Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

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Drucksache 18/6545

Zuständigkeit für die Auswertung der CD in Frage kamen. Da eine Übergabe unter anderem aufgrund von
Überlastung ausblieb, leitete der V-Mann-Führer die CD an eine andere Projekteinheit weiter, die zwar für die
Nutzung von Kommunikationsmitteln durch Rechtsextremisten zuständig war, allerdings nicht unmittelbar für
die Auswertung solcher CDs. Er versah den Umschlag der CD, die CD selbst sowie das zugehörige Anschreiben
an die Projekteinheit mit dem Hinweis, dass es sich um eine CD mit NS-Symbolen und NS-Bildern handele,
die zur Verbreitung in der rechtsextremen Szene bestimmt seien. Diese Information musste der V-Mann-Führer
aus einer Vorauswertung der CD gewonnen haben. Ein Hinweis auf den Begriff „NSU“ fand sich auf der Beschriftung und im Anschreiben zur CD allerdings nicht.
Nach interner Aufgabenzuweisung innerhalb der Projekteinheit erhielt schließlich der zuständige Auswerter
den Vorgang in digitaler Form am 05.09.2005. Zwischen dem 08.09.2005 und dem 13.12.2005 öffneten der
Auswerter und seine Stellvertreterin den Vorgang mehrmals im digitalen Aktenverwaltungssystem des BfV.
Der Auswerter verfügte schließlich die Zuordnung des Vorgangs zu einer bestimmten Akte und schloss damit
den Vorgang ab. Gegenüber dem Sachverständigen gab der Auswerter im Jahr 2015 an, dass er die OriginalCD, die im Panzerschrank einer Kollegin aufbewahrt worden war, allerdings nie eingesehen habe. Er sei seinerzeit vorwiegend mit der Auswertung von rechtsextremen Internetseiten mit strafbaren Inhalten befasst und
damit derart ausgelastet gewesen, dass er sich nicht mit dieser – strenggenommen – fachfremden CD habe
beschäftigen können.
Diese von R*** selbst im Sommer 2005 an das BfV übergebene CD wurde trotz zwischenzeitlicher Nachforschungen erst im September/Oktober 2014 beim BfV wiedergefunden, als das BKA im Zuge des „NSU-Strukturermittlungsverfahrens“ die „Corelli-Akten“ im BfV sichtete. Nach Ansicht des Sachverständigen war die
Auswertung der CD im BfV völlig unzureichend.
Zum Inhalt der CDs
Jede der vier CDs – in Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und beim BfV gefunden – enthält einen
Fundus von mehreren tausend vorwiegend Bild- und Textdateien. Die CDs sind in großen Teilen identisch,
weisen aber auch Unterschiede auf.
Die in Hamburg im Februar 2014 entdeckte CD wurde nach Analysen des BKA am 27.07.2006 um 16.28 Uhr
erstellt, was nicht zwangsläufig bedeuten muss, dass sie zu diesem Zeitpunkt auch physisch gebrannt wurde.
Sie beinhaltet auf der obersten Verzeichnisebene mehrere Verzeichnisse: Im Verzeichnis „DARKBLUE“ findet
sich eine Videodatei mit dem gleichnamigen Spielfilm. Im Verzeichnis „nscd“ sind unter anderem die beiden
Dateien „info.htm“ und „einlage.jpg“ gespeichert, die die Begriffe „NSU“ beziehungsweise „Nationalsozialistischer Untergrund“ enthalten. Sie wurden am 16.10.2003 um 3.44 Uhr beziehungsweise um 3.47 Uhr erstellt.
Im Verzeichnis „txtecd“ sind ca. 4.500 Dateien mit Texten, Graphiken und anderen Vorlagen mit rechtsextremem Inhalt zu finden. Diese sollten nach einer dort befindlichen Datei „hinweise.txt“ als Vorlage zur Erstellung
einer zu verbreitenden CD mit dem Namen „CD-ROM88“ verwendet werden. Diese CD-Vorlage ist dem BfV
bereits aus den 1990er Jahren bekannt. Aus dieser Zeit stammten auch die entsprechenden Dateien. Verantwortlich für die im Verzeichnis „txtecd“ enthaltenen Dateien zeichnet ein „Informationsbüro 88“. Außerdem
finden sich auf der obersten Verzeichnisebene mehrere Dateien (Halbe 2006 v1.mpg, Halbe 2006 v2.mpg, Halberstadt 2006.mpg, Hoyerswerda 2006.mpg, Schönebeck 2006.mpg) mit Videos von rechtsextremen Demonstrationen, die das digitale Wasserzeichen „©oikrach.com“ enthalten und auch auf einer von R*** betriebenen
Internetseite namens „oikrach.com“ verfügbar waren. Daneben findet sich auf dieser Verzeichnisebene das
Computerspiel „Panzergeneral Full Version“, das damals in der rechtsextremen Szene verbreitet war. Darüber
hinaus finden sich auf der CD aus Hamburg 45 sogenannte Thumbnail-Dateien, die das Windows-Betriebssystem immer dann anlegt, wenn der Explorer in den Modus „Miniaturansicht“ versetzt wird. Die Datums- und
Zeitangaben der Dateien auf der in Hamburg gefundenen CD weisen jeweils exakt eine Stunde Zeitverschiebung im Vergleich zu den inhaltsgleichen Dateien der anderen drei CDs auf, was an der Sommer-/WinterzeitEinstellung des bei der Erstellung verwendeten Computers liegen könnte.
Die im April 2014 in Mecklenburg-Vorpommern gefundene CD wurde am 07.07.2005 erstellt. Auf dieser CD
finden sich die eingangs beschriebenen Dateien „info.htm“ und „einlage.jpg“ auf der obersten Verzeichnisebene. Sie wurden am 16.10.2003 um 2.44 Uhr beziehungsweise um 2.47 Uhr erstellt. Insgesamt ist der Inhalt
dieser CD mit dem des Verzeichnisses „nscd“ der CD aus Hamburg bis auf die 45 sogenannten ThumbnailDateien identisch. Im Übrigen sind die Datums- und Zeitangaben der Dateien auf der CD aus MecklenburgVorpommern mit denen der CDs aus Sachsen und beim BfV identisch.

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