Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

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Drucksache 18/6545

Weise – von Charles Bukowski. Im Text heißt es dann, die CD sei das Ergebnis einer mühevollen Arbeit, die
ganzen Dateien (es sind tatsächlich rund 15.000 Dateien) zusammen zu tragen. Sie solle vervielfältigt und verbreitet werden.
Die unzutreffende Zuordnung des Zitats und die etwas unzutreffende Übersetzung könnten daher rühren, dass
bei der Erstellung der Datei „info.htm“, insbesondere des falschen Goebbels-Zitats, der NS-Kampfruf Nr. 98
der Nationalsozialistischen Deutsche Arbeiterpartei-Aufbauorganisation (NSDAP/AO) vom Mai/Juni 1991
verwendet worden sein könnte. In dem in diesem Heft unter dem Pseudonym Hans Westmar veröffentlichten
Beitrag „Eine Bewegung in Waffen“ findet sich das Zitat ebenfalls in dieser Übersetzung. Dieser Text war auch
Gegenstand der Diskussionen um mögliche Blaupausen für die Vorgehensweise des „NSU-Trios“. Zwar erfolgte dort richtigerweise eine Zuordnung zu Bukowski, allerdings war dieses Zitat im laufenden Text eingebunden, während sich in der Einleitung des Textes mehrere Zitate von Goebbels fanden, die deutlich hervorgehoben waren. Eine Verwechselung der Zuordnung des fraglichen Zitats, das in den Fließtext des Beitrags von
Westmar integriert ist, ist dem Sachverständigen zufolge daher naheliegend. Der NS-Kampfruf Nr. 98 von 1991
war zum wahrscheinlichen Zeitpunkt der Erstellung der Datei „info.htm“ schon mehrere Jahre alt. In der Garage
in Jena, die dem „NSU-Trio“ zuzuordnen ist, wurden im Januar 1998 auch ein NS-Kampfruf Nr. 102 von 1993
und ein NS-Kampfruf Flugblatt von 1996 gefunden. R*** hat nachweislich den Kampfruf Nr. 107 von 1994
aus den USA bezogen.
Die „NSU-CD“ aus Hamburg
Im Februar 2014 entdeckte eine Quelle des LfV Hamburg – nach eigenen Angaben gegenüber dem GBA –
beim Aufräumen eine CD und stellte fest, dass sie Dateien mit Hinweisen auf einen „NSU“ enthält. Anschließend übergab die Quelle die CD dem Hamburger Verfassungsschutz. Die Quelle gab gegenüber dem GBA
weiter an, sie habe die CD ungefähr im Jahr 2006 von R*** erhalten, den sie seit längerer Zeit kenne und mit
dem sie über das Internet und bei Veranstaltungen Kontakt habe. Da der Kontakt zwischen der Quelle und R***
belegbar ist, ist diese Aussage der Quelle nach Ansicht des Sachverständigen plausibel.
Das LfV Hamburg nahm, unmittelbar nachdem es die CD am 24.02.2014 erhalten und geprüft hatte, Kontakt
mit dem GBA auf und übersandte ihm die Original-CD. Am 10.03.2014 übersandte das LfV Hamburg mit
einem Schreiben eine Kopie der CD an das BfV, wobei in diesem Schreiben nicht erwähnt wurde, dass die CD
von R*** an die Quelle übergeben worden war. Das Schreiben enthielt lediglich den Hinweis, dass in einem
konkret bezeichneten Internet-Blog bereits eine mögliche Beteiligung von R*** an der Produktion der CD
thematisiert wird. Am 13.03.2014 hatte das BKA parallel eine Kopie der „NSU-CD“ aus Hamburg an das BfV
übersandt. Erst am 04.04.2014 wurde dem BfV mitgeteilt, dass die CD von R*** an die Hamburger Quelle
übergeben worden war. Das BfV wollte R*** sodann dazu befragen. Bis zum 07.04.2014, dem Tag, an dem
R*** tot aufgefunden wurde, wurde darüber weder der – nicht mehr zuständige – V-Mann-Führer noch das
Betreuungsteam, das für den in einer Schutzmaßnahme lebenden R*** zuständig war, informiert.
Im BfV wurde die CD vom langjährigen V-Mann-Führer R***s ausgewertet. Er kam unter anderem zu dem
Ergebnis, dass eine Beteiligung R***s nicht erkennbar sei. Die von dessen Internetseiten stammenden Videos
seien frei verfügbar und verbreitet. Die Videos stammten aus dem Jahr 2006, während zahlreiche andere Dateien aus dem Ordner „txtecd“ dem BfV bereits aus den 1990er Jahre bekannt seien. Auch die zuständige Auswerterin sichtete die „NSU-CD“ aus Hamburg. Sie kam unter anderem zu dem Ergebnis, dass der Begriff
„NSU“ lediglich in den Dateien „info.htm“ und „einlage.jpg“ zu finden sei. Andere Dateien seien dem BfV seit
den 1990er Jahren bekannt. Ob dem BfV eine solche CD bereits zuvor vorgelegen hat, sei nicht feststellbar.
Ergänzend führte sie aus: „Für einen möglichen Bezug zum „NSU-Komplex“ spricht der Umstand, dass eine
Bezeichnung „NSU“ vormals nicht bekannt oder geläufig war.“ Später schränkte sie ein: „Bemerkenswert ist
allerdings, dass die übermittelte CD keine für das „NSU-Trio“ typischen Bezüge zu „Paulchen Panther“ oder
negative Dateien zu türkischen Migranten enthält. Zum Zeitpunkt der letzten dokumentierten Änderung der
„NSU-Dateien“ (16.10.2003) gab es bereits die ersten Morde und die Grüße im „Weißen Wolf“ an den „NSU“.
Dort allerdings ohne Zusatz „NSDAP“, was wiederum gegen eine Identität der zeichnenden „NSU/NSDAP“
mit dem Trio spräche.“
Aufgrund der Einschätzung der CD-Auswerterin beabsichtigte die Abteilung 2 des BfV ein klärendes Gespräch
mit beziehungsweise eine Befragung von R*** zu dieser Thematik. Hierzu kam es wegen des zwischen dem
04.04. und dem 07.04.2014 eingetretenen Tods von R*** nicht mehr.

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