Drucksache 18/6545
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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Die beiden angeblichen Bekannten informierten sie vor Ort, dass sie Mitarbeiter des BfV seien und der Verstorbene eine unter Schutz des BfV stehende Person gewesen sei, welche eine neue Identität erhalten habe.
Der Sachverständige geht davon aus, dass sowohl die Leitungsebene des BfV als auch das Ministerium für
Inneres und Kommunales Nordrhein-Westfalen bereits am 07.04.2014 über das Ableben von R*** als eines
unter Schutz des BfV stehenden V-Mannes informiert worden sind, da es dazu in einer Entscheidungsvorlage
des BfV von diesem Tage heißt: „Über den Fall wurden seitens der Polizeibehörde Paderborn zwischenzeitlich
der Direktor des LKA Nordrhein-Westfalen sowie der Abteilungsleiter des LfV Nordrhein-Westfalen informiert.“
Am Abend des 07.04.2014 wurde entschieden, die zuständige Mordkommission beim Polizeipräsidium Bielefeld zu beauftragen, den Fundort der Leiche als möglichen Tatort aufzunehmen. Dabei wurde am 08.04.2014
unter anderem festgestellt, dass sich in der Decke des Schlafzimmers der Wohnung von R*** eine Luke zur
darüber liegenden Wohnung befindet. Auf Rückfrage hat der Vermieter erklärt, dass die Luke schon lange
verriegelt sei. Sichergestellt wurden unter anderem zwei Mobiltelefone und zwei Tablet-Computer. Die Wohnung wurde am 08.04.2014 um 15.45 Uhr wieder verschlossen und versiegelt. Die beiden Mobiltelefone sowie
die beiden Tablets wurden am 08.04.2014 zur Datensicherung an die Fachdienststelle übergeben, während ein
auf dem Wohnzimmertisch liegender Laptop aus unerfindlichen Gründen erst am 15.04.2014 sichergestellt
wurde. Ein Netbook Acer sowie vier externe Festplatten und ein Mobiltelefon Nokia C2 stellte erst das BKA
bei einer erneuten Durchsuchung am 25.04.2014 sicher.
Auf Antrag der Staatsanwaltschaft Paderborn beschloss das Amtsgericht Paderborn gemäß § 100g Straf-prozessordnung (StPO) eine auf den Zeitraum vom 29.03.2014, 0 Uhr bis 07.04.2014, 15.54 Uhr begrenzte Funkzellenauswertung durchzuführen. Parallel zur Tatortaufnahme wurde die von der Staatsanwaltschaft angeordnete Obduktion durchgeführt. Der zuständige Oberstaatsanwalt in Paderborn stellte für die Stadt Paderborn
einen Beerdigungsschein aus, mit dem die Beerdigung der Leiche unter den Personalien „Thomas D***“ genehmigt wurde.
Bei einer Besprechung am 09.04.2014 im Polizeipräsidium Bielefeld unter Leitung der Polizeipräsidentin, an
der die Abteilungsleiterin der Abteilung 2 des BfV und einer der beiden angeblichen Bekannten des „Thomas
D***“ als weiterer Mitarbeiter des BfV sowie der sachbearbeitende Oberstaatsanwalt in Paderborn und drei
Mitglieder der Mordkommission des Polizeipräsidiums Bielefeld teilgenommen haben, klärte das BfV über die
Ursprungspersonalien von R*** auf. R*** habe sich in einem Schutzprogramm des BfV befunden und sei mit
einer neuen Identität ausgestattet worden. Seine Eltern seien verstorben, es gebe zwar Geschwister, zu denen
der Kontakt allerdings völlig abgebrochen sei. Auf Wunsch der Abteilungsleiterin 2 des BfV wurde in der
Runde einvernehmlich entschieden, R*** unter dem Namen „Thomas D***“ beizusetzen. Alle Daten auf sichergestellten Festplatten, in den Mobiltelefonen und den Laptops R***s sollten auf Bitte des BfV gelöscht
werden, wobei auf Initiative der Staatsanwaltschaft vor ihrer Löschung eine vollständige Datensicherung erfolgen sollte und diese Daten bei den Ermittlungsbehörden verbleiben sollten. Alle in der Wohnung aufgefundenen
schriftlichen Unterlagen und Dokumente, soweit sie keinen Beweiswert hätten und nicht für die Bestattung
benötigt würden, sollten an das BfV ausgehändigt werden, was unmittelbar am Ende der Besprechung am
09.04.2014 auch geschah. Über die Absprache zur Beisetzung unter der neuen Identität schrieb die Leiterin der
Abteilung 2 des BfV am selben Tage in einer Vorlage an den Präsidenten des BfV: „Da keine Angehörigen
auffindbar sind, werden Vermögensgegenstände seitens der Kommune verwertet werden können. Der Verstorbene wird unter seinem aktuellen Namen beerdigt“. Gegenüber dem Innenausschuss des Deutschen Bundestages behauptete sie später tatsachenwidrig, R*** habe von Anfang an unter seiner ursprünglichen Identität beigesetzt werden sollen. Ebenfalls am 09.04.2014 unterrichtete der Präsident des BfV Dr. Maaßen das PKGr vom
Ableben des V-Manns Corelli.
Die Vereinbarung zwischen der Mordkommission und dem Ordnungsamt Paderborn vom 15.04.2014, R***
unter seiner legendierten Identität ordnungspolizeilich bestatten zu lassen, wurde wenige Stunden später von
der Staatsanwaltschaft Paderborn mit dem Argument revidiert, dass sich angesichts von Presseberichten zu
R***s Tod sowie von Telefonanrufen und Schreiben der erbberechtigten Brüder die geplante Bestattung von
R*** unter Umgehung ihrer Ansprüche als „Thomas D***“ nicht mehr aufrecht erhalten lasse.
Am 23.04.2014 wurde der vom Notarzt ausgestellte Totenschein bezüglich der Personalien durch die Polizei
umgeschrieben und eine neue Sterbefallanzeige ausgestellt. Der zuständige Oberstaatsanwalt stellte einen entsprechenden neuen Beerdigungsschein rückdatiert auf den 08.04.2014 aus. Der Beerdigungsschein auf den Namen „Thomas D***“ und bereits erstellte weitere Beerdigungsunterlagen unter den Tarnpersonalien wurden
durch den Leiter der Mordkommission vernichtet.