Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

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Drucksache 18/6545

Im Jahr 1993 war das mit R*** befreundete Bandmitglied – wie auch ein Bruder des Frontmannes der Band
„Gigi und die braunen Stadtmusikanten“ – unter den Gästen einer Konzertveranstaltung anlässlich des 19. Geburtstags von R*** in Detmold. Zu dem Bandmitglied hat R*** dem BfV seit 1994 immer wieder berichtet.
Zumeist ging es dabei um Herausgabe und Vertrieb von CDs der rechtsextremen Musikszene. Außerdem sollte
die betreffende Person etwa laut R*** andere darauf hingewiesen haben, dass es bei dem Computerspiel „Sudden Strike 2“ einen nicht protokollierbaren Chatbereich gebe.
André Kapke
Im aktenkundigen Berichtsaufkommen R***s fand Kapke kaum Erwähnung. Auf einer Liste mit Telefonnummern des „Braunen Hauses Halle“, die R*** 2006 seinem V-Mann-Führer übermittelt hatte, findet sich neben
„ACE Altenburg“ die Angabe „Kapke Jena“ samt Telefonnummer. Über ein Ehepaar aus Hamburg, das in
Kontakt mit ihm und Ralf Wohlleben stand, bestand zudem ein mittelbares Kennverhältnis R***s zu Kapke:
Eine Telefonnummer dieses Ehepaares befand sich auch auf dem in der letzten Wohnung R***s aufgefunden
Speichermedium.
Jan Werner
Werner war nach Aktenlage Teilnehmer an der Geburtstagsfeier R***s im Oktober 1993. Ein direktes Kennverhältnis zu R*** ist aber nicht aktenkundig. Berichte von R*** zu Werner finden sich in den vom Sachverständigen eingesehenen Akten des BfV nicht.
André Eminger und Ralf Wohlleben
Mittelbare Kennverhältnisse waren nach den Ermittlungen des BKA darüber hinaus zwischen R*** und Eminger sowie ihm und Wohlleben möglich. Alle drei hatten in wenigen Fällen identische Kontaktdaten von Dritten
auf Speichermedien gespeichert.
4.7 Strafbares Verhalten
Ein vollständiges Bild aller gegen R*** gelaufenen polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen
konnte der Sachverständige auch auf Basis der bei verschiedenen Staatsanwaltschaften beigezogenen Akten
nicht erlangen, weil ältere Ermittlungsakten ordnungsgemäß vernichtet worden sind. R*** soll bereits seit den
frühen 1990er Jahren an rechtsgerichteten Straftaten beteiligt gewesen sein, unter anderem an einem versuchten
Überfall auf ein Asylbewerberheim 1992 in Sachsen-Anhalt, ohne dass sich dazu noch Ermittlungsakten finden
ließen. Der Gesamteindruck des Sachverständigen ist, dass gegen R*** als Rechtsextremisten im Laufe der
Jahre vielfach ermittelt worden ist. Verfahren wegen Gewaltdelikten konnte er nur in den frühen Jahren seiner
Radikalisierung feststellen, danach häuften sich rechte Propaganda- und Staatsschutzdelikte. Die Verfahren
führten teils zu geringfügigen Geldstrafen, teils wurden sie aus Mangel an Beweisen eingestellt.
Zu Ermittlungen wegen eines gravierenden Staatsschutzdelikts kam es wegen Vorgängen aus dem Jahr 2012.
Noch kurz vor seinem Tod im Jahr 2014 wurde deshalb gegen R*** ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung nach § 129 Strafgesetzbuch (StGB)
eingeleitet. Auslöser dieses, wie auch weiterer Ermittlungsverfahren in der gleichen Sache gegen zahlreiche
andere Beschuldigte, waren Spenden von Mitgliedern und Unterstützern der rechtsextremen Internetplattform
„Thiazi-Forum“ auf das Konto eines lediglich als „Nigel“ bezeichneten Empfängers in Großbritannien in den
Jahren 2009 bis 2012. R*** hatte unter Verwendung seines Pseudonyms „geheimkult“ im Jahr 2012 eine Überweisung von 30 Euro auf das Konto dieses „Nigel“ vorgenommen und als Verwendungszweck „Spende 2013“
angegeben. Hinter „Nigel“ verbarg sich der ermittelnden Staatsanwaltschaft zufolge der „Organisator“ des
„Thiazi-Forum“, welcher als solcher zu dessen sogenannter „Belegschaft“ gehörte. Die „Belegschaft“ des „Forums“ wies nach Auffassung der Ermittler „ein Mindestmaß an fester Organisation“ auf. R*** wurde nach dem
Ergebnis der Ermittlungen im „Thiazi-Forum“ teils als aktiver „Unterstützer“, teils als „Mitglied“ geführt. Die
Ermittlungen gegen ihn wurden im Sommer 2014 aufgrund seines Todes eingestellt.
R***s Entwicklung zeigt nach Auffassung des Sachverständigen, dass rechtstreues Verhalten in rechtsextremen
und neonazistischen Kreisen auf Dauer nicht möglich ist. Obwohl von seinem V-Mann-Führer immer wieder
angehalten, keine Straftaten zu begehen, machte R*** sich des Öfteren strafbar. Sowohl in der rechtsradikalen
Musikszene als auch bei den sogenannten „Freien Kameradschaften“ und im Umfeld rechtsextremer Vereine
und Parteien gehört die Begehung von Straftaten zur politischen Identität. Eine Vielzahl der von R*** begangenen Straftaten musste sich nach Ansicht des Sachverständigen deshalb das BfV zurechnen lassen, denn sie

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