Drucksache 18/6545

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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Wie dargelegt, ist gesichert, dass R*** seinem V-Mann-Führer im Sommer 2005 eine CD übergeben hat, die
unter anderem die beiden relevanten Dateien „info.htm“ und „einlage.jpg“ enthält. Da er angab, dass ihm diese
CD anonym zugeschickt worden sei, ist ihre Herkunft nicht nachvollziehbar.
R*** kopierte die Inhalte dieser CD und erstellte für seinen Bekannten, die Quelle des LfV Hamburg, daraus
eine CD, die um einige Dateien angereichert ist. Dies darf mit Blick auf die Hashwertidentitäten und die dezidierte Aussage der Hamburger Quelle als sicher gelten. Nach dem vom BKA festgestellten Zeitstempel wurden
die Inhalte dieser CD aus Hamburg am 27.07.2006 zusammengestellt. Damit R*** im Sommer 2006 eine solche
CD für die Quelle des LfV Hamburg überhaupt zusammenstellen konnte, muss er noch im Besitz der ursprünglichen Daten gewesen sein.
Die beiden fraglichen Dateien „info.htm“ und „einlage.jpg“ weisen außerdem auf der im BfV gefundenen CD
dieselben Zeitstempel aus dem Jahr 2003 auf wie auf den in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen gefundenen CDs. Auf der in Hamburg gefundenen CD weichen sie allerdings um eine Stunde ab. Auch das spricht
dafür, dass R*** die Daten auf der im Jahr 2005 dem BfV übergebenen CD für die Hamburger CD weiterverarbeitet hat. Ferner ist zu beachten, dass lediglich die „NSU-CD“ aus Hamburg für die fraglichen Dateien einen
Ordner „nscd“ aufweist, alle anderen aufgefundenen CDs aber nicht. Dort sind die fraglichen Dateien
„info.htm“ und „einlage.jpg“ auf der obersten Verzeichnisebene „root“ zu finden. Es spricht daher viel dafür,
dass auch die Bezeichnung dieses Ordners mit „nscd“ von R*** stammt. In gewisser Weise ist eine Parallele
zur Bezeichnung „txtecd“ für die andere CD-Kopiervorlage zu beobachten, mit der R*** die CD für seinen
Bekannten aus Hamburg ebenfalls „ausgestattet“ hat.
Es sind dagegen keine Belege festzustellen gewesen, die den Schluss zulassen, dass R*** am Vertrieb oder der
Herstellung der beiden in Mecklenburg-Vorpommern und in Sachsen gefundenen „NSU-CDs“ beteiligt gewesen ist, auch wenn er direkte und indirekte Kontakte in beide Bundesländer hatte.
4.6 Verbindungen zum „NSU-Umfeld“
Gut vernetzt in der rechtsextremen Szene
Allgemein hat die Prüfung der Akten des BfV durch den Sachverständigen ergeben, dass R*** während seiner
V-Mann-Tätigkeit und deren Unterbrechung von 2003 bis 2005 nicht nur regional begrenzt in der Kameradschaftsszene von Sachsen-Anhalt aktiv, sondern als „Szenefotograf“ bei überregionalen Musik- und Demonstrationsveranstaltungen sowie über seine zahlreichen Internetaktivitäten in der rechtsextremen Szene überdies
bundesweit gut und sogar international vernetzt gewesen war. Als V-Mann beschaffte R*** etwa Anfang 2003
dem BfV englisch- und deutschsprachige Ausgaben des englischen Fanzines „THE STORMER“, das von der
besonders radikalen Gruppierung „Combat 18“ herausgegeben und teils als Vorlage für die dem „NSU“ zugerechneten Verbrechen angesehen wird.
Nach Aktenlage soll R*** kurz nach seiner Reaktivierung als V-Person ferner zusammen mit weiteren Personen
eine herausgehobene Rolle als Entscheidungsträger der „Kameradschaft Halle“ gespielt haben. 2008 soll er
Teilnehmer eines Koordinierungstreffens der „Freien Kräfte“ in Sachsen-Anhalt gewesen sein, bei dem eine
strikte Abgrenzung zur Nationaldemokratischen Partei Deutschlands/Junge Nationaldemokraten (NPD/JN)
vereinbart worden sein soll.
Über den gesamten Zeitraum seiner Tätigkeit als V-Mann sind Teilnahmen R***s an Demonstrationen und
Konzertveranstaltungen in der gesamten Bundesrepublik belegt, aber auch im europäischen Ausland. So soll
R*** 2001 zusammen mit Hamburger Rechtsextremisten an einem „Ian-Stuart-Gedächtnis-Konzert“ in London
teilgenommen haben. Von Beginn seiner Tätigkeit als V-Mann an gab es überdies Hinweise darauf, dass R***
aus Anlass seines Geburtstags auch als Veranstalter von Musikkonzerten fungierte. Im Jahr 2003 haben etwa
100 Rechtsextremisten an einer Geburtstagsfeier von R*** in Sotterhausen teilgenommen. Später sollen rund
250 Personen an einem anlässlich des Geburtstags von R*** zusammen mit einem befreundeten Rechtsextremen aus Südwestdeutschland veranstalteten Konzert rechtsextremer Bands in Rheinland-Pfalz teilgenommen
haben. Auch im Jahr 2004 soll R*** geplant haben, seinen Geburtstag im großen Stil in einer Szenekneipe im
Raum Heilbronn mit mehreren rechtsextremen Musikgruppen zu feiern. Auch weitere Geburtstage soll R***
zum Anlass genommen haben, größere Konzertveranstaltungen in anderen Regionen zu veranstalten.

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