Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
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Drucksache 18/6545
„NSU“-Umfeld
Engeren Kontakt auch außerhalb der „Kameradschaftsszene Halle“ hatte R*** über die Jahre unter anderem zu
verschiedenen Rechtsextremen aus dem Raum Dortmund, Hamburg, Mecklenburg, Südwestdeutschland und
Sotterhausen in Sachsen-Anhalt unterhalten.
Um zu untersuchen, ob und ggf. inwiefern R*** Verbindungen zum sogenannten „NSU-Trio“ oder seinem –
nicht abschließend definierbaren Umfeld – hatte, hat der Sachverständige eine eigene Personenliste erstellt. Die
Liste umfasst 31 Personen, wozu das „NSU-Trio“ selbst, aber auch Personen zählen, die mutmaßlich eine Nähe
zum „NSU-Trio“ oder den ihm zugerechneten Straftaten aufwiesen oder das „NSU-Trio“ unterstützt hatten
sowie Überschneidungen zur Lebenswelt von R*** gehabt haben könnten. Anhand dieser Liste hat der Sachverständige die vorliegenden Unterlagen zu R*** auf mögliche Kontakte untersucht. Die Auswertung der umfangreichen Corelli-Sachakte sowie weiterer Dokumente zeigt, dass R*** zu einigen Personen, die im Rückblick dem „NSU-Umfeld“ zugerechnet werden können, berichtet hatte. Soweit aus den Akten ersichtlich, lagen
dem bei den meisten betroffenen Personen allerdings nur sporadische beziehungsweise indirekte Kontakte zugrunde. Die Meldungen R***s zu einigen Personen, die dem Umfeld des „NSU“ zugerechnet werden können,
sind nach Einschätzung des Sachverständigen insbesondere keine Belege für eine Mitwisserschaft R***s von
der Existenz des „NSU“ und den ihm zugeschriebenen Verbrechen.
Außer den bereits erwähnten Meldungen aus dem Frühjahr 1995 zu Mundlos hat R*** nach Aktenlage insbesondere intensiv zu Thomas Gerlach berichtet. Mit einem Mitglied der Band „Gigi und die braunen Stadtmusikanten“, die unter anderem das sogenannte „Döner-Killer-Lied“ herausgebracht hat, stand er über viele Jahre
in Kontakt. Sporadische Berichte lieferte er ferner zu Thorsten Heise und weiteren Personen, die zum näheren
„NSU-Umfeld“ gezählt werden.
Am 11.11.2011, dem Tag, an dem im BfV Akten zu Quellen der Operation Rennsteig vernichtet wurden, ist
R*** nach den Feststellungen des Sachverständigen erstmalig von seinem V-Mann-Führer zu seinem Kenntnisstand über den „NSU“ befragt worden. R*** gab an, mit Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe nie in Kontakt
gekommen zu sein. Diese Aussage wiederholte er wenige Tage später bei einer erneuten Befragung unter Vorlage von Lichtbildern zu den Mitgliedern des „NSU-Trios“. Auf Vorhalt von Namen zu Personen, die dem
„NSU-Umfeld“ zugerechnet werden, sagte er, die Namen „Mandy Struck“ und „Burghardt“ seien ihm zwar
nicht ganz unbekannt, er könne die Namen jedoch nicht visuell zuordnen oder mit einem Sachverhalt in Verbindung bringen. In Befragungen 2012 und 2013 durch das BKA führte er als mögliche Erklärung für die Eintragung auf der „Mundlos-Kontaktliste“ an, er habe in den 1990er Jahren einen Handel mit Musik-Demobändern betrieben. Von den Straftaten, die den Mitgliedern des „NSU“ vorgeworfen werden, habe er keinerlei
Kenntnis.
Thomas Gerlach
Über Gerlach berichtete R*** ab 2005. Gerlach sei unter dem Pseudonym „ACE_Altenburg“ auf der Internetplattform „Freies Forum“ aktiv gewesen. Ferner sei „ACE“ Mitglied der „Hammer-Skins“, aktiv im „Freundeskreis Halbe“ und bei „Rock gegen ZOG“. R*** lieferte diverse Forenbeiträge von Gerlach aus dem Forum
„Schweizer Hammerskins��� an das BfV. Laut einer Forumsübersicht fungierte als Moderator des besonders geschützten „Supporter Bereichs“ im deutschsprachigen Teil des „Hammerskin-Forums“ ein „ACE“, der als Gerlach aus Dresden ausgewiesen wurde.
R*** hat es bei einer Lichtbildvorlage im Zusammenhang mit der Übergabe einer größeren Menge der sogenannten Schulhof-CD, an der er mitgewirkt hatte, für möglich gehalten, dass die ihm angeblich unbekannte
Person, die dabei als Kurier fungiert habe, Gerlach gewesen sein könnte.
2006 berichtete R***, dass bei der „Kameradschaft Delitzsch“ jetzt anstelle von Gerlach eine andere Person in
der Führung aktiv sei. In von R*** im Februar 2006 geliefertem Fotomaterial zu einem Gautreffen des „Kampfbunds deutscher Sozialisten – Gau Rheinland“ findet sich auch ein Foto von Gerlach. Ferner berichtete R***
von einem Gespräch mit Gerlach bei einem Konzert der „Hammerskins Westmark“ in Rheinland-Pfalz, bei
dem es um ein geplantes „Hammerskin-Konzert“ in Sachsen gegangen sei. Im Sommer 2006 nahm R*** zusammen mit elf weiteren Personen – darunter Gerlach – an einem Kameradschaftsabend der „Freien Kräfte
Halle“ teil. Dabei teilte ihm Gerlach mit, dass er von einem gemeinsamen Bekannten aus der Schweiz eine EMail erhalten habe, in der er gefragt worden sei, ob er sich einen bewaffneten Kampf der nationalen Szene
vorstellen könne. Gerlach bekundete laut R***, dass er sich darauf keinen Reim machen könne, gleichwohl
aber beabsichtige, in die Schweiz zu fahren. Auf einer Liste mit Telefonnummern des „Braunen Hauses Halle