
Ausdruck der Grundentscheidung des Grundgesetzes für eine wehrhafte Demokratie, des Selbstbehauptungswillens des Rechtsstaates und damit Bestandteil des Sicherheitssystems der Bundesrepublik Deutschland (...).“
Nachrichtendienste haben besondere Aufgaben und Befugnisse. Sie dürfen so frühzeitig wie keine andere Behörde und auch weitreichend und heimlich in die Grundrechte der Betroffenen eingreifen (vgl. o. Nr. 1.3). Die
Kontrolle der Nachrichtendienste ist dabei eine notwendige Kompensation zum Schutz der Grundrechte der
Betroffenen (vgl. o. Nr. 1.3). Diese Funktion hat das Bundesverfassungsgericht den Kontrollorganen und damit
auch mir zugewiesen.
Die im Berichtszeitraum verübten Terroranschläge verdeutlichen in besonderer Weise, welche globalen Bedrohungen der freiheitlich demokratischen Grundordnung existieren, die nur durch eine intensive internationale
Zusammenarbeit abgewehrt werden können. Der umfängliche Austausch personenbezogener Daten ist ein Wesenselement dieser Kooperationen.
Die Tätigkeit der Nachrichtendienste muss aber - auch im Rahmen dieser Kooperation - verfassungskonform
erfolgen. Verfassungskonformität bedeutet auch, dass die Dienste im Sinne der verfassungsgerichtlichen Vorgaben effizient und wirksam kontrolliert werden müssen und der Gesetzgeber den zuständigen Kontrollorganen
die hierfür notwendigen Voraussetzungen gewähren bzw. diese schaffen muss (vgl. o. Nr. 1.3). Effiziente Sicherheitsgewährleistung und wirksame Datenschutzkontrolle sind zwei Seiten derselben Medaille.
10.2.10.1 Effiziente und verfassungskonforme Abwehr des Terrorismus unerlässlich
Der Gesetzgeber hat die Befugnisse des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) und des Bundesnachrichtendienstes (BND) im Bereich der internationalen Zusammenarbeit gestärkt und für die Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung des BND eine gesetzliche Rechtsgrundlage geschaffen. Ich teile die Intention des Gesetzgebers, sehe zugleich aber verfassungsrechtliche Risiken - auch im Hinblick auf die Beschränkung
meiner Kontrollkompetenz.
Im Jahr 2016 sind im Sicherheitsbereich mit dem Gesetz zum besseren Informationsaustausch bei der Bekämpfung des internationalen Terrorismus und dem Gesetz zur Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung des Bundesnachrichtendienstes weitere zentrale Gesetze in Kraft getreten.

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BfDI 26. Tätigkeitsbericht 2015-2016

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