Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

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Drucksache 18/6545

(vgl. Hornung, Kontrollgremiumgesetz, § 7, Rn. 9) auf der anderen Seite sowie ferner der Gesichtspunkt berücksichtigt, ob und inwieweit die betreffende Person in dem im Bericht erwähnten Zusammenhang bereits
anderweitig in der Öffentlichkeit namentlich Erwähnung gefunden hat.
Als besonders sensibles personenbezogenes Datum im Sinne des § 3 Abs. 9 des Bundesdatenschutzgesetzes
(BDSG) wurden hiernach Angaben zur gesundheitlichen Verfassung sowie die Nennung einer Person im Zusammenhang mit Straftaten und die Bezeichnung einer Person als Mitglied oder Sympathisant einer rechtsextremen Organisation allgemein sowie insbesondere als Kontaktperson oder Angehöriger des Umfeldes des NSU
gewertet.
Demgegenüber wurde als Gesichtspunkt, der die besondere Schutzbedürftigkeit der betreffenden personenbezogenen Daten aus den Feststellungen oder Bewertungen des Sachverständigen reduziert, berücksichtigt, wenn
die betreffende Information bereits öffentlich in namentlicher Verbindung mit der jeweiligen Person gestanden
hat. Darunter fällt insbesondere, wenn eine Person im Kontext der öffentlichen Berichterstattung über die Ermittlungsverfahren, die der Generalbundesanwalt (GBA) in Bezug auf den NSU und die ihm mutmaßlich zuzurechnenden Taten führt, öffentlich in einen personellen oder sachlichen Zusammenhang mit den mutmaßlichen
Mitgliedern des NSU beziehungsweise ihrer Taten oder ihrem Umfeld gebracht worden ist. Dies ist insbesondere der Fall bei den Angeklagten, Beschuldigten und allen Personen, die in öffentlicher Verhandlung des Oberlandesgerichts (OLG) München als Zeugen zu ihren Bezügen zum sogenannten „NSU-Trio“, seinem Umfeld
und den von ihm mutmaßlich begangenen Taten vernommen worden sind, sowie bei solchen Personen, die von
Zeugen namentlich als Personen aus dem Umfeld des „Trios“ benannt wurden.
Ebenfalls zu Lasten der Schutzbedürftigkeit privater Belange einer Person im Hinblick auf ihre personenbezogenen Daten war zu berücksichtigen, wenn die betreffende Person bereits im Abschlussbericht des 1. Untersuchungsausschusses der 17. Wahlperiode des Deutschen Bundestages erwähnt worden ist und im Rahmen der
Gewährung rechtlichen Gehörs gemäß § 32 des Gesetzes zur Regelung des Rechts der Untersuchungsausschüsse
des Deutschen Bundestages (PUAG) Gelegenheit hatte, Stellung zu nehmen zu Sachverhalten, deren Aufnahmefähigkeit in den Bericht nach § 7 Abs. 2 PKGrG zu prüfen war (vgl. dazu Bundestagsdrucksache 17/14600,
Seite 68 und 1043ff.).
Reduziert ist die Schutzbedürftigkeit privater Belange einer Person schließlich auch insoweit, wie diese sich
selbst medial mit dem betreffenden Sachverhalt in Verbindung gebracht hat.
Im Zuge des Abwägungsvorgangs wurden die derart gewichteten privaten Belange auf der einen und das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe auf der anderen Seite sodann in einen schonenden Ausgleich gebracht.
Im Ergebnis konnten danach insbesondere solche personenbezogenen Daten Eingang in den vorliegenden Bericht finden, die Personen betreffen, welche in dem NSU-Verfahren vor dem OLG München öffentlich hinsichtlich ihres mutmaßlichen Bezugs zum NSU, seinem Umfeld oder seinen Taten thematisiert worden sind. Des
Weiteren werden, soweit für eine nachvollziehbare Darstellung der Untersuchung und des Ergebnisses des Sachverständigen erforderlich, solche Personen namentlich in diesem Bericht erwähnt, die sich außerhalb von Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit Sachverhalten, die zum Untersuchungsauftrag des Sachverständigen
gehörten, öffentlich geäußert haben.
Schließlich wurden zur Wiedergabe besonderer personenbezogener Daten aus den medizinischen Befunden zur
Todesursache R***s im Bericht im Hinblick auf seinen postmortalen Persönlichkeitsschutz (Art. 2 Abs. 1
i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG) R***s nächste Angehörige kontaktiert.
Da sich die Angehörigen innerhalb einer angemessenen Frist nicht geäußert haben, wurde auch insoweit das
öffentliche Interesse an einer Bekanntgabe gegenüber den schutzwürdigen Belangen des verstorbenen R***
abgewogen. Dabei fand auf der einen Seite Berücksichtigung, dass es sich bei den medizinischen Befunden um
besonders sensible personenbezogene Daten gemäß § 3 Abs. 9 BDSG handelt. Auf der anderen Seite war zu
berücksichtigen, dass der Persönlichkeitsschutz des im April 2014 verstorbenen R*** post mortem nicht vollumfänglich fortwirkt. Vor allem aber besteht angesichts der medialen Mutmaßungen, R*** könne infolge von
Fremdeinwirkungen gestorben sein, ein sehr stark gesteigertes öffentliches Interesse an der Bekanntgabe der
Feststellungen und Bewertungen des Sachverständigen zu Verlauf und Ergebnissen der Untersuchungen der
Ermittlungsbehörden über Umstände und Ursache seines plötzlichen Todes. Im Ergebnis überwog danach das
im Hinblick auf den letztlich entkräfteten Verdacht, R*** könne durch Fremdverschulden gestorben sein, überragende Informationsinteresse der Öffentlichkeit insoweit gegenüber dem postmortalen Persönlichkeitsschutz
R***s.

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