Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
– 25 –
Drucksache 18/6545
Ebenfalls am 23.04.2015 meldete sich der GBA bei der Staatsanwaltschaft Paderborn und teilte mit, dass im
Rahmen eines beim GBA anhängigen Ermittlungsverfahrens die Sicherstellung beziehungsweise Beschlagnahme von Beweismaterial aus der Wohnung von R*** sowie eine weitere Durchsuchung der Räume durch
das BKA erwogen werde. Ein Beamter des BKA bei der Mordkommission Bielefeld erbat und erhielt das vorhandene Asservatenverzeichnis. Ihm wurde mitgeteilt, dass ein erst am 15.04.2014 in der Wohnung R***s
sichergestellter weiterer Laptop darin noch nicht enthalten sei. Als das BKA am 25.04.2014 telefonisch ankündigte, die asservierten Gegenstände einschließlich des noch nicht asservierten Laptops übernehmen zu wollen,
erfuhr es, dass der Datenbestand dieses Laptops zwar forensisch gesichert, die Festplatten des Laptops danach
jedoch auftragsgemäß gelöscht werden sollten. Der zuständige Staatsanwalt beim GBA widersprach dieser
Verfahrensweise umgehend, die bereits begonnene Löschung der Festplatten wurde gestoppt. Der Ermittlungsrichter beim Bundesgerichtshof erließ einen Beschluss zur Durchsuchung der Wohnräume von R*** sowie
seines Pkw. Bei der noch am selben Tag ab 18.35 Uhr erfolgten Durchsuchung stellte das BKA unter anderem
vier externe Festplatten, ein Netbook Acer und ein Mobiltelefon Nokia C2 in R***s Wohnung sicher. Auf einen
Sicherstellungsbeschluss des Ermittlungsrichters beim Bundesgerichtshof vom 29.04.2014 bezüglich einiger
Gegenstände, die bereits von der Staatsanwaltschaft Paderborn asserviert worden waren, wurden dem BKA am
30.04.2014 ferner ein Laptop Medion, ein Mobiltelefon Nokia Ashia 200, ein Mobiltelefon Sony Xperia und
zwei Tablets übergeben.
Rechtsmedizinische Untersuchungen zur Todesursache
Der vorläufige Obduktionsbericht zur am 08.04.2014 auf Anordnung der Staatsanwaltschaft Paderborn durchgeführten Obduktion des Instituts für Rechtsmedizin Münster enthielt keine Angaben zum möglichen Todeszeitpunkt R***s. Zur Todesursache hieß es darin lediglich: „Bei der Obduktion erhobene Befunde sind mit
einem sogenannten hyperglykämischen (diabetischen) Koma vereinbar; dies soll durch weitergehende Untersuchungen abgeklärt werden.“ Daraufhin am 16.04.2014 eingeleitete laborchemische Untersuchungen im Zentrum für Laboratoriumsmedizin der Universität Münster ergaben, dass von einer Hyperglykämie, die zu einem
tödlichen diabetischen Koma geführt hat, auszugehen sei.
Am 25.09.2014 wurde daraufhin eine gezielte toxikologische Untersuchung durchgeführt, bei der weder Arzneistoffe, illegale Betäubungsmittel oder deren Abbauprodukte noch andere Wirkstoffe nachgewiesen werden
konnten. Eine von der Staatsanwaltschaft Paderborn bei einem renommierten Facharzt erbetene abschließende
gutachterliche Stellungnahme konstatierte ebenfalls eine tödliche Hyperglykämie mit Laktatazidose. Typische
Symptome seien dabei zunächst vermehrter Durst, eine allgemeine Müdigkeit, Abgeschlagenheit und Leistungsschwäche, dann zunehmende Verwirrtheitszustände, Übelkeit und Brechreiz. Dazu passte, dass bei dem
Verstorbenen eine Schachtel eines Mittels gegen Brechreiz gefunden worden sei. Die Wasserflaschen, die neben dem Bett vor gefunden wurden, wiesen darauf hin, dass der Verstorbene viel Durst hatte. Es gebe keine
Substanz, die eine zum Tode führende Hyperglykämie auslösen könne. Demgemäß schloss die Staatsanwaltschaft Paderborn ein Fremdverschulden am Tod von R*** aus und stellte das Ermittlungsverfahren am
12.11.2014 nach § 170 Abs. 2 Strafprozessordnung ein.
Der Sachverständige hat sich in seinem Bericht diesem Ermittlungsergebnis angeschlossen. Vor dem Hintergrund der geschilderten Feststellungen kommt er zu dem Schluss, dass es keine vernünftigen Zweifel an einem
natürlichen Tod R***s gebe. Nach Lage der Dinge sei davon auszugehen, dass R*** am Morgen des 04.04.2014
an einer diabetischen Stoffwechselentgleisung verstarb. Die letzten Sucheinträge im Internet deuteten auf einen
verwirrten Zustand hin. Offensichtlich sei R*** in dieser Situation nicht mehr auf den naheliegenden Gedanken
gekommen, eines seiner Mobiltelefone dazu zu nutzen, eine Notrufnummer anzurufen. Dazu passe, dass R***
von 2010 bis zu seinem Tod keine ärztlichen Leistungen in Anspruch genommen habe.
Ungeachtet dessen weist das von der Staatsanwaltschaft Paderborn geführte Ermittlungsverfahren nach Ansicht
des Sachverständigen fragwürdige Aspekte auf. Sie änderten indes nichts an der Richtigkeit der Grundentscheidung, das Verfahren mangels Anhaltspunkten für ein Fremdverschulden einzustellen. Die anfängliche Absicht
der Behörden, den Toten unter den Personalien „Thomas D***“ beerdigen zu lassen, war nach Einschätzung
des Sachverständigen nicht gesetzeskonform, die Rückdatierung des Beerdigungsscheins rechtlich ebenso fragwürdig wie die von der Staatsanwaltschaft verfügte Löschung von Daten.