Drucksache 18/6545
5.
– 26 –
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Schlussfolgerungen des Sachverständigen
Der Sachverständige kam in seinem Bericht im Wesentlichen zu folgenden Schlussfolgerungen:
1.
R*** hatte nur zu wenigen Personen engeren Kontakt, die man dem „NSU-Umfeld“ zurechnen kann. Ob
er von diesen über das „NSU-Trio“ und ihre Taten informiert worden ist, konnte der Sachverständige nicht
feststellen. Jedenfalls hat R*** nach Aktenlage dem BfV hierzu nie berichtet.
2.
Der Kontakt zwischen R*** und Mundlos war nach Überzeugung des Sachverständigen nur flüchtig und
nicht lange andauernd. Dies folgt laut Sachverständigem daraus, dass die 1995 von R*** übergebenen
Telefonnummern im Januar 1998, als die Telefonlisten von Mundlos gefunden wurden, bereits abgeschaltet waren, ohne dass Mundlos dies in seinen Telefonverzeichnissen geändert hatte. Dem Sachverständigen
zufolge lässt sich daraus schließen, dass Mundlos sie nicht oder nicht oft genutzt haben dürfte.
Hinzu kommt, dass es 1995 wohl noch keine Gruppe NSU unter diesem Namen gegeben hat. Der Kontakt
zwischen R*** und Mundlos Anfang 1995 belegt somit keine Kenntnis von R*** vom „NSU-Trio“ und
seinen Straftaten.
3.
Die Auswertung des Fanzine „Der Weisse Wolf“ Nr. 18 aus dem Jahr 2002, welches die inzwischen bekannte Editorial-Zeile „Dank an den „NSU“ der Kampf geht weiter“, enthielt, bewertet der Sachverständige, soweit sie erfolgt ist, als überwiegend sorgfältig. Allerdings findet sich in den Akten kein Hinweis
darauf, dass diese Editorial-Zeile von der Auswertung überhaupt wahrgenommen wurde.
Im Verfassungsschutzverbund lag zu diesem Zeitpunkt die Information vor, dass dem Herausgeber des
Fanzines ein Betrag von 2.500 Euro „gespendet“ worden und ihm nachfolgend ein Schreiben der „Spender“ zugegangen sei. Die Frage, was wohl geschehen wäre, wenn der Zusammenhang zwischen der
Spende an das Fanzine „Der Weisse Wolf“ und dem Dank hierfür an den „NSU“ in der Auswertung erkannt worden wäre, ist naturgemäß hypothetisch. Im BfV wäre 2002 bekannt geworden, dass eine bis
dahin unbekannte, sich „NSU“ nennende Gruppe über Geld verfügt und damit ein rechtsextremes Fanzine
unterstützt. Weitere Überprüfungen und Abfragen von Quellen wären möglich gewesen. Ob diese zu einem Erfolg geführt hätten, lässt sich nicht beantworten.
Nach den einschlägigen Regelungen war die Erfassung von Kürzeln für Organisationen, Gruppen etc., die
erstmalig auftauchen und zu denen keine Erkenntnisse vorliegen, als solche beim BfV damals nicht möglich.
Der Sachverständige empfiehlt dem BMI eine Überprüfung, inwieweit diese Praxis inzwischen geändert
worden ist. Abgesehen davon wäre es bei umfassender Bewertung auch möglich gewesen, das Kürzel
„NSU“ mit dem Vermerk aufzunehmen, dass diese Gruppe ein rechtsextremes Fanzine unterstützt hat.
Daraus hätten sich weitere Möglichkeiten zur Abklärung des „NSU“ ergeben.
4.
Besonders langwierig und arbeitsintensiv war die Untersuchung der Vorgänge um die sogenannte „NSUCD“ durch den Sachverständigen. Vier Exemplare dieser CD – mit geringen Abweichungen im Inhalt –
wurden von den Behörden gefunden und überprüft. Hinzu kommen Berichte in Internetforen.
Im Ergebnis ergab sich für den Sachverständigen kein Beweis, dass das „NSU-Trio“ oder sein Umfeld an
der Herstellung dieser CD beteiligt war. Das ist möglich und einiges spricht auch dafür. Möglich ist jedoch
auch die Herstellung im Umfeld der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei-Aufbauorganisation
(NSDAP-AO) und der Zeitschrift „NS-Kampfruf“, wobei es auch Hinweise auf mögliche Überschneidungen beider Gruppierungen gibt.
R*** hat mit großer Sicherheit die CD hergestellt, die er danach einem Bekannten nach Hamburg geschickt hat. Woher er die Vorlage dazu hatte – außer derjenigen Inhalte, die von ihm selbst stammen – ist
unbekannt geblieben. Nicht nachzuweisen ist aber, dass R*** auch die CDs aus Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen hergestellt und/oder dorthin geschickt hat.
R*** hat eine „NSU-CD“, von der er eine Kopie zog, mit eigenen Dateien anreicherte und nach Hamburg
schickte, ohne Anreicherungen auch an seinen V-Mann-Führer geschickt. Seine Erklärung, ihm selbst sei
diese CD anonym zugeschickt worden, klingt unglaubwürdig, war jedoch nicht zu widerlegen. Im Übrigen
war auch unglaubwürdig, dass der Hamburger Empfänger diese CD über Jahre unbeachtet liegen hatte
und sie erst beim Aufräumen wiederfand. Aber auch diese Einlassung lässt sich nicht widerlegen.
Die Behandlung der CD im BfV war im Bereich der Beschaffung, also auf Seiten des V-Mann-Führers
nicht zu beanstanden. Grob regelwidrig war jedoch die Auswertung der CD. Sie ist schlicht unterlassen
worden. Die CD lag monatelang im Panzerschrank einer Mitarbeiterin des BfV und wanderte danach,